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Allergie Wenn der Apfel zur Qual wird

Das Allergiezentrum der Charité will zusammen mit dem BUND Lemgo einem bislang unerforschten Phänomen bei Apfelallergie auf den Grund gehen.

Von Kerstin Singer 02.02.2016, 00:01

Magdeburg l Am Allergiezentrum der Berliner Charité wird unter der Leitung von Professor Karl-Christian Bergmann in diesem Jahr eine medizinische Studie zur Apfelallergie starten. Der Mediziner will mit einer Studie herausfinden, warum manche Allergiker nach dem jahrelangen Verzehr von alten Apfelsorten wieder Neuzüchtungen vertragen. „Es gibt hierüber nur Berichte einzelner Personen, aber keine sachliche Studie. Einzelberichte aber sind keine Basis, um ein bestimmtes Verhalten oder eine Empfehlung in der Öffentlichkeit zu nennen“, begründet Bergmann seine Initiative.

Auf die Idee hat ihn Willi Hennebrüder vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) aus Lemgo gebracht. Bei diesem hatten sich zahlreiche Apfelallergiker gemeldet, die genau dieses Phänomen beobachtet hatten. Seit 2007 beschäftigt sich Hennebrüder mit Apfelsorten und beobachtet, welche von Allergikern gut vertragen werden und welche nicht. Dabei ist eine umfangreiche Datenbank entstanden, die auch auf der Internetseite des BUND Lemgo einsehbar ist.

Durch die Kooperation mit dem Obstbauern Eckart Brandt aus dem Alten Land hat die Lemgoer Ortsgruppe des BUND außerdem einen Apfelversand für Allergiker ins Leben gerufen. Dort können Betroffene Äpfel bestellen, die aus den Supermarktregalen längst verschwunden sind. Dazu zählen beispielsweise Alkmene, Goldparmäne, der Rote Gravensteiner und viele andere mehr. Verdrängt wurden sie durch Neuzüchtungen wie Golden Delicious, Granny Smith, Brae-burn und Gala.

Manche Menschen können diese neuen Sorten nicht mehr essen, denn ihnen brennen oder jucken dann Mund und Rachen, manchmal schwellen sogar die Lippen an. Das betrifft insbesondere Menschen mit einer Baumpollenallergie. „Das Hauptallergen der Birkenpollen zeigt eine Verwandtschaft sowohl zu Allergenen in Apfel, Kirsche, Kiwi, Nektarine, Pfirsich und Aprikose als auch unter anderem zu Karotte und Haselnuss“, erklärt die Allergologin Dr. Ines Adams von der Universitätskinderklinik Magdeburg den Hintergrund. Aufgrund der großen Ähnlichkeit zwischen den Pollenallergenen und den Nahrungsmitteln werden diese von den allergischen Antikörpern erkannt und führten dann zu den Beschwerden beim Verzehr. Es sei jedoch von Patient zu Patient höchst unterschiedlich, welche Symptome auftreten und wann. Manche seien nur während der Birkenpollensaison betroffen und das restliche Jahr über nicht.

Der Grund dafür, dass alte Apfelsorten besser vertragen werden, liegt darin, dass sie mehr Polyphenole enthalten als Neuzüchtungen. Diese Polyphenole sorgen dafür, dass das Apfelallergen inaktiviert wird. Allerdings verursachen sie auch, dass sich ein Apfel nach dem Anschneiden braun verfärbt. Diese unerwünschte Eigenschaft wurde aus den neuen Sorten herausgezüchtet. Deshalb enthalten sie weniger Polyphenole, zum Nachteil vieler Allergiker.

Für die Studie des Allergiezentrums der Berliner Charité werden noch Probanden gesucht. „Wir suchen Menschen über 18 Jahren, die eine Birkenpollenallergie als Heuschnupfen haben und Äpfel nicht vertragen, zumindest beim Essen von beispielsweise einem Golden Delicious Jucken, Brennen, Schwellungen oder ähnliches im Mund verspüren“, sagt Professor Bergmann. Er gehe davon aus, dass die Studie repräsentativ sein werde. Ihr Design sei bereits mit dem Kanert-Preis für Allergieforschung ausgezeichnet worden.

Die Probanden sollen laut Hennebrüder über drei Monate lang abwechselnd alte und neue Apfelsorten verzehren und die Reaktionen des Körpers protokollieren. Dazu werden ihnen gegen einen Unkostenbeitrag Probierpakte zugeschickt. Angeleitet werden die Probanden durch die Mediziner der Charité, die sie auch im Umgang mit eventuellen allergischen Reaktionen schulen.

Interessierte sollten sich per E-Mail an kontakt@bund-lemgo.de bei Willi Hennebrüder melden.

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