Zahlungsverkehr Was wird aus unserem Kleingeld?
Eine Leserin aus Magdeburg möchte gern wissen, ob das Ab- und Aufrunden kleiner Centbeträge überhaupt rechtens ist.
Magdeburg/Kleve l In Kleve am Niederrhein sollen ganz kleine Cent-Münzen aus Geldbörsen und Kassen bald verschwunden sein. Viele Händler in der Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen runden schon bei Beträgen, die auf eins oder zwei enden, auf den darunter liegenden Betrag ab, bei jenen, die auf drei oder vier enden, auf den nächsthöheren Fünf-Cent-Betrag auf.
Veröffentlichungen in den Medien über dieses Experiment zum Aus für Kleinstgeld haben eine Leserin aus Magdeburg verunsichert. Ist das überhaupt rechtens?, fragte sie den Leser-Obmann, und wird bei Bezahlung mit EC- oder Kreditkarte dann auch gerundet?
Noch ist Kleve ein Einzelfall, Vergleichbares gibt es in Deutschland bisher nicht. Doch die Diskussion zur Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen läuft auf europäischer Ebene schon länger, weiß Katja Schwaar von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Vorreiter bei Abschaffung der Kleinstmünzen oder Rundungsregelungen seien Belgien, Irland, Finnland und die Niederlande. „Die positiven Ansätze sind durchaus überlegenswert“, sagte sie, wird doch zum Beispiel in Irland nicht jedes einzelne Produkt im Einkaufswagen auf- oder abgerundet, sondern erst der Gesamteinkauf, was für einen guten Ausgleich sorgt. Bei Kartenzahlung wird weiterhin exakt in Cent abgerechnet.
Irlands Zentralbank habe im Oktober 2015 bekanntgegeben, künftig Beträge zu runden, teilte das Handelsblatt in einem Beitrag zu Kleves Kampf gegen das Kleingeld mit. Denn die Herstellungskosten der Münzen seien schlicht zu hoch, habe Irland diesen Schritt begründet.
Eine Abschaffung könne aber nur auf europäischer Ebene entschieden werden, zitiert das Blatt eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums, und auf kommunaler Ebene sei dies rechtlich schon gar nicht möglich.
Die Stückelung der Münzen sei per EG-Verordnung im Jahre 1998 bestimmt worden, so dass die acht Münzen von einem Cent bis zwei Euro in allen Euro-Ländern gleichermaßen gesetzliches Zahlungsmittel seien. Demnach sind die Händler sowohl in Finnland und den Niederlanden als auch im niederrheinischen Kleve auf den guten Willen ihrer Kunden angewiesen, müssten auf deren Wunsch hin also auch weiterhin Ein- und Zwei-Cent-Münzen annehmen.
In Sachsen-Anhalt gebe es aktuell keine ähnlichen Tendenzen wie in Kleve, ließ Knut Bernsen vom Einzelhandelsverband des Landes mitteilen. Alles zu pro und contra in Bezug auf die Abschaffung der Kleinstmünzen sei im Handelsblatt nachzulesen, reagierte der Verbandsgeschäftsführer auf die Anfrage des Leser-Obmanns.
Der Handel sieht eher die Vorteile der Cent-Münzen, meint Verbraucherberaterin Schwaar. Für ihn seien Schwellenpreise wie die berühmten 99 Cent ein wichtiges psychologisches Marketinginstrument. Auch Preisdifferenzierungen ließen sich im Niedrigpreissegment besser gestalten. „Ob der Joghurt 0,29 Euro oder 0,24 Euro kostet, ist schon ein Unterschied.“ Doch auch Händler fühlten sich von den zunehmenden Bankgebühren für Beschaffung und Verwaltung von Kleinstmünzen überfordert, meint sie. Die Bundesbank aber stehe der Abschaffung noch ablehnend gegenüber, auch wenn die Produktionskosten den Wert der Münzen fast schon übersteigen.
Aus Sicht der Verbraucher spreche für das Aus des Kleingeldes unter anderem, dass man weniger Münzen im Portemonnaie habe und beim Bezahlen Zeit spare, dass es dann vielleicht keine x,99-Euro-Preise mehr gebe, die den gefühlten Preis verschleiern. Andererseits sei zu befürchten, dass es durch Aufrunden zu Verteuerungstendenzen komme und womöglich die Hemmschwelle zur Abschaffung weiterer Münzen wie der für fünf Cent sinkt.
Insgesamt aber ein spannendes Thema mit mehreren Facetten, meint Katja Schwaar. Der zunehmende Trend zur bargeldlosen Zahlung werde die Diskussion sicher weiter befeuern.
Persönlich favorisiert die Verbraucherberaterin den irischen Weg ohne Komplettabschaffung der Münzen, aber mit fairen Rundungsregeln. Schließlich sei am alten Sprichwort „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert“ doch was dran ...