Vorsicht nach dem Verreisen Legionellen in der Leitung? Wann die Keime gefährlich werden
Duschen nach dem Weihnachtsurlaub? Lieber erst mal mit Vorsicht! Warum in ungenutzten Leitungen unsichtbare Risiken lauern können und wie Sie sich schützen.

Münster/Groß-Gerau/Bonn - Ob beim Duschen oder über Wasservernebler: Wer Legionellen einatmet, kann krank werden. Doch wo kommen die gefährlichen Bakterien in Wasserleitungen überhaupt her? Warum sollte man besonders nach Urlauben vorsichtig sein? Und wie wird man Legionellen wieder los? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was sind eigentlich Legionellen - und wann sind sie gefährlich?
Legionellen sind Bakterien, die natürlicherweise in feuchten Biotopen oder Gewässern vorkommen. „Sie sind ganz normal und kein Problem, solange keine massenhafte Vermehrung stattfindet“, sagt Haike Hartmann-Mühle. Sie ist Diplomchemikerin im Gesundheitsamt Groß-Gerau. Kommt es jedoch zu einem übermäßigen Wachstum, werden Legionellen zur Gesundheitsgefahr.
Das geschieht vor allem in stehendem und warmem Wasser. Denn zwischen 25 und 45 Grad Celsius finden die Bakterien optimale Vermehrungsbedingungen. Werden die Bakterien über Wasserdampf, etwa beim Duschen, eingeatmet, können sie uns schaden. Gefährdet sind Hartmann-Mühle zufolge besonders Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Raucher, Personen über 60 Jahre und Personen mit chronischen Herz- oder Lungenerkrankungen.
Eine durch Legionellen verursachte Erkrankung kann etwa das sogenannte Pontiac-Fieber sein, das einem grippalen Infekt ähnelt, oder auch die Legionellose. Das Robert Koch-Institut (RKI) beschreibt sie als eine schwere Form der Lungenentzündung. Einhergehen kann sie demnach mit Verwirrtheit, Bauchschmerzen oder Durchfällen. Unbehandelt kann die Legionellose laut dem Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) lebensbedrohlich werden.
Fängt man sich Legionellen übers Trinken von Leitungswasser ein?
In der Regel nicht. Die Erreger werden dem BIÖG zufolge durch fein zerstäubtes, vernebeltes Wasser (Aerosole) übertragen, das man einatmet. Mögliche Ansteckungsquellen sind hier beispielsweise Duschen, Whirlpools, Luftbefeuchter oder Wasserhähne. Das Trinken von erregerhaltigem Wasser ist hingegen weniger gefährlich, da die Legionellen dann im Magen von der Magensäure abgetötet werden.
Wie schützt man sich?
„Ganz generell gilt: Wasser muss fließen und die Temperatur muss passen“, sagt Stefan Schüttler, Trinkwasserexperte und Sachverständiger bei der Prüforganisation Dekra.
Dafür haben Eigentümer und Vermieter zu sorgen, aber auch Mieter. „Der Eigentümer hat dafür zu sorgen, dass mindestens 60 Grad am Warmwasserspeicher anliegen, da Legionellen oberhalb dieser Temperatur absterben. Der Bewohner ist dafür zuständig, dass der Wassertausch erfolgt“, so Schüttler. Konkret heißt das: Spätestens alle 72 Stunden sollte aus jeder Entnahmestelle Wasser laufen. Und das gilt übrigens auch im Urlaub. „Man sollte jemanden bitten, mindestens einmal die Woche das Wasser laufen zu lassen - erst heiß, dann kalt“, rät Hartmann-Mühle.
Ungenutzte Wasserleitungen seien aus trinkwasserhygienischer Sicht „eine Katastrophe“, so die Chemikerin. Wird eine Wasserentnahmestelle länger nicht genutzt, kann es in diesem Bereich zu Legionellenwachstum kommen. Und: Die Bakterien kann man weder riechen noch sehen. Nach längerer Abwesenheit empfiehlt Hartmann-Mühle deshalb: Duschkopf runterlegen, im Zweifel ein Geschirrtuch darüber und dann ordentlich heißes und kaltes Wasser laufenlassen.
Welche Untersuchungspflichten gibt es?
Warmwasseranlagen in Mehrfamilienhäusern müssen alle drei Jahre auf Legionellen untersucht werden, wenn sie ein Speichervolumen von mehr als 400 Litern haben oder das Volumen einer der Rohrleitungen vom Trinkwassererwärmer bis zur Entnahmestelle mindestens drei Liter beträgt.
„Das betrifft durchaus bereits dreigeschossige Gebäude“, sagt Hartmann-Mühle. Von der Untersuchungspflicht grundsätzlich ausgenommen sind Ein- und Zweifamilienhäuser.
Was kann man bei einem Legionellenbefall tun?
Beim Erreichen des technischen Maßnahmewerts von 100 Legionellen pro 100 Milliliter Wasser, sei der Inhaber der Warmwasseranlage verpflichtet, eine Risikoabschätzung erstellen zu lassen, so Schüttler. „Dann kommen Experten vorbei, die sich die Gegebenheiten vor Ort anschauen und prüfen, was ursächlich für den Befall gewesen sein kann.“
Abhängig von der Höhe der Kontamination ergeben sich verschiedene Maßnahmen. „Laut technischem Regelwerk gilt ab einem Wert von 10.000 ein Duschverbot. Dann ist nichts mehr erlaubt, bei dem Aerosole entstehen. Wobei ich nie sagen kann, 13.000 Legionellen machen mich krank und bei 50 passiert nichts“, so Hartmann-Mühle. Denn ob Legionellen krank machen, hänge zum einen vom angesiedelten Stamm ab, zum anderen von der Anfälligkeit des Bewohners.
Je nachdem, was die Risikoabschätzung ergibt, kann in manchen Fällen eine einfache Temperaturanpassung genügen, um die Legionellen zu beseitigen. Es können jedoch auch bauliche Maßnahmen nötig werden. „Die Gründe für erhöhte Legionellen-Befunde sind vielschichtig und liegen häufig in einem Zusammenspiel zwischen falschem Anlagenbetrieb, veralteter oder mangelhafter Anlagentechnik sowie unzureichender Wartung. Deshalb kann man keinen pauschalen Daumenwert nennen, wie viel das kostet“, so Schüttler.
Wenn die Ursache der Legionellenkontamination beseitigt ist, kann eine Reinigung und anschließende chemische Desinfektion oder thermische Desinfektion erforderlich sein. Bei der thermischen Desinfektion wird der Warmwasserkessel auf 70 Grad erhitzt und alle Wasserleitungen werden durchgespült. „Beides macht der Installateur für Sie“, sagt Haike Hartmann-Mühle.
Was ist mit Legionellenfiltern?
Von präventiven Maßnahmen wie Legionellenfiltern hält die Expertin indes wenig. „Diese sind nicht als Dauerlösung zugelassen. Sie reduzieren die Durchflussmenge des Wassers, was wiederum Möglichkeiten zur Einsiedlung von Mikroorganismen schafft“, sagt Haike Hartmann-Mühle. Grundsätzlich sei das Wasser, das vom Versorger geliefert wird chemisch und mikrobiologisch einwandfrei und jegliche Nachbehandlung im Haus berge ein hygienisches Risiko.
Auch Stefan Schüttler kann beruhigen: „Temperatur und Nutzung sind das A und O. Wenn die Anlage richtig funktioniert und das Wasser regelmäßig fließt, hat man in der Regel das Problem mit Legionellen minimiert.“