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Frittiert, fermentiert, frisch Mehr als Sojasoße und Tofu: Was die Sojabohne alles kann

Cremig-nussig, sommerlich-frisch oder würzig-pikant: Wie sich mit Soja-Produkten Vielfalt in die heimische Küche bringen lässt.

Von Inga Dreyer, dpa Aktualisiert: 29.07.2025, 09:17
Durch Edelschimmel wachsen Sojabohnen zusammen und werden als Tempeh schnittfest. Es schmeckt würzig, lässt sich geschnitten knusprig braten oder frittieren und wie Chips essen.
Durch Edelschimmel wachsen Sojabohnen zusammen und werden als Tempeh schnittfest. Es schmeckt würzig, lässt sich geschnitten knusprig braten oder frittieren und wie Chips essen. smarticular Verlag/dpa-tmn

München/Wien - Sojasoße, klar? Tofu? Auch schon gegessen. Aber was ist mit Yuba, Tempeh oder Nattō? Sojabohnen sind proteinreich und vielseitig einsetzbar. Zwei Expertinnen erklären, welche Produkte es gibt und was man aus ihnen machen kann – vom Salat-Dressing über süße Nachspeisen bis hin zu deftigen Umami-Gerichten.

Soja: Was lässt sich mit der Bohne anstellen?

Lange hat Claudia Zaltenbach Tofu einfach links liegen lassen. Ein belangloses Lebensmittel, „Fleischersatz“ – so dachte sie einst. Doch ein Abend in einem Restaurant in Tokio änderte das schlagartig. Sie aß ein köstliches, in Teig frittiertes Etwas, außen knusprig und innen cremig-nussig. Und erfuhr dann, dass es Tofu war. Seitdem beschäftigt sich die Autorin und Reisebloggerin mit der Vielfalt von Sojaprodukten und hat Bücher über „Tofu, Yuba und Okara“ und „Miso“ geschrieben. 

Dabei ist Soja nicht gleich Soja – so ähnlich wie bei Kartoffeln, bei denen es unzählige, sehr unterschiedliche Sorten gibt. „In Japan macht man eine richtige Wissenschaft daraus, welche Sojabohnen welche Eigenschaften haben. Entsprechend wird das eingesetzt, sodass wirklich der perfekte Tofu rauskommt“, sagt Zaltenbach. 

Fermentierte Sojaprodukte wie Miso, Tempeh oder Sojasauce bringen Umami-Geschmack ins Essen. Der hohe pflanzliche Eiweißgehalt ist ebenfalls ein Plus, hinzu kommen gesunde Fette, Mineralstoffe, Vitamine und Isoflavone. Inzwischen gibt es auch in Deutschland Tofu-Hersteller, die Sojabohnen aus europäischem Anbau verwenden. In Bio- und Asialäden finde man gute Produkte, so Zaltenbach.

Tofu: Wie bereite ich ihn lecker zu?

Elisabeth Fischer vom Verein „Soja aus Österreich“ kocht auf Märkten und bietet Workshops. „Wenn ich frage: "Wer findet Tofu fad?’" melden sich immer ganz viele. Dann sage ich: "Genau, Tofu schmeckt fad und das ist gut so."“ 

Denn Tofu ist ein Grundnahrungsmittel, das gut gewürzt unzählige Möglichkeiten bietet – von pikant bis süß. Der Tofu, den man hierzulande kaufen kann, sei eher fest und eigne sich gut, um ihn in Scheiben zu schneiden und zu braten. „Das entspricht diesem Fleischersatz-Gedanken. In Asien wird gerne etwas weicherer Tofu gegessen“, sagt Fischer. Festen Tofu könne man aber auch gut zerbröseln und für Knödel, Füllungen oder Burger-Bratlinge nutzen. 

„Man liest oft, man solle ihn pressen, damit er den Geschmack besser aufnimmt. Aber das stimmt nicht. Weicherer Tofu, wie er in Asien gegessen wird, eignet sich besser zum Marinieren und zum Simmern in Soßen“, sagt Elisabeth Fischer. Geräucherter Tofu passt gut für deftigere Gerichte, zum Beispiel in Würfeln mit etwas Sojasoße angebraten auf Kartoffeln oder für Aufstriche. 

Claudia Zaltenbach nimmt gerne Polenta-Gries, mischt ihn mit Salz, Knoblauchpulver, etwas Chilipulver und kleinen Tofuwürfeln und brät diese knusprig in der Pfanne: „Das ist super zu Salaten oder Gemüse.“ 

Selbst gemacht: Kann ich auch zu Hause Tofu herstellen?

Elisabeth Fischer las zuerst in den 1970er-Jahren in einer Zeitschrift über Tofu. Sie war fasziniert, doch zu kaufen gab es damals noch keinen. Anfang der 1980er eröffneten ihre Nachbarn in München ein vegetarisches Restaurant im Haus. Bei ihnen aß sie zum ersten Mal frisch gemachten Tofu. „Da war es um mich geschehen“, gesteht sie. Die Studentin heuerte als Spülerin an und arbeite sich zur Köchin und schließlich zur Teilhaberin des Restaurants „Keyno“ hoch. 

„Zweimal die Woche haben wir frischen Tofu und Tempeh gemacht“, so Fischer. Inzwischen hat sie fast 60 Kochbücher geschrieben, die viele Rezepte zu Tofu, Miso und Tempeh enthalten. Was im Restaurant geht, klappt auch zu Hause, sagt sie. Um selbst Tofu herzustellen, muss erst Sojamilch gemacht werden, denn gekaufte Sojadrinks sind oft nicht so gut geeignet, sagt sie. 

Die Sojabohnen werden acht Stunden eingeweicht, mit Wasser püriert, gekocht und durch ein mit einem Käsetuch ausgelegtes Sieb gegossen. Was unten herausfließt, ist die Sojamilch. Die wird mit einem Gerinnungsmittel versetzt und es bildet sich Tofubruch. Dieser wird in eine mit einem Käsetuch ausgelegte durchlöcherte Form geschöpft. Um Tofu zu pressen, wird das Ganze mit einem Gewicht beschwert. Je nach Pressdauer wird der Tofu weicher oder fester. 

Frisch gemachter Tofu schmeckt nussiger und cremiger als gekaufter, sagt Zaltenbach. „Da kommt der Geschmack der Sojabohne viel stärker raus.“

Soja fermentiert: Was steckt hinter Tempeh und Nattō?

„Ich sage mal ein bisschen pathetisch: Sojaprodukte eröffnen uns ein kulinarisches Universum“, sagt Elisabeth Fischer. Miso, Tempeh, Sojasauce oder Nattō bringen Umami-Geschmack ins Essen. 

„Tempeh kommt aus Indonesien. Man kocht Sojabohnen und vermischt sie als Starter mit Edelschimmel und einem Hauch Essig“, so Fischer. Luftdurchlässig verpackt, lässt man die Sojabohnen zwei Tage bei 30 Grad fermentieren. „Durch den Edelschimmel wachsen die Sojabohnen zusammen und das Tempeh wird schnittfest.“ Tempeh schmeckt würzig und lässt sich klein geschnitten knusprig braten oder frittieren. 

Beim Thema Nattō scheiden sich die Geister: Entweder liebt man es oder man mag es nicht, das ist laut Fischer auch in Japan so. Um es herzustellen, werden Sojabohnen gekocht und dann in Reisblätter gewickelt. Durch das darin befindliche Bakterium wird das Nattō fermentiert, entwickelt einen intensiven Geruch und Geschmack und zieht Fäden, was als Qualitätsmerkmal gilt. 

Der Geschmack sei intensiv, wie bei starkem, lang gereiftem Käse, vergleicht es Elisabeth Fischer. In Japan esse man es als Beilage und vermische es mit Sojasoße, Frühlingszwiebel und etwas Ingwer. In ihrem Buch hat sie ein entsprechendes Rezept: „Da habe ich es mit Apfelsaft und Apfelstückchen für ein Dressing vermischt. Dadurch wird der Geschmack ein bisschen weicher“, erklärt sie.

Umami-Wumms: Wie wird Miso hergestellt?

„Miso zu machen ist eine alte Handwerkskunst, so wie Brot backen“, sagt Elisabeth Fischer. Das klassische Miso sei eine Mischung aus Sojabohnen und Reis. Man impft den gedämpften Reis mit Edelschimmel, bevor er zwei Tage bei einer gleichbleibenden Temperatur von etwa 35 Grad ruht. 

„Dann geschieht etwas Wunderbares. Dieser weiße Schimmelpilz überzieht die Reisstücke und lässt sie richtig zusammenwachsen. Das sieht aus wie Schnee“, beschreibt es die Wienerin. Diesen mit Schimmelpilz infizierten Reis kann man auch fertig kaufen, sagt Claudia Zaltenbach. Es sei sonst recht aufwendig, weil die wenigsten Öfen in der Lage sind, die Temperatur so konstant zu halten. 

Dieses Reiskoji wird mit gedämpften, zerkleinerten Sojabohnen und Salz vermischt. Das Ganze reift mindestens drei Monate. „So entsteht ganz natürlich die Gewürzpaste Miso. Eine einfache Faustregel lautet: helles ist milder, dunkles intensiver im Geschmack“, sagt Fischer.

Miso kennen viele von der Suppe, man kann jedoch noch viel mehr damit würzen. Es kann etwa Tomatensoße, Eintopf, Gemüsegerichten, Dressings, Soßen und sogar Nachspeisen Komplexität verleihen. „Ein Löffelchen Miso bringt köstlichen Geschmack, diesen guten Wumms in vegane und vegetarische Gerichte und verstärkt die natürlichen Aromen“, sagt Elisabeth Fischer.

Wie Pudding: Was kann man mit Seidentofu machen?

„Seidentofu ist ein ganz tolles Produkt“, schwärmt Fischer. Er sei weich wie Pudding. Man könne damit Dressings, Dips oder fruchtig süße Cremes mixen. Vermengt mit geschmolzener Schokolade lässt sich etwa eine vegane Mousse au Chocolat herstellen. 

„Gerade jetzt im Sommer ist es toll, den frischen, kühlen Tofu mit Ponzu, einer Soße aus Sojasoße und Zitrusfrüchten – zum Beispiel Grapefruitsaft – und fein geschnittenen Frühlingszwiebeln zu essen“, empfiehlt Claudia Zaltenbach. Auch könne man Seidentofu mit Avocado oder anderem grünen Gemüse pürieren: „Dann erhält man eine ganz tolle Salatcreme.“

Gesunde Milchhaut: Was hat es mit Yuba auf sich?

Yuba ist hierzulande noch recht unbekannt. „Bevor ich in Kyōto war, wusste ich nicht, dass es das gibt“, gibt auch Claudia Zaltenbach zu. Um dieses proteinreiche Produkt herzustellen, wird Sojamilch erhitzt, sodass sich – wie bei Kuhmilch – eine Haut darauf bildet. Diese wird abgezogen und an Stäben hängend getrocknet und danach gerollt oder gefaltet. 

„Sie frisch zu essen ist natürlich das Allerschönste, weil sie ein leichtes, nussiges Aroma und einen ganz zarten Biss haben. Mit ein bisschen Sojasoße schmeckt das gigantisch“, so die Bloggerin. Getrocknetes Yuba wird vor der Zubereitung wieder aufgeweicht. Man kann es zum Beispiel wie Tofu mit Gemüse braten oder auch andere Speisen darin einwickeln.

Zu schade zum Wegwerfen: Wie lässt sich Okara verwenden?

Okara nennt sich der Trester, die festen Rückstände, die beim Filtern von Sojamilch übrig bleiben. „Hierzulande findet er wenig Beachtung und landet vor allem im Tierfutter, was ich sehr schade finde, weil man sehr viel damit machen kann“, sagt Claudia Zaltenbach. 

Zum Beispiel könne man die Rückstände in Teig mischen, um Brot und Gebäck eine luftige Konsistenz zu verleihen – oder man macht Buletten oder Kroketten daraus. Auch Suppen und Eintöpfe lassen sich damit verfeinern. In Japan verwendet man das nahrhafte Okara gerne, um es in Aufstriche zu geben.