Volksstimme-Serie " Mein Garten – meine Welt " / Teil 11 : Porträt eines Kleingärtners aus Haldensleben Wenn der Ehrgeiz der früheren Jahre die schönsten Früchte trägt
" Die Aprikosen stehen in der Blüte, aber die Bienen kommen nicht ", stellt Heinrich Fieseler fest. Der 79-Jährige hat seinen 500 Quadratmeter großen Garten in der Kleingartensparte " Bodenreform " am Rande von Haldensleben längst für die Saison vorbereitet. So wie viele Jahre zuvor auch, denn seit 1962 ist der Haldensleber Mitglied der Kleingartensparte.
Haldensleben. Seinen ersten Garten in einer anderen Sparte hatte Heinrich Fieseler bereits im Alter von 26 Jahren übernommen.
Und so mehrte sich auch das Wissen rund um den Garten und die Pflanzen bei Heinrich Fieseler im Laufe der Jahre. " Wenn man was wissen will, ist man bei Heinrich richtig ", sagte der Vorsitzende der Kleingartensparte " Bodenreform ", Walter Strauß. Viele konnten beispielsweise schon von seinem Wissen zum Baumschnitt profitieren und der Senior ist sich auch nicht zu schade, in Nachbars Garten selbst auf die Leiter zu steigen und zur Baumschere zu greifen. Stolz präsentiert er einen Baum in seinem eigenen Garten, der im Sommer fünf verschiedene Sorten Äpfel trägt. Ein Ergebnis der Veredelung, die Heinrich Fieseler mit viel Akribie betrieben hat.
" Was hat man früher nicht alles gemacht ?", sagt der passionierte Kleingärtner und erinnert sich auch daran, wie er einst Rosen veredelt hat. Aber auch heute noch ist sein Gewächshaus, das wie die benachbarte Gartenlaube Marke Eigenbau ist, gut gefüllt. Hier gedeihen Tomaten, Salat, Sellerie, aber auch einige Blumen, denen es jetzt draußen noch zu kalt wäre.
Auch die Geranien, die er nun langsam an die Temperaturen unter freiem Himmel gewöhnt, hat er selbst gezogen. " Jetzt ist draußen erstmal Pause, ich habe schon ein bisschen gesät, aber Tomaten pflanzt man beispielsweise erst nach den Eisheiligen ", lässt er wieder ein bisschen seines gärtnerischen Wissens durchblicken. Die Pflanzen – manche vertrügen überhaupt keinen Frost – würden sich derzeit im Gewächshaus richtig wohlfühlen, da man die Temperaturen hier entsprechend den Bedürfnissen regeln kann.
Mist im Boden ist eines von Heinrich Fieselers Rezepten für einen schönen Garten. So kam bei der Frühjahrsbestellung in seinem Garten auch wieder echter Mist in die Erde. " Wir haben guten Boden hier und da ist Mist der beste Dünger !"
Doch besonders dieses Jahr mit dem langen Winter bringt für Kleingärtner
wie
Heinrich Fieseler etwas Spannung mit sich. Man werde, so Fieseler, erst jetzt sehen, was der Winter alles kaputtgemacht habe. Vor allem die Pflanzen, die milderes Klima gewohnt sind, wie Koniferen und Azaleen, habe es getroffen. Der Kleingärtner zeigt ein paar Lilien inmitten eines Beetes, die eigentlich auch schon zu weit ausgetrieben haben. " Wenn jetzt noch einmal Frost kommt, sind die hin ", erklärt er.
Dafür zeigen sich aber jetzt viele Frühjahrsblumen wie Tulpen, Primeln, Hyazinthen oder Osterglocken in voller Blüte, manche Pflanze hat schon Jahrzehnte überdauert und kommt im- mer wieder. Fieselers Garten ist eine Oase zum Wohlfühlen und zum Erholen, nicht zuletzt auch durch einige bauliche Anlagen. " Wie viel Kubikmeter Kies ich hier gekarrt habe ", erinnert sich der Senior angesichts der Wege. Den Brunnen mitten im Garten hat er ebenso selbst gemauert und auf den Fischteich ist er besonders stolz, auch wenn ihm die Goldfische über den Winter erstickt sind. " Hier war früher ein Steingarten und als mir der nicht mehr gefiel, habe ich einen Fischteich gebaut, ich war einer der ersten in der Anlage, der einen Teich hatte ", erzählt er weiter. Wasser belebe den Garten und so würde er auch im Sommer seinen Teich mit einem Springbrunnen bereichern.
" Ich habe früher im Schichtdienst gearbeitet und mir die Zeit so eingeteilt, dass ich immer viel im Garten geschafft habe ", erinnert sich der Kleingärtner, der einst bei der Bahn beschäftigt war. Doch auf die Jahreszeiten habe er damals ebenso wie heute immer Rücksicht genommen, auch wenn in den Baumärkten die Pflanzen schon früher erhältlich sind, als man sie einst gepflanzt hat. Heinrich Fieseler stammt eben vom Dorf und war, wie er selbst sagt, " immer mit der Erde verbunden ".
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Lesen Sie am Mittwoch den 12. Teil " Grüne Souvenirs aus dem Urlaub mit Folgen "
Bisher erschienen : 1. Teil : " Die Lebensart zu gärtnern – Nacktschnecken, Weidenbäumchen und gute Freunde " ( 24. April ) 2. Teil : " Eine soziale Institution droht zu straucheln " 3. Teil : " Prävention übern Gartenzaun " ( 28. April ) 4. Teil : " Kleingärtnern ist Gemeinschaftswesen " ( 30. April ) 5. Teil : " Reise in die Welt der Heilkräuter " ( 3. Mai ) 6. Teil : " Bauen im Garten – aus dem Schuppen ein Gartenhäuschen " ( 5. Mai ) 7. Teil : " Weinanbau – Trauben sind gut für die Nieren, Gartenarbeit ist Therapie " 8. Teil : " Fragen aus der Praxis zum Bundeskleingartengesetz " ( 10. Mai ) 9. Teil : " Bester kickender Kleingartenverein Magdeburgs " ( 12. Mai ) 10. Teil : " Der Beruf des Gärtners " ( 15. Mai )
• Die Kleingartensparte " Bodenreform " liegt am Rand von Haldensleben.
• Die Gründung erfolgte im Jahr 1947 im Rahmen der Bodenreform.
• Damals gab es doppelt so viele Bewerber wie Gärten vorhanden waren. Vor allem Umsiedler, Schwerbeschädigte und kinderreiche Familien wurden berücksichtigt.
• Die Sparte erstreckt sich auf einer Fläche von zirka 85150 Quadratmetern. Das entspricht 165 Parzellen mit einer Größe zwischen 350 und 500 Quadratmetern.
• Derzeit stehen fünf Parzellen leer. In den kommenden Jahren wird noch mehr Leerstand erwartet, weil der Altersdurchschnitt der Spartenmitglieder sehr hoch ist.
• Der Verein ist einer von insgesamt zwölf Kleingartenvereinen in Haldensleben, die im Verband der Kleingärtner der Region " Börde-Ohre " e. V. organisiert sind.
• Vorsitzender ist Dr. Walter Strauß.
• Am 100. Tag nach dem 1. Januar ist es Zeit, Bohnen zu legen.
• Gurken und Tomaten sollten nicht vor dem 15. Mai ( Eisheilige ) in die Erde gebracht werden.
• Kartoffeln, die schon aufgegangen sind, sollten vor den Eisheiligen angehäufelt oder mit Folie beziehungsweise Vlies abgedeckt werden.
• Der Rasen sollte nicht mit Blaukorn, sondern mit organisch-mineralischem Dünger gedüngt werden.