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Musikerbe in den USA Der Presley- und der Country-Sound: Musik-Trip in Tennessee

Den US-Bundesstaat verbindet man mit vielen Größen der Musikindustrie. Und viele reüssierten auf der Bühne der Grand Ole Opry, die dieses Jahr 100 wird. Tour von Nashville über Memphis nach Knoxville.

Von Verena Wolff, dpa 23.07.2025, 00:05
Großer Moment: Das Duo „Johnnyswim“ darf auf der Grand Ole Opry in Nashville spielen.
Großer Moment: Das Duo „Johnnyswim“ darf auf der Grand Ole Opry in Nashville spielen. Verena Wolff/dpa-tmn

Nashville - Der Herzschlag von Amanda Sudano und Abner Ramirez ist förmlich zu hören, zumindest zu spüren. Auch noch auf den Holzbänken in der Reihe L, in deutlicher Entfernung zur Bühne der Grand Ole Opry in Nashville, wo die beiden als Duo „Johnnyswim“ Premiere feiern.

Ein großer Moment sei das für alle Künstler, sagt Michael Parham ein paar Stunden vor der Show. Das Konzerthaus sei der Countrymusik gewidmet, so der Guide beim Rundgang, bei dem man auch durch die Hälften des schwarzen Vorhangs auf die Bühne schlüpft, die schon so viele Stars gesehen haben: Dolly Parton, Johnny Cash, Garth Brooks, Trisha Yearwood – das Who's who der amerikanischen Countrymusik.

Seit fast 50 Jahren geben sich die Künstler in diesem Bau ein paar Meilen nordwestlich von Nashville, der rund 4.400 Plätze für Besucher hat, die Klinke in die Hand. In dem Gebäude, dessen Name synonym ist mit der Radiosendung, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert: die Grand Ole Opry. Eine der ältesten regelmäßigen Radiosendungen der Welt, und die wohl älteste noch bestehende - ausgestrahlt wird sie wöchentlich am Samstagabend. Bis heute.

Natürlich ist sie auch über das Internet zu hören und inzwischen per Streaming, Facebook und YouTube auch zu sehen. Aber wenn um 19 Uhr das rote Licht im Saal angeht - „On Air“ -, dann hören Millionen Countrymusik-Fans einfach nur zu. Auch „Johnnyswim“. Jetzt haben sie es selbst auf die Bühne geschafft.

Wurzeln in der Versicherungsbranche

Angefangen hat alles am 28. November 1925 in Nashville. Ein Versicherungsunternehmen namens WSM rief die Show ins Leben. „The Barn Dance“ hieß sie in den ersten zwei Jahren, so wie die Tänze in den Scheunen, die für die Landwirte in der Region wichtig für die freizeitliche Zerstreuung waren.

Warum WSM ins noch junge Medium Radio wollte? „In erster Linie, um Versicherungen zu verkaufen“, sagt Parham. Countrymusik war populär in den Südstaaten der USA, sie erzählt die Geschichten der einfachen Leute. Also stellte man zwischen der Werbung Musiker auf die Bühne. „Die Sendung wurde so weit ausgestrahlt, wie es Empfang gab.“ 

Der erste Ansager der Show hieß George D. Hay, und eines Abends im Jahr 1927 war er es, der nach einer Übertragung einer NBC-Sendung mit klassischer Musik scherzte, nach so viel Oper sei nun aus Nashville die Grand Ole Opry zu hören. Der Name blieb, die Sendung wurde in den ersten Jahren aus Räumen der Versicherung ausgestrahlt.

1943 zog sie um, ins Ryman Auditorium in Downtown Nashville. Diese Spielstätte trägt heute Spitznamen wie die „Mutterkirche der Countrymusik“ oder in Anlehnung an das berühmte Konzerthaus in Manhattan „Carnegie Hall des Südens“. 1892 war sie als „Union Gospel Tabernacle“ eröffnet worden, mit sagenhaften 2.400 Sitzplätzen.

Die heutige Grand Ole Opry, abermals umgezogen, ist eine Location außerhalb von Nashville, und die bekannte Radioshow ist nicht nur Show, sondern auch eine Gemeinschaft: Unter den 144 bislang aufgenommenen Mitgliedern sind so klingende Namen wie Dolly Parton, Garth Brooks, Reba McEntire und Trisha Yearwood. Oder Johnny Cash, dem in Nashville ein eigenes Museum gewidmet ist.

Über die Aufnahme in die Grand Ole Opry entscheidet das Management, das die Künstler in den laufenden Shows fragt, ob sie „member“ werden wollen – die dann erst mal Freudentränen trocknen müssen. Denn wer dabei ist, darf sich zur Country-Elite zählen. 

Elvis’ Premiere war ein Reinfall

1953, noch im Ryman, schickte sich ein Teenager mit schwarzen Haaren und langen Koteletten aus Memphis an, auf der Opry-Bühne Geschichte zu schreiben: Elvis Presley. Doch die Opry war der falsche Ort für den späteren „King of Rock 'n' Roll“, der viele Talente hatte – aber nicht das zum Countrysänger. Seine einzige Opry-Darbietung, „Moon over Kentucky“, wurde nur mit lauwarmem Applaus belohnt.

In Nashville war er trotzdem Stammgast, denn in der sogenannten Music Row waren schon in den 1950er- und 1960er-Jahren zahlreiche Plattenlabels mit ihren Studios. Presley hatte seine ersten Schallplatten bei Sun Records in Memphis aufgenommen, bei Sam Phillips, der als sein Entdecker gilt. Und sogar er war zunächst kein großer Fan, wie Josh Shaw erzählt, der durch die Studios an der Ecke Union und Marshall Avenue in Memphis führt.

Im Erdgeschoss ist das Aufnahmestudio noch zu sehen, in dem Elvis Presley, Johnny Cash und Jerry Lee Lewis ihre Platten einspielten. Elvis hatte seine erste Aufnahme selbst bezahlt – und als „That’s All Right“ dann im Radio gespielt wurde, liefen Telefon und Telegrafen heiß.

Nach etwa 20 Aufnahmen im Sun Studio war Schluss, Elvis war inzwischen sehr bekannt – das Label von Sam Philipps zu klein, um auch bei Marketing und Vertrieb mitzuhalten. Also verkaufte Philipps den Vertrag mit dem jungen Rock 'n' Roller an RCA Records, ein größeres Unternehmen mit Studios in Nashville.

Besucher können sich das historische RCA-Studio B in der Music Row anschauen, Touren gehen von der Country Music Hall of Fame los. Hier wird aufgezeigt, wo die Countrymusik ihren Anfang nahm – nämlich bei den ersten Siedlern aus der Alten Welt, die ihre Instrumente mitbrachten: Geigen und Gitarren. Und wie die Musik über die Scheunentänze ins Radio kam – und in die Opry.

Auch in Knoxville spielt die Musik

Wer Tennessee auf musikalischen Spuren durchqueren will, kommt von Memphis im äußersten Westen über Nashville bis Knoxville. Einst Hauptstadt unweit der Great Smoky Mountains im Osten, ist Knoxville Heimat eines der ersten Symphonieorchester in den Südstaaten. Auch für Countrylegenden wie Roy Acuff, Chet Atkins, Flatt and Scruggs und Dolly Parton war es schon Spielort.

Bis heute haben sich vor allem entlang der Gay Street zahlreiche alte Gebäude gehalten, die Besucher spüren lassen, wie es dort gewesen sein muss, vor hundert und mehr Jahren. Das Tennessee Theatre war zwischenzeitlich ein Kino, untergebracht im Burwell Building mit zehn Etagen – es galt als erster Wolkenkratzer der Stadt. Ebenfalls auf der Gay Street ist das Bijou Theatre, das 1801 als Lamar House gebaut wurde, zunächst als Hotel. Beide Spielstätten bringen regelmäßig Musik und Theater auf die Bühne.

Im Knoxville Visitors Center wird sogar jeden Mittag das „Blue Plate Special“ aufgetischt, eine Radiosendung mit Live-Musik - Blues, Bluegrass, Country oder Folk, ausgestrahlt von Montag bis Samstag um 12 Uhr. Nur am Freitag wird live aus „Barley’s Taproom & Pizzeria“ auf der anderen Seite der Gleise gesendet. Aber die Musik, die spielt in Knoxville, Memphis oder Nashville ohnehin überall.

Links, Tipps, Praktisches:

Reiseziel: Tennessee im Südosten der USA zählt zu den Südstaaten. Nashville („Music City“) liegt im Norden, Memphis im Südwesten, Knoxville im Osten.

Musik: Während in Nashville Schwerpunkt die Countrymusik ist, gilt Memphis mit der Beale Street als Heimat von Blues und Rock 'n' Roll. Im „Club Handy“ begann B. B. King seine Karriere. Elvis-Fans können die Villa Graceland besuchen, in der er lebte. In ganz Tennessee wird in vielen Bars Live-Musik gespielt, oft schon ab mittags.

Anreise: Memphis und Nashville sind von Deutschland aus nur per Umsteigeverbindung zu erreichen – über die großen Ostküsten-Flughäfen, Chicago oder Houston. Knoxville hat einen kleinen Flughafen mit einer begrenzten Anzahl an Verbindungen.

Reisezeit: Frühjahr und Herbst sind die schönsten Reisezeiten in Tennessee, im Sommer kann es sehr warm und feucht sein.

Unterkunft: In den Städten gibt es Unterkünfte aller Kategorien, an den Highways Motels. Wenn große Musik- oder Sportveranstaltungen anstehen, sollte frühzeitig reserviert werden.

Die Radioshow: Karten für die Opry und Touren im Haus kann man über die Webseite opry.com buchen. Die Radio-Liveshows sind ein ganz normales Konzert, durch das eine Moderatorin führt, die den Musikern zwischendurch Fragen stellt.

Weiterführende Informationen: visitmusiccity.com; memphistravel.com; visitknoxville.com