Turnier in Bremen Quidditch-Meisterschaft: Kämpfen wie Harry Potter
Eine Mischung aus Handball, Völkerball, Rugby und der Harry-Potter-Welt erobert die Sportplätze in Deutschland: Quidditch. Am Wochenende wird in Bremen ein großes Turnier ausgetragen: Die Deutschen Quidditchspiele. Besen dürfen dabei nie losgelassen werden.
Bremen (dpa) - "Brooms up in einer Minute!" ruft die Trainerin - das heißt "Besen hoch in einer Minute". Die Spieler zupfen noch mal die Stirnbänder zurecht, gehen in die Starthocke und greifen nach ihren Besen.
Kaum im Spiel, schert sich kein Quidditch-Spieler der "Portkeys Bremen" mehr um den pfeifenden Herbstwind und die schlammigen Klamotten. Die von den Harry-Potter-Romanen inspirierte Sportart findet zunehmend Anhänger in Deutschland.
"Quidditch ist eine Verschmelzung von Handball, Völkerball und Rugby", sagt Portkey-Spieler Florian Fabozzi. Auf dem ovalen Spielfeld stehen sich bis zu sieben Spieler gegenüber, die Teams sind grundsätzlich gemischt. Alle haben einen stilisierten Besenstiel aus PVC zwischen den Beinen, der nie losgelassen werden darf. "Die Koordination ist das größte Problem für Anfänger", sagt Fabozzi. "Irgendwann wächst der Besen wie ein weiterer Körperteil an. Als geübter Spieler kann man den Besen auch freihändig halten."
Anstatt auf Tore zielen die Sportler mit dem "Quaffel" genannten Ball auf Ringe. Der Quaffel ist nichts anders als ein nicht ganz aufgepumpter Volleyball. In der 18. Minute kommt außerdem der "Schnatz" ins Spiel, ein in einer Socke steckender Tennisball, der gejagt wird. Ist der Schnatz erobert, ist das Spiel beendet - sofern es keinen Punktgleichstand gibt. Dann geht es in die Verlängerung.
Die Quidditch-Bewegung begann 2005 in den Vereinigten Staaten. Mittlerweile gibt es Ligen, Verbände, Nationalmannschaften und internationale Regeln. "Wir himmeln nicht Fantasyfiguren hinterher", stellt Fabozzi klar. Der Sport habe inzwischen losgelöst von Harry Potter seinen Platz gefunden.
Spieler können wie beim Völkerball mit Gummibällen abgeworfen werden, dann müssen sie eine Weile das Feld verlassen. Wer gerade den Quaffel hat, darf zudem umklammert und zu Fall gebracht werden. "Man darf nicht zimperlich sein, wenn man das spielt", sagt Fabozzi. Ausgiebiges Falltraining soll die Verletzungsgefahr minimieren.
Die Portkeys sind seit Mai eine Sparte des 2300 Mitglieder starken Vereins ATS Buntentor in Bremen. Sie trainieren zwei Mal in der Woche. In jeder Mannschaft gibt es Hüter, Treiber, Jäger und Sucher, die jeweilige Position ist an der Stirnbandfarbe erkennbar. Arne Otterstedt stieß im April zu den Portkeys. "Ich fand die Idee einfach witzig. Dann hab ich es ausprobiert und fand es interessant." Schimpfwörter sind auf dem Platz übrigens verpönt und werden vom Schiedsrichter geahndet.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) fällt kein Urteil über die neue Sportart. "Sport ist ja eine Graswurzelbewegung", sagt Sprecher Michael Schirp. "Der DOSB ist nicht der Schiedsrichter in Sachen Sportdefinition in Deutschland, so eine Rolle haben wir nicht." Entscheidend sei vielmehr die gesellschaftliche Wahrnehmung und Anerkennung. Potenzial für Quidditch sieht Schirp schon. "Der Versuch, ein derartiges Spiel breit aufzustellen, der hat natürlich den Bekanntheitsgrad der Filme und Bücher im Rücken."
Seit der Saison 2016/17 messen sich deutsche Clubs in sechs Regionalligen, die Portkeys spielen gegen Clubs aus Hannover, Braunschweig und Hamburg. Fast 30 Mannschaften sind Vollmitglieder im Deutschen Quidditch-Bund, hinzu kommen rund 15 Teams im Aufbau. Kinder und Jugendliche von 9 bis 15 spielen übrigens eine eigene Variante: das Kidditch. Es ist weniger körperbetont.