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Keine Reiterhof-Romantik: Pferdewirt ist ein Knochenjob

Vor allem Mädchen träumen davon: Ein Beruf, bei dem sie den ganzen Tag mit Pferden arbeiten können. Doch der Job des Pferdewirts ist nichts für Zartbesaitete - man braucht Willenskraft und Durchhaltevermögen.

Von Verena Wolff, dpa 11.04.2016, 04:00

Brunnthal (dpa/tmn) - Sophia Mann hat ihr liebstes Hobby zum Beruf gemacht: Die 22-Jährige hat sich auf Gut Riedhausen vor den Toren Münchens zur Pferdewirtin ausbilden lassen. Ich habe immer ein eigenes Pferd gehabt und reite, seit ich ein kleines Mädchen war.

Durch einen Zufall ist Sophia Mann auf den Hof von Ulrich Rasch in Brunnthal gekommen. Dort habe ich vorgeritten und dann den Ausbildungsvertrag unterschrieben. So einfach geht das allerdings nicht immer, wie ihr Ausbilder erzählt. Man muss einigermaßen routiniert reiten können, um die Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Und: Die Ausbildung zum Pferdewirt in einer der fünf Fachrichtungen ist deutlich weniger romantisch, als sich das vor allem junge Frauen oft vorstellen. Das ist harte körperliche Arbeit, bei jedem Wetter, sagt Rasch.

Außerdem gibt es bei der Pflege von Tieren keine feste Arbeitszeit: Wenn ein Pferd krank ist, Betreuung oder Pflege braucht, kann ich nicht nach Hause gehen, sagt Mann. Die Arbeit erfordere viel Disziplin und Willensstärke. Und das bei vergleichsweise geringer Vergütung: Im Schnitt verdienen die Auszubildenden im ersten Lehrjahr 621 Euro, im zweiten 669 und im dritten 725 Euro in den alten Bundesländern, in den neuen sind es rund 70 Euro weniger, sagt Markus Bretschneider vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Es kann im Einzelfall aber auch deutlich weniger sein.

Rasch und Markus Scharmann, Ausbildungsexperte bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf, raten jungen Leuten, ein Praktikum in einem Ausbildungsbetrieb zu machen, ehe sie sich für die Lehre entscheiden. Gerade in den ersten Monaten stellt sich heraus, dass das Leben eines Pferdewirtes nicht mit dem Hobby Pferdesport zu vergleichen ist, sagt Scharmann. Vor Beginn der Ausbildung müssen sich die jungen Leute für eine der fünf Fachrichtungen entscheiden: Klassische Reitausbildung, Pferdehaltung und Service, Pferdezucht, Pferderennen oder Spezialreitweisen. Ausgebildet wird etwa auf Reiterhöfen, in Gestüten und landwirtschaftlichen Betrieben.

Zur Ausbildung gehört es, Pferde zu pflegen und zu füttern. Auch Themen wie Züchtung, Weidemanagement, Gesundheitsmanagement oder Betriebsführung stehen auf dem Ausbildungsplan. Zwar gibt es keine formellen Zugangsvoraussetzungen, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Auf folgende Punkte werden Ausbilder jedoch häufig achten: Schulbildung, Sportlichkeit, Belastbarkeit, Teamfähigkeit, Vorerfahrungen und allgemeiner Umgang mit dem Pferd, sagt Scharmann.

Die jungen Leute können nach erfolgreicher Prüfung in Reitschulen, Pensionsbetrieben, Ausbildungs- und Turnierställen, Zuchtbetrieben oder Rennställen arbeiten. Weil es für Pferdewirte oft keine verbindlichen Tarifverträge gibt, erstellt die Bundesvereinigung der Berufsreiter regelmäßig Gehaltsempfehlungen. Demnach sollte ein ausgelernter Pferdewirt, abhängig von verschiedenen Bedingungen, zwischen 1598 und 2630 Euro pro Monat verdienen.

Doch sie haben noch mehr Möglichkeiten: Pferdewirtschaftsmeister mit einer Ausbildung in Deutschland werden in der ganzen Welt gesucht, sagt Rasch. Das weiß auch Sophia Mann. Ich möchte eine Weltreise machen - und an den Orten, an die ich gehe, mit Pferden arbeiten.

Gehaltsempfehlungen der Bundesvereinigung der Berufsreiter (PDF)

Deutsche Reiterliche Vereinigung

Beispielhafter Lehrplan in Nordrhein-Westfalen

Pferdewirt - Pferdehaltung und Service

Pferdewirt - Klassische Reitausbildung

Pferdewirt - Pferderennen

Pferdewirt - Pferdezucht

Pferdewirt - Spezialreitwesen

Pferde pflegen, füttern und reiten: Sophia Mann hat einen Job, um den sie viele beneiden. Sie arbeitet als Pferdewirtin auf Gut Riedhausen in Brunnthal bei München. Foto: Tobias Hase
Pferde pflegen, füttern und reiten: Sophia Mann hat einen Job, um den sie viele beneiden. Sie arbeitet als Pferdewirtin auf Gut Riedhausen in Brunnthal bei München. Foto: Tobias Hase
dpa-tmn
Rauf mit dem Sattel: Sophia Mann unterstützt als Pferdewirtin die Kunden auf dem Hof, die ihr Pferd dort stehen haben. Häufige Arbeit am späten Nachmittag und am Wochenende gehört in ihrem Job dazu. Foto: Tobias Hase
Rauf mit dem Sattel: Sophia Mann unterstützt als Pferdewirtin die Kunden auf dem Hof, die ihr Pferd dort stehen haben. Häufige Arbeit am späten Nachmittag und am Wochenende gehört in ihrem Job dazu. Foto: Tobias Hase
dpa-tmn
Pferde putzen ist nur eine der zahlreichen Aufgaben von Pferdewirtin Sophia Mann. Der Ausbildungsberuf wird in fünf Fachrichtungen angeboten - darunter etwa Pferdezucht oder Pferdehaltung. Foto: Tobias Hase
Pferde putzen ist nur eine der zahlreichen Aufgaben von Pferdewirtin Sophia Mann. Der Ausbildungsberuf wird in fünf Fachrichtungen angeboten - darunter etwa Pferdezucht oder Pferdehaltung. Foto: Tobias Hase
dpa-tmn
Spaß am Umgang mit den Kunden ist in dem Job ein Muss: Sophia Mann (r) gibt als Pferdewirtin auch Reitunterricht. Wichtig ist deshalb, kommunikativ zu sein. Foto: Tobias Hase
Spaß am Umgang mit den Kunden ist in dem Job ein Muss: Sophia Mann (r) gibt als Pferdewirtin auch Reitunterricht. Wichtig ist deshalb, kommunikativ zu sein. Foto: Tobias Hase
dpa-tmn
Weiß auch beim Bandagen wechseln, wie es geht: Als Pferdewirtin ist Sophia Mann Expertin für die Tiere. Foto: Tobias Hase
Weiß auch beim Bandagen wechseln, wie es geht: Als Pferdewirtin ist Sophia Mann Expertin für die Tiere. Foto: Tobias Hase
dpa-tmn
Die Zügel nicht zu locker lassen: Ausbilder Ulrich Rasch erklärt Pferdewirtin Sophia Mann (M), worauf sie beim Reitunterricht achten muss. Mann arbeitet auf Gut Riedhausen in Brunnthal bei München. Foto: Tobias Hase
Die Zügel nicht zu locker lassen: Ausbilder Ulrich Rasch erklärt Pferdewirtin Sophia Mann (M), worauf sie beim Reitunterricht achten muss. Mann arbeitet auf Gut Riedhausen in Brunnthal bei München. Foto: Tobias Hase
dpa-tmn