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Ärztliche Sprechstunden bieten Hilfe bei der Entscheidungsfindung / Gründliches Abwägen notwendig Prostatakrebs: Mehrere Therapien möglich

Von Uwe Seidenfaden 21.10.2011, 06:25

Wann welche Behandlung bei Prostatakrebs zur Anwendung kommt, will abgewogen werden. Hilfe bei der Entscheidungsfindung bieten interdisziplinäre Sprechstunden, in denen Mediziner des Magdeburger Uniklinikum Patienten beraten.

Magdeburg l Bis zu 60 000mal im Jahr stellen Ärzte in Deutschland die Diagnose Prostatakrebs. Für jeden Betroffenen stellt sich dann die grundsätzliche Frage, was tun? Welche Therapien ist im Einzelfall am besten geeignet? Fragt man zwei Experten, erhält man drei Ratschläge. So mancher Mann wird in der Vergangenheit leider diese Erfahrung gemacht haben.

Nicht so am Magdeburger Universitätsklinikum, wo der vor kurzem neuberufene Direktor der Klinik für Urologie, Prof. Dr. Martin Schostak, jetzt eine interdiziplinäre Patientensprechstunde für Männer mit Prostatakrebs eingerichtet hat. In ihr berät der Urologe zusammen mit dem Strahlentherapeuten Prof. Dr. Günther Gademann gemeinsam Patienten. Sich wiedersprechende Ratschläge werden dadurch vermieden.

Prinzipiell gibt es fünf Standardtherapien zur Behandlung des Prostatakarzinoms. "Die Operation ist die am längsten erforschte Therapie", so Prof. Schostak. Erfahrungen aus mehr als drei Jahrzehnten liegen darüber vor. Die Heilungschancen sind gut, wenn der Tumor die Organgrenzen (Kapsel der Prostata) noch nicht überschritten hat. "Wir empfehlen die Operation in erster Linie jüngeren Patienten im Alter zwischen etwa 40 und 60 Jahren. Befürchtete Nebenwirkungen wie unfreiwilliger Harnverlust, mangelhaftes Erektionsvermögen und dauerhafte Impotenz sind inzwischen selten. Vorteil der sogenannten radikalen Prostatektomie ist auch, dass die Nachsorge relativ einfach ist, weil der Tumormarker PSA (Prostataspezifisches Antigen) auf Null reduziert wird, argumentiert der Urologe.

Empfehlung für ältere Männer

Eine Alternative zur OP ist die Strahlentherapie von außen. Erfahrungen damit liegen über einen Zeitraum von rund 15 Jahren vor. Deshalb wird die Strahlentherapie eher einem älteren Mann empfohlen. Die Bestrahlung dauert nur wenige Minuten. Danach kann der Patient wieder nach Hause fahren.

Allerdings muss er über einen Zeitraum von mehreren Wochen immer wieder zur Behandlung kommen. Harnträufeln (Inkontinenz) kommt als Folge dieser Behandlung praktisch nicht vor, so Professor Gademann. Vorübergehende Nebenwirkungen wie Brennen beim Wasserlassen lassen sich mit Medikamenten behandeln.

Die innere Bestrahlung mit kleinen radioaktiven Kapseln, die unter Narkose in die Vorsteherdrüse eingestochen werden, wird selten durchgeführt und ist nur für sehr kleine Tumoren geeignet. Auch wenn ihre Wirksamkeit nicht angezweifelt wird, werden die Kosten derzeit nicht von den Krankenkassen übernommen.

In bestimmten Fällen kann es ratsam sein, erst einmal nicht zu behandeln und abzuwarten. "Ein solches abwartendes Vorgehen kann zum Beispiel bei Patienten angemessen sein, die einen sehr langsam wachsenden Tumor, ein hohes Alters oder schwere Begleiterkrankungen haben", so Prof. Schostak. Die größte Gefahr besteht darin, dass der Tumor die Prostatakapsel durchbricht und Tochtergeschwülste in anderen Organen ausbildet. Umso wichtiger ist es für die Patienten, dass ihr PSA-Wert regelmäßig kontrolliert wird. Seit wenigen Jahren ist auch möglich, die Tumorzellen durch Hitze beziehungsweise extreme Kälte zu zerstören.

Eine Sonde wird eingeführt

Eine dieser Methoden ist die sogenannte HIFU-Therapie. Dabei werden die Ultraschallwellen einer in den Enddarm eingeführten Sonde auf einen kleinen Brennpunkt in der Prostata fokussiert. Dort wird die Energie in Hitze umgewandelt und der Krebs bei Temperaturen von rund 90 Grad Celsius zerstört. "Die mit dieser Therapie in den letzten acht Jahren gesammelten Erfahrungen sind sehr gut", so Schostak. Die Methode ist nebenwirkungsarm und eignet sich insbesondere für ältere Patienten mit einem Tumor, der auf die Prostatakapsel begrenzt ist. Empfohlen wird die HIFU-Behandlung aber auch Männern, deren Tumor nach einer Strahlentherapie wiederkehrt (Rezidiv). Bislang werden die meisten dann mit Medikamenten behandelt, die das männliche Geschlechtshormon im ganzen Körper unterdrücken. Diese Behandlung hat viele Nebenwirkungen, wie schmerzhafter Knochenschwund (Osteoporose), Hitzewallungen und allgemeines Unwohlsein. "Die HIFU-Therapie kann für manchen dieser Betroffenen die bessere Alternative", so Prof. Schostak.