Urteil Studium mit Kind: Anspruch auf Unterhalt von Eltern möglich
Sich um seine Kinder kümmern, wenn man noch mitten im Studium steht: Wie packt man das finanziell? Unter Umständen kann man die Eltern zur Kasse bitten. Doch wovon hängt ab, wie viel einem zusteht?

Berlin - Viele Studierende müssen nebenbei arbeiten, um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren - eine nicht zu unterschätzende Doppelbelastung. Kommt dann noch ein besonderer Umstand hinzu, etwa eigene Kinder betreuen zu müssen, stoßen Betroffene schnell an ihre Grenzen.
Wie das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Urteil festgestellt hat, können in dieser Situation die Eltern des oder der Studierenden zu Unterhaltsleistungen herangezogen werden (AZ: 16 WF 45/24). Darauf weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.
In dem konkreten Fall hatte ein Mann sein Studium unterbrochen und Urlaubssemester genommen, um sich um seine zwei Kinder zu kümmern. Seine Lebensgefährtin studiert ebenfalls. Nachdem das Kindergeld für ihn ausgelaufen war, forderte er von seinen Eltern monatlich mindestens 930 Euro Unterhalt. Denn er sah einen Anspruch trotz Urlaubssemestern bestehen. Aufgrund der besonderen Umstände sei er nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft zu unterhalten.
Anspruch auf Unterhalt ja - aber nicht in voller Höhe
Weil der Mann seine Forderung damit begründen konnte, dass er derjenige sei, der die Kinder überwiegend betreue, war sein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe teilweise erfolgreich. Das Gericht stellte aber eine Einschränkung fest: Die Mutter der Kinder studiere zwar, hätte allerdings nur zwölf Wochenstunden und könne sich ihr hybrides Studium relativ flexibel einteilen.
Daher gingen die Richter davon aus, dass der Mann zumindest einem Minijob mit zehn Stunden in der Woche nachgehen, sich also teilweise selbst unterhalten könnte. Sein Anspruch auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern ergibt sich folglich, indem man die möglichen Einkünfte aus dem Minijob von seinem Bedarf von 930 Euro abzieht.
Kindesunterhalt: Bedarfe folgen Leitlinien
Der Bedarf von 930 Euro ist in diesem Fall nicht aus der Luft gegriffen, sondern entspricht allgemein anerkannten Leitlinien, an denen sich Gerichte orientieren. So können Ansprüche berechnet und Streitigkeiten geklärt werden. Für Kinder über 18, die bereits eine eigene Wohnung haben, legt man in der Regel einen Bedarf von monatlich 930 Euro zugrunde. Hat das Kind Einkünfte, werden die zur Berechnung des Unterhaltsanspruchs subtrahiert.
Laut dem Bundesministerium der Justiz ist Kindesunterhalt der wichtigste Bereich des Verwandtenunterhalts. Kinder haben generell Anspruch auf Unterhaltszahlungen ihrer Eltern, wenn sie bedürftig sind. Das trifft auf minderjährige Kinder zu, kann aber auch volljährige Kinder betreffen, wie der Fall zeigt.