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Geteilte Tickets Lohnt sich Ticket-Splitting beim Bahnfahren?

62 Euro weniger zahlen, in dem man eine Verbindung aufteilt: Das klingt attraktiv. Doch es gibt auch einen gewichtigen Nachteil.

Von Tom Nebe, dpa 10.10.2025, 00:05
Zwei Tickets für einen Zug: Auch eine durchgängige Verbindung kann man theoretisch in separate Buchungen aufteilen.
Zwei Tickets für einen Zug: Auch eine durchgängige Verbindung kann man theoretisch in separate Buchungen aufteilen. Carsten Koall/dpa

Berlin - Beim Bahnfahren sparen, indem man eine Strecke in Einzelbuchungen aufteilt: Dieser Spartipp kursiert im Netz, befeuert durch den Medieninformatiker Lukas Weihrauch, der mit Betterbahn ein Tool entwickelt hat, das günstige Split-Tickets auffindbar macht.

Denn auf der Website der Deutschen Bahn und über deren Navigator-App werden in aller Regel nur durchgängige Tickets für gesuchte Verbindungen angeboten, keine Optionen für aufgeteilte Fahrscheine.

In einem viel geklickten YouTube-Video zeigt Weihrauch ein Beispiel, in dem das ein Nachteil für Bahnkunden ist: für eine Fahrt von Magdeburg nach Oldenburg in einem IC. Ein Ticket für diese Strecke lag bei seiner Suche über die Bahn-Website bei 85,90 Euro.

Buchte er indes die Strecken Magdeburg-Bremen und Bremen-Oldenburg einzeln, jeweils für denselben IC, bezahlte er zusammengerechnet nur rund 23,50 Euro. Eine kräftige Ersparnis von mehr als 62 Euro. Und dafür musste er nicht mal umsteigen, da der Zug ja direkt fuhr.

So kam ihm die Idee für sein Tool. Der Spiegel berichtete darüber, das Thema schlug daraufhin hohe Wellen. Doch lohnt sich das Ticket-Splitting wirklich und gibt es da nicht einen Haken? Jein und Ja, lauten die Antworten.

Stichprobe: Bei Mehrheit der Verbindungen lohnt es nicht

Ob es sich lohnt, das hat sich die Stiftung Warentest kürzlich genauer angeschaut. Bei ihrer Auswertung für zehn Verbindungen mit mehreren Split-Optionen zu drei Buchungszeiten kam heraus: Nur bei sieben davon seien zwei separate Tickets güns­tiger gewesen als ein Komplett­ticket - und jeweils nur um wenige Euro. In 23 von 30 Fällen war die Buchung der kompletten Strecke auf einer Fahrkarte stets güns­tiger, Split-Tickets indes mitunter doppelt so teuer.

Das längst nicht immer viel zu sparen ist, sagt auch Weihrauch in einem seiner Videos auf YouTube: „Es lässt sich auch nicht bei jeder Verbindung Unmengen an Geld sparen.“ Manchmal seien es auch nur ein paar Euro und dann müsse man das Ganze stark gegen die bestehenden Risiken abwägen.

Fahrgastrechte sind eingeschränkt

Der Haken an geteilten Tickets sind vor allem weniger Rechte im Fall von Verspätungen und Zugausfällen. Denn man schließt keinen durchgängigen Beförderungsvertrag mit der Bahn ab, wenn man zwei separate Tickets kauft, wie Weihrauch deutlich macht.

Gerade bei Umsteigeverbindungen kann das zum Problem werden: Hat der erste Zug Verspätung und verpasst man den zweiten Zug deshalb, muss man das Ticket für den zweiten Zug gegebenenfalls teuer neu kaufen. Bei einem Komplettticket für die Gesamtstrecke könnte man einfach kostenlos den nächstmöglichen Zug nehmen. Und wenn es die letzte Verbindung des Tages war, die man verpasst hat, könnte man sich dann auf Bahnkosten ein Hotelzimmer nehmen oder je nach Distanz ein Taxi für die Weiterfahrt zum Endziel – bei einzeln gekauften Tickets hingegen nicht.

„Dass die Bahngastrechte eingeschränkt sind, wenn man keine Durchgangsfahrkarte, sondern Einzeltickets kauft, haben viele Reisende nicht auf dem Schirm“, sagt Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum.

Gerade auch bei Verbindungen durch mehrere Länder mit verschiedenen Bahngesellschaften sei das immer wieder ein Problem – denn Reisende, die auf einer Plattform wie Trainline buchen, übersehen laut Wojtal mitunter in den Buchungsdetails, wenn sie mehrere Tickets für Teilstrecken erhalten statt einer einzigen durchgehenden Fahrkarte. Sie haben in dem Fall quasi unbewusst ein Ticket-Splitting in Kauf genommen.

Wie sich Split-Tickets finden lassen

Bei Weyrauchs Tool geht es aber um die bewusste Suche nach günstigeren Split-Tickets. Doch von dem Gedanken, neben durchgängigen Tickets auch möglicherweise preislich attraktivere geteilte Fahrkartenoptionen für eine Verbindung anzuzeigen, ist die Deutsche Bahn nicht angetan: Man wolle dem Kunden immer ein durchgängiges Ticket zu einem möglichst günstigen Preis anbieten, teilt eine Sprecherin mit. Und verweist dabei auch auf die dann vollumfänglichen Fahrgastrechte.

Dass es auch anders geht, zeigt etwa die britische National Rail, die das Aufsplitten der Tickets für bestimmte Verbindungen explizit ermöglicht und auch auf ein mögliches Sparpotenzial hinweist. 

Wer in Deutschland vergleichen will, ob sich das Aufteilen von Fahrstrecken lohnt, muss fragliche Teilabschnitte selbst recherchieren und dann händisch in der App oder auf der Website der Bahn eingeben und nachprüfen: Etwa, ob es günstiger ist, direkt von Köln nach Berlin zu fahren, oder zwei Verbindungen zu buchen - von Köln nach Hamm und dann von Hamm nach Berlin zum Beispiel.

Und Weihrauchs Entwicklung Betterbahn? Sie checkt so etwas automatisch, doch für die Installation muss man technikaffin sein, denn der Entwickler stellt die Anwendung bislang nur als Quellcode auf der Plattform Github zur Verfügung. Sie selbst als offiziell nutzbare App ins Internet zu stellen, das ist ihm zu heikel. Denn dafür bräuchte es Weihrauch zufolge die Erlaubnis der Bahn und da wolle er kein Risiko eingehen.

Angefragt habe er wegen der Erlaubnis schon, aber er habe noch keine richtige Rückmeldung von der Bahn erhalten, schreibt er auf Nachfrage der dpa. Lediglich eine Bestätigung, dass die Anfrage eingegangen sei, habe er erhalten. Und dass man sich nach interner Klärung in Zukunft wieder melden werde.

Die Bahn hält nicht viel von Split-Tickets

Dass es eine Erlaubnis geben wird, scheint aber unwahrscheinlich: Man sei offen für neue Kooperationen, so die Bahn-Sprecherin. Wichtig sei aber, dass die Vertriebspartner dabei das DB-eigene Vertriebsnetz ergänzen oder erweitern. „Das trifft auf mögliche Split-Ticketing-Apps nicht zu.“

Doch würde es nicht Sinn ergeben, wenn Bahnkunden wüssten, falls sie mit geteilten Tickets von Magdeburg nach Oldenburg auch für 23,50 Euro statt für fast 90 Euro fahren könnten?

Die Bahn liefert zu solchen Beispielen eine ausführlichere Erklärung: So hänge der Preis für eine Fahrt im Fernverkehr – vor allem bei den Sparpreisen –maßgeblich von der Nachfrage ab. „Wenn sehr starke Nachfrageschwankungen auf einzelnen, kurzen Reiseabschnitten auftreten, kann es zu leichten Preisabweichungen kommen, wenn Sparpreise gesplittet werden.“

Dies seien jedoch Einzelfälle, die sich im Bereich weniger Euro bewegen, so die Sprecherin. Eine Ausnahme stellten hier Fernverkehrszüge auf wenigen Abschnitten dar, bei denen Nahverkehrstickets anerkannt werden. „Das ist in dem von Herrn Weihrauch genannten Beispiel der Fall.“ In dem Statement versichert sie: Man entwickle das Preissystem stetig weiter, so dass auch solche Einzelfälle immer seltener auftreten werden.

Ob das passieren wird? Entwickler Weihrauch jedenfalls hofft mit seinem Projekt auf mehr Transparenz. Ein Ziel sei es, das Preissystem dahinter zu verstehen, um dann gezielter die Verbindungen hervorzuheben, bei dem Split-Ticketing funktioniert. Und wo sich wirklich so viel sparen lässt, dass es sich lohnt, über die Risiken hinwegzusehen.