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Viele Versicherte, die gekündigt haben, erhalten einen Nachschlag / Selbst aktiv werden Geld zurück von der Lebensversicherung

25.08.2012, 03:15

Magdeburg/Berlin (rgm) l Der Bundesgerichtshof hat es entschieden: Kunden von Lebensversicherungen, die ihren Vertrag vorzeitig gekündigt oder beitragsfrei gestellt haben, haben Anspruch auf mehr Geld. Die Klauseln, die den Abzug der Vermittlerkosten von den ersten Beiträgen vorsehen, hält das Gericht für unwirksam (Az. IV ZR 201/10). Denn sie führten dazu, dass die Kunden "nur einen geringen oder gegebenenfalls gar keinen Rückkaufswert erhalten".

Diese Praxis der Versicherer bewerteten die Richter als "unangemessene Benachteiligung" der Kunden. Benachteiligt sind Millionen. Darauf weist die Zeitschrift Finanztest in ihrer aktuellen Ausgabe hin. Denn rund die Hälfte aller Kapitallebensversicherungen werden vorzeitig gekündigt. Laut einer Studie des Bamberger Finanzwirtschafts-Professors Andreas Oehler bekommen die Kunden im Schnitt nur 27 Prozent ihrer Beiträge zurück.

Die Verbraucherzentrale hat das Urteil erstritten

Das Urteil hat die Verbraucherzentrale Hamburg zunächst für Kunden des Deutschen Rings erstritten. Es hat nach Überzeugung der Verbraucherzentrale jedoch "Signalwirkung für die gesamte Versicherungsbranche". Denn die nun vom BGH kassierten Klauseln waren in der Branche üblich. Gegen die Versicherer Allianz, Ergo, Signal Iduna und Generali laufen ebenfalls Klagen der Verbraucherzentrale.

Auf jeden Fall haben tausende von Kunden, die beim Deutschen Ring zwischen 2001 und 2007 eine Kapitallebensversicherung, eine klassische private Rentenversicherung oder eine fondsgebundene Rentenversicherung abgeschlossen und ihren Vertrag inzwischen gekündigt oder beitragsfrei gestellt haben, nun Anspruch auf einen Nachschlag. Einer von ihnen ist Jan Dresen: Er hatte - so Finanztest - von April 2004 bis November 2011 insgesamt 14 293 Euro Beiträge gezahlt und seine private fondsgebundene Rentenversicherung dann gekündigt.

Als Rückkaufswert zahlte ihm der Deutsche Ring knapp 3467 Euro aus, also 10 826 Euro weniger, als er eingezahlt hatte. "Jedes Sparbuch wäre besser gewesen", sagt Dresen. Einen Großteil dieses Geldes berechnete der Versicherer für Abschlussprovision und Stornokosten. Den Rest verlor Dresen, weil seine Fondsanteile an Wert einbüßten. Eine genaue Erläuterung des Rückkaufswerts bekam er nicht - obwohl Kunden einen Anspruch darauf haben.

Im Durchschnitt stehen jedem Kunden nach Schätzung der Verbraucherzentrale Hamburg rund 500 Euro zu. Allerdings müssen Kunden hartnäckig sein und sich selber melden. Wer dies nicht tut, geht leer aus, schreibt Finanztest.

Kunden sollten ihre Ansprüche schnell geltend machen

Versicherungskunden, die zwischen 2001 und Ende 2007 einen Vertrag geschlossen und ihn dann gekündigt haben, sollten ihre Ansprüche rasch geltend machen, denn sie verjähren drei Jahre nach Vertragsende.

Auch die Kunden, die heute keine Beiträge mehr zahlen, ihren Vertrag aber beitragsfrei weiterlaufen lassen, können am Ende der Vertragslaufzeit mehr Geld erwarten. Denn auch der Wert einer beitragsfrei gestellten Versicherung ist oft gering, weil der Versicherer die Kosten bereits vollständig von den ersten Beiträgen abgezogen und Stornogebühren kassiert hat.

Mit dem Urteil setzt der BGH seine verbraucherfreundliche Rechtsprechung für Lebensversicherungskunden fort. Bereits 2001 und 2005 hatte er entschieden, dass die zwischen 1994 und 2001 verwendeten Klauseln zu den Rückkaufswerten unwirksam waren (Aktenzeichen IV ZR 121/00 und 138/99 sowie Az. IV ZR 162/03 und 177/03).