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Ärzte-Tagung: Vereinfachte Bestimmung von Hormonwerten hat Vorteile für junge Frauen Schneller zur Erfüllung des Babywunsches

Von Uwe Seidenfaden 16.03.2012, 04:09

Schwangerschaften sind dank medizinischer Fortschritte planbar geworden. Der aktuelle Stand des Wissens ist am Sonnabend ein wichtiges Thema auf einer Fortbildungsveranstaltung der Universitätsklinik für Reproduktionsmedizin für Gynäkologen aus Sachsen-Anhalt.

Magdeburg l Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, sich den Kinderwunsch zu erfüllen? Bei der Beantwortung dieser Frage sehen sich viele junge Frauen im Spagat zwischen beruflicher Selbstverwirklichung, der Suche nach dem passenden Traummann und dem unerbittlichen Ticken der biologischen Uhr.

"Statistisch hat jede zehnte Frau im Alter von 45 Jahren schon keine Regelblutung mehr", sagt Professor Jürgen Kleinstein, Direktor der Magdeburger Universitätsklinik für Reproduktionsmedizin und Organisator der Fortbildungsveranstaltung. Für Frauen ist das ein untrügliches Zeichen für das Ende der Fruchtbarkeit. Was viele aber nicht wissen: Die Eizellreserve, und damit die Chance auf eine natürlich eintretende Schwangerschaft, nimmt schon über ein Jahrzehnt früher deutlich ab.

Die Bestimmung von drei Werten ist ausreichend

Soweit die Statistik. Individuell gibt es aber große Unterschiede. Wer den Stand seiner biologischen Uhr kennen möchte, kommt um eine individuelle Hormonanalyse kaum herum. Bislang wurden dafür bis zu zwölf verschiedene Hormonwerte zyklusabhängig analysiert. Es konnte mehrere Wochen dauern, bis das Ergebnis endlich vorlag.

"Nach dem Stand unseres heutigen medizinischen Wissens ist die Bestimmung dutzender Hormonwerte eigentlich zu viel des guten", sagt Professor Kleinstein: "Die Bestimmung von nur drei Hormonwerten hat sich als meist ausreichend herausgestellt". Diese drei Hormone können unabhängig vom Zyklus aus einer Blutprobe bestimmt werden. Der Vorteil für die Frau ist, dass sie binnen weniger Tage nach der Blutentnahme weiß, woran sie ist. Worauf es ankommt, das sind drei Dinge. Erstens das schilddrüsenstimulierende Hormon TSH. Eine Schilddrüsenunterfunktion ist ein häufiger Grund für einen unerfüllten Kinderwunsch. Hinweise darauf liefert die Bestimmung des schilddrüsenstimulierenden Hormons TSH. Wenn notwendig, kann ein Hormonersatz die Chance auf eine Schwangerschaft erfüllen.

Zweitens das Stresshormon Prolaktin. Es unterdrückt den Eisprung. Normalerweise wird Prolaktin während der Stillzeit in der Hirnanhangsdrüse vermehrt gebildet. Zu hohe Prolaktin-Werte und eine grenzwertige Schilddrüsenunterfunktion hängen oftmals zusammen. In diesem Fall sind mögliche Ursachen wie starke körperliche oder seelische Belastungen (Stress) und Nebenwirkungen von Medikamenten abzuklären.

Drittens das Anti-Müller-Hormon AMH. Bei Frauen zeigt dieses Hormon die Aktivität der Eierstöcke an. "Der AMH-Spiegel liefert zyklusunabhängig einen Hinweis auf die Zahl reifungsfähiger Eizellen", so Professor Kleinstein. Die Werte müssen abhängig von Alter und dem Körpergewicht der Frau ausgewertet werden. Übergewicht und zu hoher AMH-Spiegel im fortgeschrittenen Alter sind die häufigsten Gründe für einen unerfüllten Kinderwunsch. Die Folge können Störungen der Eizellenreifung in den Eierstöcken sein - von Medizinern als POC-Syndrom bezeichnet.

Bislang erhielten fast alle übergewichtigen Frauen mit einem hohen AMH-Spiegel und Kinderwunsch Metformin - ein Medikament, das hauptsächlich im Rahmen einer Diabetes-Typ-2-Therapie eingesetzt wird.

Erfolge in der Kinderwunschbehandlung sind aber auch durch eine Umstellung der Ernährung und mehr körperliche Bewegung zu erzielen, so das Ergebnis neuer Magdeburger Studien (www.abcprogramm.de), deren Ergebnisse die Oberärztin Dr. Anke Brössner von der Universitätsklinik für Reproduktionsmedizin auf der Tagung vorstellt. Deshalb sei im Einzelfall zu überprüfen, ob die Chancen auf eine Schwangerschaft durch mehr körperliche Bewegung statt mit Metformin-Tabletten zu erreichen sind.

Kann der Kinderwunsch dennoch nicht auf natürlichem Wege erfüllt werden, stellt sich die Frage nach einer künstlichen Befruchtung. Statt die Embryonen schon nach zwei bis drei Tagen in die Gebärmutter zu übertragen, hat sich ein Abwarten bis zum fünften Tag als besser erwiesen. "Der Embryo ist weiter entwickelt und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Schwangerschaft größer", beschreibt Prof. Kleinstein die Vorteile des sogenannten Blastozystentransfers.

Die Universitätsklinik für Reproduktionsmedizin setzt das Verfahren vorwiegend dann ein, wenn nach einer ersten künstlichen Befruchtung keine Schwangerschaft eingetreten ist. Dafür spricht die überdurchschnittlich hohe Schwangerschaftsrate, so der Mediziner.