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Zurück in den Kreislauf Ein Weg zu einem nachhaltigeren Leben: Cradle to Cradle

Wir strengen uns an. Aber trotz Grünem Punkt und Recyclingtonnen landet viel Müll in der Verbrennung. Das Prinzip „Cradle to Cradle“ kann aber dafür sorgen, dass mehr Material wiederverwendet wird.

Von Marie-Luise Braun, dpa 13.09.2023, 17:31
Keine Verschwendung von Rohstoffen: Das Cradle-to-Cradle-Logo kann helfen, nachhaltige Produkte zu erkennen.
Keine Verschwendung von Rohstoffen: Das Cradle-to-Cradle-Logo kann helfen, nachhaltige Produkte zu erkennen. Bernd Diekjobst/-/dpa-tmn

Berlin - 484 Kilogramm Haushaltsabfälle fallen pro Einwohner in Deutschland jährlich an, so gibt es das Statistische Bundesamt für 2021 an. Was damit wohl passiert?

Laut Umweltbundesamt wurden 2020 nur rund 67 Prozent der Abfälle recycelt. Mit dem Rest, der etwa verbrannt wird, gehen viele Stoffe verloren, die kostbar sind und noch oft erneut verwendet werden könnten. Zudem wird zum Verbrennen viel Energie aufgewendet. Nachhaltig und umweltschonend ist das nicht.

Aber wie können wir unsere Müllberge verkleinern? Hier setzt das Prinzip des „Cradle to Cradle“ (C2C) an. Aus dem Englischen übersetzt bedeutet es: „Von der Wiege bis zur Wiege“.

Das Prinzip „Cradle to Cradle“

Die Idee setzt darauf, dass alle Materialien, die in einem Produkt verbaut sind, nach dessen Nutzung recycelt oder wiederverwendet werden können. Dafür müssen sich die einzelnen Komponenten komplett und ohne Reststoffe anderer Materialien zerlegen lassen - man nennt das sortenrein. Die Einzelteile seien zum Beispiel nicht verklebt, sondern verschraubt oder gesteckt, erklärt Nora Sophie Griefahn, Mit-Gründerin und geschäftsführende Vorständin der Organisation Cradle to Cradle NGO.

Das C2C-Prinzip sieht auch vor, dass natürliche Verbrauchsmaterialien biologisch abbaubar bleiben müssen. Lassen sie sich irgendwann nicht mehr erneut durch Recycling in den Produktionskreislauf bringen, sollten sie zum Beispiel kompostierbar sein.

Gut erklären lässt sich das anhand der Papierfasern. Sie können laut der Organisation bis zu 25-mal recycelt werden. Danach sind die Fasern zu kurz, um sie weiterzuverwenden. Aber auch Abrieb, der zum Beispiel von einem T-Shirt schon beim Tragen und Waschen in die Umwelt gelangt, sollte biologisch abbaubar sein - also etwa aus reiner und pestizidfrei herangewachsener Baumwolle bestehen.

Die Natur kennt eigentlich keinen Müll

C2C orientiert sich an den Kreisläufen der Natur: Dort gibt es keinen Müll. Alles, was abstirbt, dient als Nährboden für andere Pflanzen und Lebewesen - es wird von ihnen aufgenommen und wieder neu verbaut. Nach diesem Vorbild wird bei C2C im Design von Produkten von Anfang die Weiternutzung mitgedacht.

Das bedeutet auch: „Wir setzen nach unserem Prinzip nur noch Materialien ein, die kreislauffähig und für ihre geplante Nutzung geeignet sind: gesund für uns und die Umwelt“, sagt Griefahn. Dazu zähle auch, dass die Materialien ohne giftige Chemie produziert und entweder biologisch abbaubar oder sortenrein recycelbar sind. Bei letzterem könnten auch Ansätze wie „Leihen statt kaufen“ helfen.

Logo kennzeichnet C2C-Produkte

Es wird deutlich: Vor allem die Firmen sind hier am Zug, den Weg in Richtung „Cradle to Cradle“ zu gehen. Und wir Verbraucher?

Produkte, die nach dem C2C-Prinzip hergestellt wurden und deren Firmen sich das bestätigen lassen, erkennen Verbraucher am Logo: Ein grüner und ein blauer Kreis sind wie eine liegende Acht miteinander verschlungen. Die Farben stehen für den natürlichen (grün) und den technischen Kreislauf (blau).

Zu finden ist dieses Logo eher selten, denn es gibt bislang erst wenige Firmen, die nach dem C2C-Prinzip arbeiten.

Die Unternehmen nach den Materialien ausfragen

Aber es gibt auch darüber hinaus Möglichkeiten, den eigenen Konsum am C2C-Prinzip zu orientieren. „Man kann beispielsweise beim Kauf fragen, aus welchem Material ein Möbel besteht und ob die Bestandteile sortenrein zu trennen sind“, erklärt Einrichtungsexpertin Ursula Geismann. „Auch wie es produziert wurde und ob natürliche Materialien verwendet wurden, sind wichtige Fragen.“

Und wer etwas Altes loswerden will, kann den Hersteller kontaktieren, ob er die Produkte auch zurücknimmt - einige Firmen haben Rückgabeprogramme. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit insgesamt rät Geismann dazu, auch auf die Produktionsbedingungen zu achten. Werden zum Beispiel die Handwerker bei ihrer Arbeit gut behandelt und entlohnt?

Diese Fragen beim Kauf führen Verbraucher idealerweise nicht nur zu Produkten, die sich - ob bewusst oder nicht - weitgehend am Gedanken des C2C orientieren. Die Nachfragen signalisieren den Herstellern auch, dass es einen Bedarf für C2C gibt, erläutert Geismann.

Konsum reduzieren

Bleiben wir beim Beispiel Möbel: Es gibt noch einen Weg zu mehr Nachhaltigkeit und mehr Ressourcenschonung: weniger zu kaufen.

Sofas, Betten, Schränke und Regale von hoher Qualität und mit zeitlosem Design sind langlebig und lassen sich gegebenenfalls reparieren statt wegwerfen und verbrennen. Für Abwechslung könnten etwa auch Möbelfronten nach einer Zeit ausgetauscht oder umgestrichen werden. Oder man schraubt andere Griffe an. Vieles andere ist noch Theorie, aber die Umsetzung könnte sich für alle Seiten lohnen.

Nora Sophie Griefahn nennt noch ein Beispiel: Wenn eine Waschmaschine beispielsweise nur aus zehn verschiedenen Materialien bestehen würde, ließen sich diese nach der Nutzung einfacher voneinander trennen.

„Dann lohnt es sich für die Hersteller auch, besonders hochwertiges Material einzusetzen“, führt Griefahn aus. „Weil er weiß, dass er die Materialien nach der Nutzung für neue Produkte einsetzen und so im Kreislauf halten kann.“