Volksstimme-Telefonforum zum Thema Lungenkrebs Verzicht auf das Rauchen kann den Behandlungserfolg verbessern
Lungenkrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Männern und nach dem Brustkrebs der zweithäufigste Tumor bei Frauen. Über die Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie gaben gestern Fachärzte vom Magdeburger Universitätsklinikum in einem Volksstimme-Telefonforum Auskunft. Uwe Seidenfaden notierte einige Fragen und Antworten.
Frage : Können auch Nichtraucher an Lungenkrebs erkranken ?
Antwort : Es gibt verschiedene Risikofaktoren für die Entstehung von Lungenkrebs. Dazu zählt in erster Linie das Rauchen. Als weitere Risikofaktoren gelten u. a. Stoffe wie Asbest, Arsen, Chrom, Nickel, polyzyklische Kohlenwasserstoffe ( Rußpartikel ), Radon und Uran. Die genetischen Einflüsse sind gering und noch nicht genau charakterisiert. Die mit Abstand meisten Lungenkrebspatienten haben zuvor geraucht. Etwa ab dem vierzigsten Lebensjahr steigt das Erkrankungsrisiko kontinuierlich an.
Frage : Welche Beschwerden können auf einen Lungenkrebs hinweisen ?
Antwort : Leider verursacht das Bronchialkarzinom, wie der Lungenkrebs auch genannt wird, keine eindeutigen Frühsymptome, denn die Lunge enthält keine Schmerznerven. Aus diesem Grund wird der Tumor selten im Frühstadium entdeckt. Um die Frühdiagnostik zu verbessern, ist es ratsam, auch bei unspezifischen Symptomen einen Arzt aufzusuchen. Das gilt insbesondere für Raucher, die unter einem starken Husten leiden, der sich trotz Antibiotika-Behandlung hartnäckig hält, bei Blutbeimengungen im Auswurf, bei Fieberschüben, pfeifender Atmung, Heiserkeit, Schmerzen im Brust- oder Schulterbereich, Abgeschlagenheit sowie bei plötzlichem Gewichtsverlust.
Frage : Mit Hilfe welcher medizinischen Untersuchungen wird ein Lungentumor nachgewiesen ?
Antwort : Bei einem Anfangsverdacht wird der Arzt in der Regel eine Röntgenübersichtsaufnahme der Lunge und auch eine Computertomographie anfertigen lassen. Eine weitere Diagnostik ist die Spiegelung der Bronchien ( Bronchoskopie ). Dazu wird ein Schlauch mit einer Optik durch die Luftröhre eingeführt. Damit ist es außerdem möglich, kleine verdächtige Gewebeproben zu entnehmen, um sie unter dem Mikroskop zu untersuchen. Sollte sich der Verdacht auf einen Tumor bestätigen, sind weiterführende Untersuchungen zum Nachweis möglicher Fernmetastasen und zur Festlegung der Therapie erforderlich.
Frage : Mein Vater kann sich noch an betriebliche Reihenuntersuchungen der Lunge erinnern, die früher in DDRBetrieben durchgeführt wurden. Warum gibt es keine Früherkennungsuntersuchungen auf Lungenkrebs mehr, um routinemäßig den Brustkorb aller Menschen ab einem gewissen Alter zu durchleuchten ? Warum geht das nur für Frauen ?
Antwort : Das so genannte Mammascreening für Frauen dient der Frühdiagnostik von Brustkrebs und nicht von Lungenkrebs. Die früheren Röntgen-Reihenuntersuchungen der Lunge hatten vor allem das Ziel, Tuberkulose frühzeitig zu diagnostizieren. Da die Infektionsrisiken für Tuberkulose heutzutage in Deutschland relativ gering sind, ist das nicht mehr erforderlich. Internationale Studien zum Nutzen eines Lungenkrebs-Röntgen-Screenings
haben gezeigt, dass es zu keiner Senkung der Sterblichkeit an Lungenkrebs führt. Durch den Verzicht auf das Rauchen könnte man mehr erreichen, als durch ein Früherkennungsprogramm für Lungenkrebs. Röntgenuntersuchungen der Lunge erfolgen nur bei Verdacht auf eine Erkrankung, nicht aber an mutmaßlich gesunden Menschen.
Frage : Wie wird der Lungenkrebs behandelt ? Ist eine OP auch einem älteren Menschen ( 72 Jahre ) zumutbar ?
Antwort : Die Behandlung ist prinzipiell abhängig vom Erscheinungsbild des Tumorgewebes unter dem Mikroskop, dem Stadium der Erkrankung und dem Allgemeinzustand des Patienten.
Wir unterscheiden im wesentlichen zwischen zwei Formen von Lungenkrebs : dem kleinzelligen Bronchialkarzinom und dem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom. Letzteres tritt am häufigsten auf. Behandelt wird nach Möglichkeit operativ, die gegebenenfalls durch Chemo- und Strahlentherapie ergänzt wird. In der Thoraxchirurgie sind komplexe Eingriffe inzwischen auch bei älteren Patienten oder nach einer Vorbehandlung möglich.
Kleinzellige Karzinome wachsen meist sehr schnell und bilden frühzeitig Metastasen ( Tochtergeschwülste ). Sie werden in der Regel durch eine Chemo- und Strahlentherapie behandelt. Neu hinzugekommen sind in den vergangenen Jahren Therapien, die gezielt bestimmt Enzyme und die Blutversorgung der Krebszellen blockieren. Auch im fortgeschrittenen Stadium von Lungenkrebs kann noch eine Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Lebenserwartung erzielt werden.
Frage : Mein Vater lebte viele Jahre in Thüringen. Dort haben die Ärzte gesagt, dass sein Lungentumor nicht operabel ist. Vor zwei Wochen habe ich meinen Vater zu uns nach Magdeburg geholt. Gibt es im Magdeburger Uniklinikum vielleicht eine Möglichkeit, zu operieren ? Bei ihm wurde ein kleinzelliges Bronchialkarzinom festgestellt. Außerdem hatte er schon zwei Herzinfarkte und leidet an einer Herzschwäche.
Antwort : Patienten mit einem kleinzelligen Bronchialkarzinom werden in der Regel nicht operiert, da oftmals schon Fernmetastasen vorliegen. Sinnvoller ist bei diesem Tumor eine Chemo- und Strahlentherapie. Zusätzliche Risiken wie eine Herzschwäche werden die Ärzte bei der Therapieplanung berücksichtigen. Eine Herzschwäche ist aber sicher kein Grund, die Krebserkrankung Ihres Vater nicht weiter zu behandeln.
Antwort : Ziel aller Bemühungen ist es, den Tumor komplett zu entfernen und eine weitere Ausbreitung in der Lunge und in die Lymphknoten zu verhindern. Wieviel Lungengewebe bei der Operation entfernt wird ist abhängig von der Größe und Lage des Tumors in der Lunge. Bei sehr kleinen und peripher gelegenen Tumoren sind in der Regel Entfernungen der Lungenlappen möglich ( Lobektomie ). Hat der Tumor die Lappengrenzen überwunden, kann die Entfernung eines ganzen Lungenflügels erforderlich sein ( Pneumonektomie ). Grundsätzlich sollten auch die regionalen Lymphknoten entfernt werden.
Frage : Ist die zielgenaue Bestrahlung von Lungentumoren ein Problem ? Schließlich hebt und senkt sich der Brustkorb mit jedem Atemzug. Besteht das Risiko, dass das Herz mitbestrahlt und geschädigt wird ?
Antwort : Die zielgenaue Bestrahlung wurde durch den Einsatz moderner Computertechnik in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Bei sehr kleinen Bestrahlungsvolumen wird die Präzisionsbestrahlung angewendet. Dabei ist der Bereich so klein, dass schwere Nebenwirkungen sich in der Regel nicht ergeben. Es ist unwahrscheinlich, dass dadurch gesundes Gewebe und das Herz mitbestrahlt werden. Die meisten Lungenkrebspatienten, die sich einer Strahlentherapie unterziehen müssen, profitieren davon. Bei einigen Patienten kann auch eine Bestrahlung von innen heraus sinnvoll sein.
Frage : In der dritten Woche der Bestrahlung traten Schluckbeschwerden und Sodbrennen auf. Was hilft ?
Antwort : Häufig liegt die Speiseröhre im Strahlungsfeld. Dadurch kann es zu Schleimhautreizungen und Entzündungen kommen. Die Beschwerden verschwinden in der Regel nach der Strahlentherapie wieder. Während des Behandlungszeitraums sollten Sie häufiger etwas trinken. Auf sehr salzige und heiße Nahrung sollte verzichtet werden. Bei Schluckbeschwerden empfehlen sich Suppen und pürierte Gerichte, ggf. ergänzt durch hochkalorische Zusatznahrungen. Es gibt auch Medikamente, die den Schmerz vor Ort nehmen.
Frage : Vor zwei Monaten wurde bei meinen Lebenspartner Lungenkrebs festgestellt. Er wurde operiert und bestrahlt. Er raucht noch immer, wenngleich inzwischen auch deutlich weniger. Lohnt sich eigentlich ein Rauchverzicht, wenn bereits Lungenkrebs festgestellt wurde ?
Antwort : Es lohnt sich zu jedem Zeitpunkt und in jedem Alter mit dem Rauchen aufzuhören. Mehrere wissenschaftliche Studien haben nachgewiesen, dass die Therapien besser wirken und die Prognosen bei Lungenkrebs besser sind, wenn man mit dem Rauchen aufhört.
Frage : Wann kann ich mich nach einer Strahlentherapie wieder in den Garten setzen ?
Antwort : Die Strahlentherapie erhöht die Lichtempfindlichkeit der bestrahlten Hautstellen. Es ist ratsam, sich in den ersten vier Wochen nach einer Strahlentherapie keiner direkten Sonneneinstrahlung auszusetzen. Sie sollten die bestrahlten Hautstellen mit Kleidung abdecken. Gegen frische Luft im Garten ist natürlich nichts einzuwenden. Versuchen Sie aber starke körperliche Belastungen zu vermeiden. Nach einer Chemotherapie sollten Gartenarbeiten wegen des Risikos von Schimmelpilzinfektionen verzichtet werden.
Frage : Mein Schwiegervater hatte eine Lungenoperation mit anschließender Chemound Strahlentherapie. Seit vier Wochen ist er wieder zu Hause. Wann muss er zur Nachkontrolle wieder in die Klinik ?
Antwort : Die Nachkontrollen erfolgen ambulant und in den ersten beiden Jahren in Abständen von drei Monaten, danach halbjährlich. Die Nachkontrolle umfasst eine Befragung und ggf. Röntgenuntersuchungen des Brustraumes sowie weiterführende Untersuchungen.