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corona-folge Pandemie: Mehr Amputationen bei Raucherbein-Patienten befürchtet

Während der Corona-Krise wurden viele OPs verschoben, um Platz für Covid-Fälle zu schaffen. Für viele Raucherbein-Patienten könnte deshalb Hilfe zu spät gekommen sein - mit schlimmen Folgen.

Von dpa 13.06.2021
Coronabedingt verschobene Operationen haben nach Einschätzung von Experten zu einem Anstieg der Amputationen bei Patienten mit einem sogenannten Raucherbein geführt.
Coronabedingt verschobene Operationen haben nach Einschätzung von Experten zu einem Anstieg der Amputationen bei Patienten mit einem sogenannten Raucherbein geführt. Foto: picture alliance / Andreas Arnold/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Berlin (dpa) - Coronabedingt verschobene Operationen haben nach Einschätzung von Experten zu einem Anstieg der Amputationen bei Patienten mit einem sogenannten Raucherbein geführt. Menschen mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) - umgangssprachlich als Raucherbein bezeichnet - wurden während der ersten Welle der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 seltener als zuvor in Krankenhäusern vorstellig, wie der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Thomas Schmitz-Rixen, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Dies geht auch aus einer Studie auf Grundlage von Daten des Krankenversicherers Barmer hervor. Schmitz-Rixen schlussfolgert, dass die Zahl der Extremitäten-Amputationen bei pAVK-Patienten deshalb zugenommen hat.

Im Frühjahr 2020 wurden in deutschen Krankenhäusern medizinisch nicht zwingend nötige Operationen verschoben, um Platz für Corona-Patienten zu schaffen. Dies hat nach Darstellung Schmitz-Rixens dazu beigetragen, dass pAVK-Patienten nicht rechtzeitig versorgt werden konnten.

Von der pAVK sind Männer öfter betroffen als Frauen. Meist sind es Arterien der Beine, seltener der Arme, die zunehmend verengen. Die Folge sind Durchblutungsstörungen in den betroffenen Extremitäten. Im Großteil der Fälle ist es eine Arterienverkalkung (Arteriosklerose), die zur Einengung oder sogar zum kompletten Verschluss von Gefäßen führt. Zu den Hauptrisikofaktoren zählen Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus.

Insbesondere im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit könne jede versäumte Woche einer Behandlung zu einer wesentlichen Verschlechterung führen, sagte Schmitz-Rixen. Dies könne im Extremfall so weit gehen, dass selbst eine Wiederherstellung der Durchblutung die Extremität nicht mehr erhalten könne. «Somit ist der Zeitpunkt zur Wiederherstellung der arteriellen Durchblutung von ganz entscheidender Bedeutung für den angestrebten Erhalt der Extremität», sagte Schmitz-Rixen.

Nicht nur die geringeren Kapazitäten der Kliniken während der Pandemie hätten zu einem Anstieg der Amputationen geführt, sondern auch das zögerliche Verhalten vieler Patienten, so Schmitz-Rixen. Diese hätten aus Angst vor eine Ansteckung Ärzte und Krankenhäuser nicht aufgesucht. «Auch zählen Patienten/-innen mit peripheren Gefäßerkrankungen zur zentralen Risikogruppe.»

Auch der Gefäß-Spezialist und Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Angiologie, Nasser Malyar, geht von einem Anstieg der Amputationen bei pAVK-Patienten aus. Zwar gebe es noch keine genauen und verlässlichen Zahlen hierüber. «Jedoch zeigen Zahlen aus den einzelnen Kliniken und Zentren, dass der Anteil derjenigen mit den schwersten Formen und Stadien der Erkrankung, der sogenannten kritischen Ischämien, steigt.»

Damit sind diejenigen Patienten gemeint, die besonders von einer Amputation bedroht sind, wenn sie nicht rechtzeitig die notwendige Therapie erhalten, erklärt der Experte von der Universitätsklinik Münster. Dort etwa sei die Zahl der Patienten mit einer kritischen Ischämie um 15 Prozent zurückgegangen. «Eine zu späte Vorstellung geht mit einem höheren Risiko für eine Amputation einher und die ersten Zahlen bestätigen diese Befürchtung», sagt Malyar.