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Bei Betriebsschließung und Co. Kündigung während Elternzeit: So reagieren Sie jetzt richtig

Viele Ausgaben, wenig Zeit: Kündigt der Arbeitgeber Eltern in der Elternzeit, trifft sie das oft besonders hart. Welche Rechte Betroffene haben - und welche Schritte nun wichtig sind.

Von Sabine Meuter, dpa 19.05.2025, 00:05
In der Elternzeit gekündigt? Für Mütter und Väter häufig eine besonders herausfordernde Situation.
In der Elternzeit gekündigt? Für Mütter und Väter häufig eine besonders herausfordernde Situation. Christin Klose/dpa-tmn

Berlin/Nürnberg - Eine Kündigung während der Elternzeit? Für viele kaum vorstellbar. Schließlich besteht während der Elternzeit für den Arbeitgeber ein Kündigungsverbot. Das ist sogar gesetzlich verankert.

Doch es kann durchaus vorkommen, dass Eltern auch während ihrer Elternzeit eine Kündigung erhalten. „Das ist etwa bei einer Insolvenz des Unternehmens oder teilweiser oder kompletter Betriebsschließung der Fall“, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Bei schwerem Fehlverhalten – etwa Beleidigung des Arbeitgebers oder Diebstahl beim Arbeitgeber – kann der Arbeitgeber Beschäftigten in der Elternzeit ebenfalls kündigen.

Wichtig: Der Arbeitgeber kann die Kündigung nicht einfach aussprechen. Laut Gesetz ist hierfür die Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde nötig. Wichtig ist also, dass Eltern ihre Rechte kennen. Diese 5 Schritte sollten Sie im Fall der Fälle berücksichtigen.

Schritt 1: Prüfen, ob die Kündigung rechtmäßig und zulässig ist

Wer in der Elternzeit ein Kündigungsschreiben erhält, sollte sich das genau durchlesen. Und auf die Kündigungsfristen und genannten Gründe achten. Ist kein besonderer Ausnahmefall vom Kündigungsschutz gegeben, kann sie unter Umständen auch unwirksam sein.

Der besondere Kündigungsschutz gilt, sobald Beschäftigte die Elternzeit anmelden. Wie Meyer erklärt aber frühestens

  • 8 Wochen vor Beginn, wenn es um eine Elternzeit vor dem 3. Geburtstag des Kindes geht und
  • 14 Wochen vor Beginn, wenn es um eine Elternzeit zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes geht. 

Falls die Elternzeit in mehrere Abschnitte aufgeteilt ist, gilt der Kündigungsschutz während dieser Abschnitte, aber nicht dazwischen. Wer während der Elternzeit in Teilzeit arbeitet, hat ebenfalls besonderen Kündigungsschutz. 

Schritt 2: Prüfen, ob die zuständige Behörde der Kündigung zugestimmt hat

Die zuständige Behörde im jeweiligen Bundesland prüft die strengen Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahme vom Kündigungsverbot möglich ist. „Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, darf die Behörde das bestehende Kündigungsverbot aufheben und dem Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung erteilen“, erklärt Patricia Threin, Juristin bei der Rechtsschutz GmbH des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).

Wird ohne die Zustimmung der zuständigen Behörde durch den Arbeitgeber gekündigt, ist diese Kündigung von vornherein unwirksam. Welche Behörde zuständig ist, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. „In der Regel ist dies das Gewerbeaufsichtsamt oder die Bezirksregierung“, sagt Threin. Eine Liste, welche Behörde in welchem Bundesland zuständig ist, stellt das Bundesfamilienministerium online zur Verfügung.

Schritt 3: Fristen für Widerspruch prüfen

Betroffene können die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage durch das zuständige Arbeitsgericht auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen lassen. Zuständig ist das Arbeitsgericht in der Kommune, in der der betroffene Elternteil arbeitet. „Für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage haben Betroffene drei Wochen ab Zugang der Kündigung Zeit“, sagt Arbeitsrechtler Meyer.

Diese Drei-Wochen-Frist beginnt laut Threin auch bei einer Kündigung in der Elternzeit mit Zugang der Kündigung, vorausgesetzt die behördliche Zustimmungserklärung ist dem betroffenen Elternteil und auch dem Arbeitgeber vor Zugang der Kündigungserklärung zugegangen.

Betroffene können innerhalb eines Monats nach Zugang der Entscheidung auch Widerspruch gegen die Zustimmung der Behörde zur Kündigung erheben. „Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wird die Entscheidung der Verwaltung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft“, sagt Threin. 

Stellt sich in diesem Widerspruchsverfahren oder in dem anschließenden Klageverfahren heraus, dass die Zustimmung zur Kündigung unzulässig ist, ist die ausgesprochene Kündigung unwirksam.

Schritt 4: Finanzielle Auswirkungen prüfen

Während der Elternzeit besteht die Krankenversicherung wie bisher. Kommt es nun zu einer rechtmäßigen Kündigung, endet auch die Elternzeit, da diese an das aktuelle Arbeitsverhältnis gebunden ist. Das hat auch Auswirkungen auf die Krankenversicherung. 

Wie Peter Meyer erklärt, endet mit dem Arbeitsverhältnis die Beitragsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die betroffene Person muss sich dann unter Umständen selbst versichern, sollte beim Ehepartner eine Familien-Mitversicherung nicht möglich sein. „Auf das Elterngeld hat die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch keinen Einfluss“, sagt Threin. 

Betroffene können nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch Arbeitslosengeld beziehen. Dafür müssen sie sich rechtzeitig arbeitssuchend beziehungsweise arbeitslos melden. Weitere wichtige Voraussetzung: Ein Elternteil muss der Vermittlung der Agentur für Arbeit für eine Teilzeitarbeit von mindestens 15 Stunden pro Woche zur Verfügung stehen. Zudem darf eine Teilzeitarbeit bei dem bisherigen Arbeitgeber nicht möglich sein.

Eine weitere Bedingung für den Bezug von Arbeitslosengeld bei einer Kündigung während der Elternzeit: die Anwartschaft muss erfüllt sein. Irmgard Pirkl von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit erklärt: Das ist der Fall, wenn in den letzten 30 Monaten vor der Arbeitslosmeldung und der eingetretenen Arbeitslosigkeit der oder die Betroffene mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. 

Das Arbeitslosengeld bekommen ihr zufolge Betroffene mit dem erhöhten Leistungssatz, da mindestens ein Kind zu berücksichtigen ist. Der erhöhte Leistungssatz beträgt 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts.

Liegt der Kündigung ein vertragswidriges Verhalten des betroffenen Elternteils zugrunde, muss – ebenso wie bei einer fristlosen Kündigung außerhalb der Elternzeit – mit einer Sperrfrist beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen gerechnet werden.

Schritt 5: Beruflich neu orientieren

„Die Agentur für Arbeit beziehungsweise das Jobcenter unterstützen bei der Suche nach einem Job für den Wiedereinstieg“, sagt Pirkl. Sie stehen in direkten Kontakt mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und haben Verbindungen zu Initiativen und Netzwerken, die sich speziell an Wiedereinsteigerinnen und Wiedereinsteiger richten. Daneben unterstützt die Agentur für Arbeit Eltern mit einer Vielzahl an Beratungs- und Informationsangeboten.