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Familienforschung in Deutschland Ahnenforschung: Ein Experte gibt Tipps für Neueinsteiger

Ein Hobby-Geneaologe erklärt, welche Erkenntnisse sich über die Ahnen gewinnen lassen, woher die Faszination für die Familienforschung kommt und welche Fehler Neueinsteiger vermeiden sollten.

Von Helene Kilb 09.09.2025, 16:23
Was lange als altmodische Beschäftigung galt, wird heute zunehmend gesellschaftstauglich: Ahnenforschung.
Was lange als altmodische Beschäftigung galt, wird heute zunehmend gesellschaftstauglich: Ahnenforschung. Foto: DPA

Noch heute erinnert sich Christof Lehmann gut daran, was seine Begeisterung für die Ahnenforschung ausgelöst hat: „Mit achtzehn Jahren habe ich bei einer Gastfamilie in England ein Buch über Auswanderer nach Australien entdeckt“, sagt Lehmann.

„Das englische Paar, bei dem ich gewohnt habe, hat seine Wurzeln bis zu den Urgroßeltern verfolgt und herausgefunden, wer alles Teil der Familie war. Das fand ich so spannend, dass ich das selbst angefangen habe.“

Der England-Besuch liegt mittlerweile mehr als vierzig Jahre zurück – eine Zeit, in der Lehmann sich intensiv mit seinen Vorfahren beschäftigt hat. Jetzt ist er der stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung (AMF). Ein Verein, der Neugierige auf dem gesamten Gebiet der ehemaligen DDR bei der Hobby-Genealogie unterstützt.

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Zwar lässt sich statistisch kein wirklicher Trend ableiten: „Unsere Mitgliederzahlen sinken seit Jahren langsam, aber kontinuierlich“, sagt Lehmann.

An anderer Stelle lässt sich jedoch punktuell festmachen, dass das Thema immer mehr Aufmerksamkeit erhält: So berichteten etwa die Stadtarchive Weißenfels und Magdeburg von einer steigenden Zahl an Anfragen.

„Und es kann gut sein, dass viele Menschen einfach alleine forschen“, sagt Lehmann. Denn viele Dokumente, die früher mühsam angefordert werden mussten, lassen sich mittlerweile online einsehen. 

Warum Menschen sich auf die Spuren ihrer Vorfahren begeben, hat ganz unterschiedliche und oft individuelle Gründe: „Ich glaube, dass dem Menschen das Interesse an den eigenen Wurzeln angeboren ist“, sagt Lehmann.

„Das zeigt sich besonders bei Adoptivkindern, die bei ihren nicht-leiblichen Eltern aufwachsen und irgendwann das Bedürfnis haben, nach ihren leiblichen Eltern zu suchen. Aber auch wer bei seinen leiblichen Eltern aufwächst, will meistens irgendwann wissen, wo genau er eigentlich herkommt.“

Das kann ganz unterschiedliche Bereiche betreffen, zum Beispiel das eigene Aussehen, Talente oder Charakterzüge, die bereits in vorangegangenen Generationen ersichtlich waren. „Letztlich betreibt man aber irgendwann nicht mehr Familienforschung im engeren Sinne“, sagt Lehmann, „sondern im Grunde lokale Geschichtsforschung.“

Dabei zeigt sich schnell, wie tief jemand in die Materie einsteigen will: „Während meiner Laufbahn habe ich festgestellt: Entweder reicht einem nach einer kurzen Recherche die ungefähre Vorstellung davon, wo man herkommt. Oder das Ganze packt einen so sehr, dass man immer weiter forscht“, meint Lehmann.

Ahnenforschung in Deutschland: Wo fängt man mit der Suche an?

Wer mit der Ahnenforschung beginnen will, sollte zunächst in der eigenen Familie nach Informationen fragen. Dabei ist es von Vorteil, wie Christof Lehmann schon als junger Erwachsener zu forschen: „Ich hatte das Glück, dass es in unserer Familie noch ältere Personen gab, die ich fragen konnte“, sagt Lehmann.

„Angefangen habe ich bei der Schwester meines Großvaters. Sie hatte Spaß daran, mir davon zu erzählen, wie das Leben in alten Zeiten so war. Und dann gab es in unserer Familie zum Teil noch diese Ahnenpässe aus der Nazizeit, wo man ja zwangsweise verpflichtet wurde, seine Herkunft nachzuweisen.“ Oft existieren zudem alte Fotos.

Anhand einiger Eckdaten lässt sich bei Standesämtern Genaueres erfahren: „Wenn man weiß, wo der Vorfahre gelebt hat, kann man die betreffenden Archive aufsuchen“, sagt Lehmann. Dort haben Hobbyforscher Einsicht in sogenannte Personenstandsbücher, in denen Geburten, Heiraten und Todesfälle vermerkt sind. Solche Personenstandsbücher sind die Vorläufer der 2009 eingeführten elektronischen Register.

Geht man noch weiter in die Vergangenheit, gelangt man in die Zeit der Kirchenbücher. Die ältesten bekannten Kirchenbücher entstanden im 16. Jahrhundert. Sie verraten zum Beispiel, wie viele Kinder jemand geboren hat, welche Berufe die Menschen ausübten und was ihre Todesursache war. So ermöglichen sie es, Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen im Nachhinein zu rekonstruieren.

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Kirchenbücher waren bis 1876 relevant, danach veranlasste ein neues Gesetz, dass Standesamtsregister eingeführt wurden. Inzwischen sind viele Kirchenbücher online einsehbar: Für evangelische Kirchenbücher gibt es das kostenpflichtige Portal „Archion“, für katholische Kirchenbücher die kostenfreie Seite „Matricula“.

Ahnenforschung online: Kostenlos und seriös?

Aber wie steht es um andere Internet-Datenbanken wie Ahnenforschung.net, FamilySearch oder GEDBAS, die schnelle Erfolge versprechen? „Digitale Angebote vereinfachen die Suche“, sagt Lehmann. „Allerdings sollte man sich nicht zu sehr darauf verlassen. Denn die Angaben, die man dort findet, muss man immer verifizieren.“

Als Beispiel nennt er das Programm „Geni“, das an einem Welt-Familien-Stammbaum arbeitet. „Ich nehme aber an, dass dabei oft Menschen mit identischem Namen zu einer Person „verschmelzen“, sodass plötzlich verwandtschaftliche Zusammenhänge entstehen, die nie existiert haben“, sagt Lehmann. Insofern eignen sie sich nur bedingt für die Forschung.

Was sich als hilfreich erweisen kann, ist die Vernetzung mit anderen Forschenden. Das funktioniert etwa über spezielle Foren oder über regionale Vereine wie der Arbeitsgemeinschaft für mitteldeutsche Familienforschung, der Lehmann angehört: „Unser Verein beschäftigt sich mit der Familienforschung auf dem Gebiet der gesamten Ex-DDR“, sagt Lehmann.

„Die Vereinsmitglieder können durchaus Auskünfte und Tipps geben. Und wir bei der AMF haben ein Archiv, in dem Ergebnisse unserer Mitglieder gesammelt und zum Teil digital einsehbar sind.“

Für Lehmann war die Suche nach den eigenen Wurzeln auf jeden Fall ein Gewinn: „Ich fand es spannend, die Hochs und Tiefs meiner Vorfahren zu sehen. Sie haben viele wirtschaftliche Auf- und Abstiege gemeistert. Der größte Effekt war für mich aber: Durch die Familienforschung habe ich die Probleme kennengelernt, mit denen meine Vorfahren zu kämpfen hatten – und im Vergleich dazu erscheinen mir meine eigenen Schwierigkeiten heutzutage gering, sodass ich viel gelassener mit ihnen umgehen kann.“

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