1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Weshalb wird die Erbschaftssteuer erhoben?

Weshalb wird die Erbschaftssteuer erhoben?

22.08.2011, 04:42

Mit welchem Recht und aus welchem Grund kassiert der Staat Erbschaftssteuer? Mit dieser Frage wandte sich Horst Meyer aus Schönebeck an die Redaktion Leseranwalt.

Steuern, die ein Staat unabhängig von konkreten Gegenleistungen erhebt, um aus diesen Einnahmen bestimmte Aufgaben zu erfüllen, gibt es schon seit dem frühen Altertum. Laut Wikipedia ist gerade die Erbschaftssteuer eine der ältesten geschichtlich nachweisbaren Steuern.

Besondere Rolle im Alten Ägypten

So sei sie als Besitzwechselabgabe bereits im Alten Ägypten für das Jahr 117 v. Chr. und auch schon für die Römische Republik nachweisbar. Im Mittelalter habe sie in Europa keine besondere Rolle gespielt und sei dort zuerst wieder im Mittelmeerraum als frühes Finanzierungsinstrument der italienischen Stadtstaaten aufgetaucht. In Schweden findet sich der früheste Nachweis eines Erbschaftssteuergesetzes in Form des jüngeren Westgotengesetzes im 14. Jahrhundert, wonach der Erbe 1/10 des ererbten beweglichen Vermögens abgeben musste.

Während des Spanisch-Niederländischen Unabhängigkeitskrieges wurde die Erbschaftssteuer Ende des 16. Jahrhunderts in den dortigen Provinzen eingeführt, in England 1694, in Frankreich 1703, in Österreich 1759, in Dänemark und Norwegen 1702. Auf dem Gebiet der Schweiz wurde sie seit 1798 erhoben, schreibt die Internet-Enzyklopädie zur Geschichte der Erbschaftssteuer in Europa.

Als geschichtliche Anknüpfungspunkte für die Erbschaftsbesteuerung auf deutschem Boden nennt das Bundesfinanzministerium auf seiner Internetseite: den Erbschaftszehnt, der in fränkischer Zeit an den König bei Entscheidungen über Erbstreitigkeiten zu entrichten war; die Verwandtenabgabe, die im Mittelalter nach altfriesischem Recht von entfernten verwandten Erbberechtigten erhoben wurde; die Besitzwechselabgaben, die seit Ende des 9. Jahrhunderts als so genannte Sterbfall, Totenpfund, Totenzins, Totenzoll und dergleichen dem Grundherrn, aber manchmal auch dem Gerichts- und Landesherrn als solchem abzuliefern waren.

Im 17. und 18. Jahrhundert führten zahlreiche deutsche Landesherren und Städte ein "Kollationsgeld". Die weitere Ausbildung in den deutschen Einzelstaaten erfolgte zumeist in Form von Stempelabgaben (Urkundensteuern für Testamente und Erbschaftsverträge). Preußen erließ 1873 ein moderneres Erbschaftssteuergesetz, das dann auch den übrigen Ländern als Muster diente. Durch das Reichsgesetz von 1906 wurden die landesrechtlichen Erbschaftssteuergesetze vereinheitlicht.

Wenn ererbtes Haus selbst genutzt wird

1925 erhielt das Erbschaftssteuergesetz eine verbesserte Neufassung. Seit 1945 (1949 auch grundgesetzlich verankert) steht die Erbschaftssteuer wieder den Ländern zu.

Heutige Rechtsgrundlage ist in Deutschland das Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz. Nach der derzeit geltenden Fassung bleibt die Vererbung von selbst genutztem Wohneigentum steuerfrei, wenn der überlebende Ehepartner (bzw. eingetragene Lebenspartner) oder die Kinder in dem Haus mindestens zehn Jahre lang weiter wohnen.

Wird das Familienheim innerhalb dieser Frist verkauft oder vermietet, entfällt die Steuerbefreiung jedoch rückwirkend.

Für Kinder gilt die zusätzliche Einschränkung, dass nur eine Wohnfläche bis zu 200 Quadratmetern steuerfrei bewohnt werden darf. Ferner können Ehepartner 500000 Euro steuerfrei erben, Kinder 400000 Euro und Enkel 200000 Euro. Für weiter entfernte Verwandte wie Geschwister und nicht verwandte Erben gelten deutlich geringere Freibeträge.(goe)