1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Karikatur ist von Meinungsfreiheit gedeckt

Pressekodex Karikatur ist von Meinungsfreiheit gedeckt

Eine Karikatur von Dieter Hanitzsch über den Eurovision Song Contest sorgte für Empörung, Beschwerden - und eine Entlassung.

Von Peter Wendt 18.06.2018, 07:11

Nach dem Sieg der israelischen Sängerin Netta beim „Eurovision Song Contest” (ESC) veröffentlichte die „Süddeutsche Zeitung“ eine Karikatur, die den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zeigt, der sich freut, „Nächstes Jahr in Jerusalem“ den ESC ausrichten zu dürfen. Dieter Hanitzsch, langjähriger Karikaturist der Zeitung, hatte den israelischen Regierungschef im Gewand der ESC-Gewinnerin dargestellt. In der Karikatur hält Netanjahu eine Rakete in der Hand, die mit einem Davidstern gekennzeichnet ist.

Empörung brach sich Bahn. Die Zeitung sah sich heftig Antisemitismus-Vorwürfen ausgesetzt. Das Bild hätte auch aus der nationalsozialistischen Zeitung „Der Stürmer“ stammen können, kritisierten Twitter-Nutzer. Auch das Berliner Büro der US-Nichtregierungsorganisation „American Jewish Committee“ meinte, die Karikatur vermittele antisemitische Feindbilder.

Beim Deutschen Presserat gingen acht Beschwerden über die Karikatur ein, mit denen dieser sich in der vergangenen Woche befasste. Das Gremium der freiwilligen Selbstkontrolle der Presse kam dabei zu dem Urteil, die Netanjahu-Karikatur in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 15. Mai verstoße nicht gegen den Pressekodex. „Die Grenze zur Diskriminierung von Juden nach Ziffer 12 Pressekodex ist nicht überschritten“, entschied der Beschwerdeausschuss mehrheitlich. „Die Gesichtszüge des israelischen Premierministers sind zwar überzeichnet, im Rahmen der Meinungsfreiheit ist dies aber zulässig“, so der Presserat in seiner Mitteilung.

Daraus geht auch hervor, dass man sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Die Karikatur sei im zuständigen Ausschuss gründlich erörtert worden. „Einige Mitglieder kritisierten eine stereotype Bildsprache und hielten die Beschwerden für begründet.“ Insbesondere die „Rolle des Davidsterns als religiöses und auch staatliches Symbol“ sei im Ausschuss unterschiedlich bewertet worden.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte sich übrigens zeitnah von ihrem Karikaturisten Dieter Hanitzsch getrennt.