Wortwahl Schreiben über Menschen mit Behinderung
Einfach den Betroffenen fragen, dann findet sich auch die richtige Formulierung in der Berichterstattung über Menschen mit Behinderung.
Die Medien haben einen nicht unwesentlichen Einfluss darauf, wie die Gesellschaft Menschen mit Behinderung wahrnimmt und mit ihnen umgeht. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Für uns Journalisten bedeutet dies eine große Verantwortung.
Im Sinne der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft sind Berichte über Menschen mit Behinderung eigentlich Berichte wie über andere Menschen auch beziehungsweise sollten es sein. Doch gibt es, das ist einzugestehen, im Umgang mit Menschen mit Behinderung oft ziemliche Verunsicherung. Das geht häufig schon beim Sprachgebrauch los, wo sich typische Klischees und Fehler finden.
Ein Beispiel aus dieser Zeitung: In der Unterzeile über einem Artikel wurde einmal von „einer an den Rollstuhl gefesselten Frau“ gesprochen. Dies war zugegebenermaßen gedankenlos formuliert, worauf mich eine Leserin aus Tangerhütte zu Recht hinwies. „Ich bin eine Angehörige eines auf den Rollstuhl angewiesenen Jungen, der uns schon vor Jahren darauf aufmerksam machte, dass er doch gar nicht an seinen Rollstuhl gefesselt sei“, schrieb sie und schlug vor: „Falls Ihnen keine andere Formulierung einfällt, schreiben Sie doch einfach, dass es Menschen gibt, die auf den Rollstuhl angewiesen sind oder einen Rollstuhl brauchen beziehungsweise benötigen. Unsere deutsche Sprache bietet uns so viele Möglichkeiten.“
Wie heißt das richtig? Darf man das so sagen? Darüber diskutieren wir auch immer wieder mal in unserer Redaktionssitzung, wenn es um Berichte über Menschen mit Behinderung geht, über Themen wie Barrierefreiheit, Inklusion oder auch Behindertensport. Manchmal stellt sich auch die Frage: Ist die Behinderung da überhaupt ein Thema?
An der Fakultät Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund beschäftigt sich Professor Ingo Bosse mit dem Schwerpunkt „Behinderung und Medien“. „Als Faustregel“ für den Umgang mit Menschen mit Behinderung nennt er: „Einfach denjenigen selbst fragen! Denn er ist schließlich der Experte und wird sagen, was ihm recht ist.“