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Internationaler Vergleich Wie fit sind Grundschüler in Deutschland in Mathe?

Viele Grundschüler in Deutschland sind so schlecht in Mathe und Naturwissenschaften, dass sie in höheren Klassen Probleme bekommen dürften. Das zeigt eine neue internationale Vergleichsstudie. Insgesamt liegen die Viertklässler im Ländervergleich weiterhin im Mittelfeld.

Von Jörg Ratzsch, dpa 08.12.2020, 14:26
Sebastian Gollnow
Sebastian Gollnow dpa

Berlin (dpa) - In den Grundschulen in Deutschland gibt es nur wenige echte Mathe-Asse und der Anteil der Nachwuchs-Experten in Bio, Chemie, Physik und Geographie hält sich in Grenzen.

Insgesamt liegen die deutschen Viertklässler in Mathematik und Naturwissenschaften im internationalen Vergleich im Mittelfeld und es gibt viele Schüler, die so leistungsschwach sind, dass sie nach der Grundschule in diesen Fächern Probleme bekommen dürften. Das zeigen die Ergebnisse der alle vier Jahre durchgeführten Vergleichsstudie TIMSS, die am Dienstag vorgestellt wurden.

300.000 GRUNDSCHÜLER WELTWEIT GETESTET

Anders als bei der Pisa-Studie, bei der die Leistungen von 15-Jährigen verglichen werden, geht es bei TIMSS ("Trends in International Mathematics and Science Study") um Viertklässler. Weltweit hatten dafür im vergangenen Jahr mehr als 300.000 Schülerinnen und Schüler aus 58 Staaten und sechs Regionen teilgenommen. In Deutschland wurden 4900 repräsentativ ausgewählte Grundschüler getestet. Über eineinhalb Schulstunden mussten jeweils bis zu 28 Aufgaben am Computer gelöst werden. Das waren etwa Rechenaufgaben am Beispiel von Lebensmitteleinkäufen oder Fragen zu Natur-Abbildungen, in denen es darum ging, welche Tiere miteinander um Nahrung konkurrieren.

DEUTSCHE KIDS IM MITTELFELD

In Mathe erreichten die deutschen Schülerinnen und Schüler einen Punktwert von 521 und blieben dabei ungefähr auf dem Niveau der letzten Erhebung von 2015 (522 Punkte). Sie lagen damit zwar deutlich über dem internationalen Mittelwert (501 Punkte), aber auch deutlich unter den Mittelwerten der teilnehmenden EU- und OECD-Staaten. Ähnlich war es bei den Naturwissenschaften: Die Grundschüler aus Deutschland landeten mit 518 Punkten über dem internationalen Mittelwert (491), aber ebenfalls unter dem EU- und OECD-Durchschnitt. Zudem verschlechterte sich hier das Ergebnis im Vergleich zur letzten Studie (528 Punkte).

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger sagte, es sei in erster Linie dem Engagement der Lehrkräfte an den Grundschulen zu verdanken, dass trotz einer immer heterogeneren Schülerschaft und eines wachsenden Anteils von Kindern mit Migrationsgeschichte das Leistungsniveau einigermaßen stabil gehalten werden konnte.

MATHE-ASSE IN ASIEN

Höchstleistungen in Mathe erreichten nur sechs Prozent der deutschen Schüler. In den Naturwissenschaften waren es knapp sieben Prozent. Dagegen leben in asiatischen Ländern, wie Singapur, offensichtlich wahre Rechenkünstler: In dem Stadtstaat erreichte mehr als jedes zweite Kind in den Mathe-Tests das höchste Kompetenzniveau, in Südkorea mehr als jedes dritte Kind. Der für Deutschland verantwortliche TIMSS-Studienleiter, der Hamburger Erziehungswissenschaftler, Knut Schwippert, sprach am Dienstag von anderen Unterrichtskulturen. In vielen ostasiatischen Ländern stehen Kinder schon von klein auf unter einem hohen Leistungsdruck und müssen in der Schule ein großes Lernpensum bewältigen.

In Bio, Chemie, Physik und Geografie gibt es der Studie zufolge ebenfalls in Singapur viele schlaue Köpfe, aber auch die Kids in Russland oder den USA schnitten hier deutlich besser ab als die Deutschen.

VIELE KINDER IN DEUTSCHLAND DROHEN ANSCHLUSS ZU VERLIEREN

Beunruhigend nannte Schwippert den relativ hohen Anteil der Kinder in Deutschland, die nur über elementare Fähigkeiten in Mathe und Naturwissenschaften verfügen. Das bedeutet, sie können gerade einmal die einfachsten Aufgaben lösen. Die Betroffenen werden voraussichtlich große Probleme haben, nach der Grundschule in diesen Fächern mitzukommen. Laut TIMSS-Studie trifft das auf mehr als jeden vierten Grundschüler zu (Mathematik: 25,4 Prozent, Naturwissenschaften: 27,6).

Die Studienautoren forderten eine gezielte Unterstützung und Förderung sowohl der leistungsschwächsten als auch der leistungsstärksten Schülerinnen und Schüler. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Stefanie Hubig (SPD) sprach sich am Dienstag dafür aus, das natürliche Interesse von Kindern für naturwissenschaftliche Phänomene schon in der Kita zu fördern und in der Schule auch Unterrichtsmaterialien verstärkt darauf auszurichten. "Mathematik zu können, muss cool sein", sagte Hubig.

© dpa-infocom, dpa:201208-99-616383/2

Weitere Informationen Bundesbildungsministerium mit vollständiger Studie