Karriere und Familie Familienfreundlicher Job gesucht? Woran Bewerber die echten Signale erkennen
Viele Firmen werben mit „Work-Life-Balance“ – doch nicht immer steckt dahinter, was Eltern wirklich brauchen. Eine Karriereexpertin erklärt, welche Hinweise in Stellenanzeigen zählen, welche Fragen im Bewerbungsgespräch weiterhelfen und wo man versteckte Infos über Arbeitgeber findet.

Magdeburg/Halle (Saale) - Arbeitszeiten und Kinderbetreuung sind für berufstätige Eltern nicht immer einfach zu vereinbaren. Ein familienfreundlicher Arbeitgeber kann da viel wert sein. Aber wie findet man so einen Arbeitsplatz? Und worauf sollte man achten?
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Eigene Bedürfnisse klären: Was ist mir wirklich wichtig?
Der Karriereberaterin Tanja Jakob zufolge ist der wichtigste Schritt, die eigenen Bedürfnisse zu kennen. So müssen Bewerberinnen und Bewerber überlegen: Brauche ich flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Teilzeit oder klare Elternzeitregelungen? „Wer weiß, was er sucht, erkennt schneller, ob eine Stelle passt“, so die Coachin, die sich auf die Beratung von Frauen und Müttern fokussiert.
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Stellenanzeigen lesen: Konkrete Angaben statt leerer Floskeln
Wer Stellenanzeigen durchforstet, liest häufig große Versprechen seitens der Unternehmen. Positiv seien konkrete Angaben wie „Teilzeit ab 20h“ oder „mobiles Arbeiten bis zu 3 Tage/Woche“, so Jakob.
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Negativ würden dagegen Floskeln wie „Work-Life-Balance“ wirken, ohne dass Modelle benannt werden, oder übermäßige Betonung von „Flexibilität“ und „Einsatzbereitschaft“, so die Beraterin, die regelmäßig zum Thema Beruf und Familie bloggt.
Bewerbungsgespräch: Mit diesen Fragen testen Bewerber die Familienfreundlichkeit
Erste Hinweise auf Familienfreundlichkeit kann es also bereits in einem Jobinserat geben - „entscheidend ist aber die Praxis“, sagt Jakob. Anzeigen seien oft Marketing, daher lohne sich der Blick hinter die Kulissen.
Meetingregeln und Arbeitszeitmodelle als Gradmesser
Wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen ist, sollte offen und interessiert - aber nicht fordernd - nachfragen, empfiehlt die Karriereberaterin.
Als Fragen bieten sich etwa an:
- Wie sieht bei Ihnen eine typische Arbeitswoche aus?
- Welche Möglichkeiten gibt es, Arbeitszeit flexibel zu gestalten?
- Welche Erfahrungen haben Sie bereits mit Teilzeitführungskräften oder hybriden Modellen gemacht?
- Wie sehen die Meetingregeln aus?
Die Frage nach Meetingregeln, insbesondere nach späten Meetings, zeigt Tanja Jakob zufolge, ob das Unternehmen die Work-Life-Balance seiner Mitarbeiter ernst nimmt - und tatsächlich bemüht ist, unnötige Belastungen außerhalb der regulären Arbeitszeiten zu vermeiden.
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Mehr als nur Jobportale: So hilft das persönliche Netzwerk
Es lohnt sich, weitere Quellen zur Recherche zu nutzen, um Arbeitgeber zu finden, die zur eigenen familiären Situation passen. Infrage kommen zum Beispiel Bewertungsportale wie „Kununu“ oder „Glassdoor“. Jakob verweist zudem auf die Karriereseite und Social-Media-Auftritte von Unternehmen und empfiehlt nicht zuletzt den Austausch im persönlichen Netzwerk, etwa mit anderen Eltern.
Unternehmen in Deutschland werben einer Analyse der Bertelsmann Stiftung zufolge in Stellenanzeigen zu wenig mit Familienfreundlichkeit. Zwar sagten 86 Prozent der Unternehmen, dass sie auf familienfreundliche Maßnahmen Wert legen.
Im Jahr 2024 aber versprachen in acht Millionen geschalteten Anzeigen nur 16,4 Prozent familienfreundliche Jobangebote, wie die Stiftung in Gütersloh mitteilte.