Resilienz Gelassener auf Druck im Job reagieren
Manche Menschen lassen sich einfach nicht unterkriegen. Resilienz nennen Wissenschaftler diese innere Stärke. Kann man sie trainieren?
Freiburg (dpa) l Sie sind gleichzeitig flexibel und standhaft. Gibt es im Job eine Veränderung, kommen sie damit zurecht. Ist der Druck hoch, schaffen sie es, ihn auszugleichen. Solche Menschen sind sehr resilient. „Man meint damit die generelle Fähigkeit, Krisen, besondere Belastungen, schwierige Lebenssituationen gut zu bewältigen“, beschreibt es Prof. Klaus Fröhlich-Gildhoff von der Evangelischen Hochschule Freiburg. Er forscht zum Thema Resilienz.
1. Warum ist Resilienz für den Beruf so bedeutend?
„Resilienz ist heute so wichtig für unseren Beruf, weil wir uns mehr denn je ständig an neue Situationen anpassen müssen“, beschreibt Coach Ella Gabriele Ammann. „Diejenigen, die resilient sind, können Veränderungsprozesse besser meistern“, fügt die Ärztin und Unternehmensberaterin Mirriam Prieß hinzu. „Sie sehen in jeder Krise die Chance auf Veränderung.“
Und selbst, wenn sie mal scheitern, ist das kein Weltuntergang: Denn sie verlieren sich in einer negativen Situation nicht in den eigenen Gefühlen, sondern lernen daraus und gehen weiter, beschreibt Prieß. Andere, die keine hohe Resilienz haben, verbeißen sich dagegen im Problem und erschöpfen sich so.
Auch im Zuge von Personaleinsparung und Arbeitsverdichtung ist es ein Vorteil, resilient zu sein, um mit den Anforderungen im Berufsleben, dem Stress, zurechtzukommen, sagt Fröhlich-Gildhoff. Die seelische Belastbarkeit zu stärken, sei dann von großer Bedeutung. Gleichzeitig müsse aber das betriebliche Gesundheitsmanagement stimmen – denn sind Aufgaben einfach nicht zu erfüllen, nutzt es auch nichts, extrem belastbar zu sein.
2. Warum sind manche Menschen sehr resilient, andere weniger?
Fröhlich-Gildhoff sagt, dass die Grundlage in der frühen Kindheit gelegt wird. Resilienz werde durch die Erfahrung einer stabilen, Halt gebenden Beziehung geschaffen: „Da ist jemand da, der mich hält, der mich aber auch fordert“, beschreibt er es. Daneben gebe es personelle Resilienzfaktoren, sagt Fröhlich-Gildhoff. Das sind eine angemessene Selbst- und Fremdwahrnehmung, angemessene Selbststeuerungsfähigkeiten – also mit aufkommenden Gefühlen umzugehen -, soziale Kompetenzen, Problemlösungskompetenzen, eine positive Selbstwirksamkeitserwartung – dass man sich also selbst als wirksam erfährt –, und Bewältigungsfähigkeiten: Was kann ich leisten, wo kann ich mir Unterstützung holen?
3. Kann ich resilienter werden?
Arbeitnehmer, die zum Beispiel unter Stress leiden und sich unter Druck gesetzt fühlen, fragen sich häufig, wie sie ihre innere Widerstandskraft stärken können. „Das Gute ist: Sie können es trainieren“, beruhigt Prieß. Aber: „Je älter der Mensch ist, desto schwieriger ist es“, macht Fröhlich-Gildhoff auch deutlich.
Für Prieß bedeutet es, fünf Faktoren zu trainieren: Interesse und Empathie sowohl gegenüber anderen als auch gegenüber sich selbst, Augenhöhe – also weder auf das Gegenüber hinabzublicken noch es in den Himmel zu heben. Außerdem zählten Wertschätzung und Respekt dazu. Diese Faktoren könne man selbst trainieren: „Sie selbst merken, wofür Sie sich verurteilen, Sie merken, ob Sie Ja zu sich sagen.“ Gut ist aber, erst einmal mit einem Faktor zu beginnen. „Die fünf auf einmal zu trainieren, ist häufig zu viel.“ Ist die innere Blockade zu hoch, gilt es, sich Hilfe zu holen.
Fröhlich-Gildhoff rät zu Achtsamkeitstrainings – auch Yoga könne helfen, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Wer Probleme mit der Selbststeuerung hat, etwa schnell wütend wird oder in Panik verfällt, müsse lernen, einen Filter einzuschieben. Auch das geht mit Entspannungsverfahren. „Ein sehr gutes Mittel ist Bewegung. Beim Laufen oder Schwimmen erzielt man relativ schnell Fortschritte – so schafft man sich ein Selbstwirksamkeitserleben.“ Oft helfe auch das Gespräch mit anderen – etwa Freunden, aber auch Psychotherapeuten.
Amann macht aber auch deutlich: „Sie können einem Mitarbeiter nur in einem bestimmten Maß mit diesen Techniken helfen.“ Müssen Mitarbeiter etwa 24 Stunden erreichbar sein, besteht ein Problem der Gesamtüberforderung.
4. Welches Ergebnis kann ein Resilienz-Training haben?
Gelassener reagieren, sich von Problemen nicht unterkriegen lassen – das gelingt besser, wenn man seine Resilienz schult. Man hat außerdem gelernt, Grenzen zu ziehen. „Dieses Selbstbewusstsein ist eine Konsequenz“, sagt Amann. Auch darauf muss man gefasst sein. Denn wer nun gelernt hat, Nein zu sagen, vorher aber brav alles gemacht hat, wonach er gefragt wurde, erntet vielleicht erst einmal Ärger, sagt Fröhlich-Gildhoff.
Für Arbeitgeber bedeutet ein resilienter Mitarbeiter aber auch: Wird nichts gegen eine zu große Arbeitslast unternommen, zieht der Mitarbeiter vielleicht die Notbremse und geht. Denn resilient ist nicht gleich stressresistent, sagt Amann. Die innere Stärke könne eben auch dazu führen, dass Gegenwind kommt.