Olympiade am Herd Kanzlerin zuckersüß - Deutsche Köche wollen an die Spitze
Es ist wahrscheinlich das größte Küchenspektakel der Welt: Köche und Patissiers aus 59 Ländern zelebrieren in Erfurt die Kunst des Kochens und inszenieren Menüs auch als Augenschmaus. Gewinnen will den Wettbewerb das deutsche Nationalteam.
Erfurt (dpa) - Autsch! Wenn sich ein Kochprofi beim Fischfilettieren in den Finger schneidet, ist die Anspannung sicherlich groß.
Matthias Kleber, Chef der deutschen Nationalmannschaft der Köche, steckt das kleine Missgeschick schnell weg. Mit Pflaster und Handschuh setzt der Brandenburger am Samstag seine Arbeit in der von Schaulustigen und Juroren umlagerten gläsernen Küche auf dem Erfurter Messegelände fort. Für das deutsche Team geht es bei der Olympiade der Köche, zu der sich die internationale weiße Zunft alle vier Jahre trifft, um viel.
Die Köche und Patissiers um Kleber wollen sich bei der wohl größten Kochshow der Welt, deren Gewinner am Mittwoch feststehen, in der Weltspitze behaupten. 2012 kamen sie in der Königsklasse der Nationalmannschaften hinter Schweden und Norwegen auf Rang drei. Seit Monaten hat sich das Team, dem Köche aus Berlin, Hamburg, Hessen und Rheinland-Pfalz angehören, auf das Championat vorbereitet, sagt der Köche-Verbandspräsident Andreas Becker. Er hängt die Messelatte hoch: Wir wollen Olympiasieger werden.
Dafür muss jeder Handgriff sitzen - es geht nicht nur um den Gaumenkitzel, es geht auch um Perfektion. Die insgesamt 30 Nationalteams, die bei dem Wettbewerb antreten, müssen ein exquisites Drei-Gang-Menü kreieren und jeweils 110 Portionen auf die Teller bringen - und warm muss das Essen auch noch sein. Verspeist werden die Menüs gegen einen Obolus von den Besuchern der Internationalen Kochkunstschau. Viele der Tickets seien längst an Gourmets verkauft, weiß eine Sprecherin der Erfurter Messe.
Auf den Tisch bringen die Deutschen unter anderem Heilbutt in Heuasche gegart als Vorspeise, Lammhüfte mit sautierten Buchenpilzen sowie ein Dessert mit Blutorgangeneis und marinierten Vogelbeeren - angerichtet als Augenschmaus in kleinen, feinen Häppchen.
Wir verwenden dabei viele regionale Produkte, sagt Christian Haferkorn, der seinen Teamkollegen als Ersatzmann beisteht. Regionalität ist einer der Trends, dem sich auch andere Mannschaften widmen. Für das Wettbewerbsmenü werde unter anderem eine Gemüsezüchtung aus Rot- und Rosenkohl sowie Weidelamm aus Brandenburg eingesetzt. Die größte Konkurrenz sieht Haferkorn, sonst Chef einer Hotelküche, im Norden Europas. Alle skandinavischen Mannschaften sind stark. Nicht nur Schweden und Norwegen, auch Finnland.
Dem Zufall wird bei dem Kochspektakel wenig überlassen - viele Mannschaften haben nicht nur Gewürze, sondern auch frische Fische und regionale Fleischspezialitäten einfliegen lassen. Insgesamt würden an den vier Wettkampftagen etwa eine Tonne Fleisch, 1,2 Tonnen Fisch und 4,6 Tonnen Gemüse verarbeitet, so die Sprecherin vom Verband der Köche Deutschlands, Jennifer Zimmermann.
Die Kocholympiade, die ihren Ursprung 1900 in Frankfurt am Main hat, gilt als Ereignis der Superlative. Zu den Wettbewerben werden mehr als 2000 Köche und Patissiers erwartet. Spektakulär sind nicht nur die Menüs, sondern auch manche Schaustücke der Zuckerbäcker.
Zu den am meisten fotografierten gehörte am ersten Wettkampftag ein Zuckerwerk aus der Türkei: Es stellt Bundeskanzlerin Angela Merkel in blauer Jacke dar. Andere Teams verbinden mit ihren süßen, essbaren Kunstwerken sogar Botschaften: Die Schweden kreierten aus Zucker eine Weltkugel mit Eisbergen und Eisbären - bedroht von Ölförderanlagen.