Leistungen falsch berechnet? Bürgergeld: Rückzahlung nur bei grober Fahrlässigkeit nötig
Ein Behördenfehler bei der Berechnung von Sozialleistungen darf nicht prinzipiell zulasten der Empfänger gehen. Erhalten diese zu viel, müssen sie nur unter bestimmten Bedingungen Teile zurückzahlen.

Potsdam/Berlin - Wer ist dafür verantwortlich, Sozialleistungen korrekt zu berechnen? In allererster Linie die zuständige Behörde. Tut sie das nicht und erhalten Sozialhilfeempfänger deswegen zu viel Geld, kann ihnen das später nicht zum Nachteil ausgelegt werden. Das zu viel erhaltene Geld muss nicht zurückgezahlt werden, wenn Empfängerinnen und Empfänger den Fehler nicht grob fahrlässig übersehen haben. Das zeigt eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Az. L 3 AS 772/23), auf das das Rechtsportal „anwaltauskunft.de“ hinweist.
In dem konkreten Fall hatte eine dreiköpfige Familie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (das heutige Bürgergeld) bezogen. Als der Ehemann eine Arbeit mit einem vertraglich zugesicherten monatlichen Nettogehalt von 1.600 Euro annahm, übermittelte der Mann dem Jobcenter ordnungsgemäß den Arbeitsvertrag. Daraufhin kürzte die Behörde zwar die Sozialleistungen, berechnete die neuen Leistungen aber fälschlicherweise anhand eines Brutto-Lohns von 1.600 Euro beziehungsweise 1276,40 Euro netto, weshalb die Leistungen nicht ausreichend gekürzt wurden. Erst als der Mann eine Verdienstbescheinigung nachreichte, bemerkte das Amt den Fehler - zehn Monate später. Es forderte mehr als 3.000 Euro zurück.
Fehler muss offensichtlich sein
Zu Unrecht, wie das Landessozialgericht später entschied. Nach Auffassung des Gerichts hätte der Rechenfehler zwar bei aufmerksamer Lektüre des Bescheids auffallen können, von juristischen Laien könne aber nicht verlangt werden, komplexe Berechnungen zu durchschauen oder zwischen Brutto- und Nettobeträgen sicher zu unterscheiden.
Eine grobe Fahrlässigkeit bei den Sozialhilfeempfängern, die für die Rückzahlung erforderlich gewesen wäre, konnte das Gericht nicht feststellen. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn diese einfachste Überlegungen verweigert hätten und der Fehler offensichtlich gewesen wäre. In dem konkreten Fall durfte die Familie daher auf die Richtigkeit des Bescheids vertrauen. Eine rückwirkende Korrektur zu ihren Lasten sei daher ausgeschlossen.