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Können und Kreativität gefragt Wie Gourmets um Meistertitel grillen

Wer wird deutscher Grill-König? Die Antwort ermitteln die Asse bei den Deutschen Meisterschaften. Sie begeistern die Jury mit besonderen Rezept-Kreationen und viel handwerklichem Geschick. Gezeigt werden in Fulda auch neue Trends der Grill-Branche.

Von Jörn Perske, dpa 06.08.2017, 17:11
Ein Juror prüft einen Grillteller mit allen Sinnen. Foto: Frank Rumpenhorst
Ein Juror prüft einen Grillteller mit allen Sinnen. Foto: Frank Rumpenhorst dpa

Fulda (dpa) - Grillen ist nicht gleich Grillen. Otto-Normal-Verbraucher lassen Fleisch, Fisch oder Gemüse auf dem Rost brutzeln und fertig.

Enthusiasten zelebrieren das Grillen als beinahe heiligen Akt mit besonderen Rezept-Kreationen, handwerklichem Geschick und einer Extra-Portion Hingabe. Bei den Deutschen Grill-Meisterschaften am Sonntag in Fulda demonstrierten die Ausnahmekönner der Szene eindrucksvoll, wie auf Gourmet-Niveau feinste Speisen gezaubert werden.

Der Präsident der German Barbecue Association (GBA), Volker Elm, ist besonders beeindruckt vom Können und der Kreativität. "Es wird auf Sterne-Niveau gearbeitet. Davon können sich Profi-Köche eine Scheibe abschneiden. Die präsentierten Teller sehen aus wie Kunstwerke", beurteilt Elm. Zum Teil liegt monatelange intensive Vorbereitung auf das Grill-Event hinter den rund 40 teilnehmenden Teams.

Der Vorjahressieger und schon mehrfache Meister Michael Hoffmann aus Rösrath (NRW) hat sich mit seinem Team eine Menükarte einfallen lassen, bei der einem das Wasser im Munde zusammenläuft. Die Vorgabe lautet in der Profi-Klasse, sechs Gänge zu kredenzen. Fisch (Wolfsbarsch), etwas Vegetarisches und Schweinebauch mit Beilage. Dann folgt ein Improvisationsgang aus einem Warenkorb mit zuvor unbekanntem Inhalt, Rindfleisch (American Flap Steak) sowie ein Dessert.

Die Zuschauer bekommen vor Hoffmanns Stand auf Demonstrationstellern zu sehen, was der Titelverteidiger in diesem Jahr präsentiert. Die Jury bekommt es auch zu kosten. Zum Beispiel Pralinen vom Schweinebauch mit Knusperkruste in Bier-Specksauce glasiert, dazu Paprika mit Cremegraupen und Krautwraps. Bei seinem Dessert grillt er Eis. Es gibt eine Schokoladen-Eis-Praline mit einem Likörkern auf einem Fruchtspiegel. Das Eis wird in Teigmäntel verpackt, damit es auf dem Grill nicht schmilzt.

"Wir grillen nur, was uns selbst schmeckt", erklärt Hoffmann und deutet lächelnd auf seinen nicht ganz so flachen Bauch. "Wichtig ist Leidenschaft bei dem, was man tut", erklärt der 49 Jahre alte Informatiker und Hobby-Koch seine Erfolgsformel und betont: "Wir laufen keinen Trends hinterher." In der Vorbereitung hat er sich mit seinem Team alle 14 Tage zum Grillen getroffen. "Wir machen dann ein ganzes Wochenende durch, teilweise unter Flutlicht, und probieren auch mal 40 Beilagen durch auf der Suche nach den besten." Hoffmann schwört trotz der Fülle an verschiedenen Grills und Zubehör auf den klassischen Kohle-Kugelgrill. "Ich liebe das Spiel mit dem Feuer."

Gegrillt wurde bei der Meisterschaft - egal ob mit Gas-, Elektro- oder Kohle-Befeuerung - aber nicht nur auf normalen Grills. Experimentierfreudige greifen zur Plancha. "Das ist ein Trend, der immer beliebter wird", erklärt Grillverbandspräsident Elm. Eine Plancha ist eine Grillplatte, etwa aus Edelstahl, Gusseisen oder Aluminium, die die Hitze besonders gut leitet. Auf ihr kann das Grillgut mit wenig Fett zügig gegart werden. Denn die Kontakthitze ist hoch, oft mehr als 300 Grad. Ein Vorteil ist auch: Fett und Marinaden können nicht auf die Hitzequellen tropfen und verbrennen.

In Spanien und Frankreich ist die Plancha (spanisch: Eisen) kaum aus der Küche wegzudenken. "Es sind eigenständige Geräte, die meist als Gas- oder Elektroversion betrieben werden", erklärt eine GBA-Sprecherin. Plancha-Expertin und Autorin Mona Leone erläutert den Zuschauern bei einer Vorführung von Koch Chris Sandford die Vorzüge der Edelstahl-Platte. Der Schotte ist kein Meisterschaftsteilnehmer, fällt aber besonders auf. Er grillt im Kilt. Viele Zaungäste bleiben stehen und hoffen auf eine Kostprobe auf den Probiertellerchen.

Vor den Wertungsgängen der DM am Sonntag grillten die Teams bereits in einem Sonder-Wettbewerb am Samstag auf den heißen Platten. Dabei siegte die Aartal BBQ Crew aus dem hessischen Mensfelden bei Limburg.

Das Grillen entwickelt sich mit einer enormen Produktvielfalt weiter. Bei der Fleischauswahl sind die Deutschen aber Traditionalisten: Bratwürste und Schweinesteaks stehen noch am höchsten im Kurs, wie Gero Jentzsch vom Deutschen Fleischer-Verband (Frankfurt/Main) sagt. Allerdings holt das Rindfleisch in der Verzehrstatistik auf. "Dieses Plus ist fast ausschließlich auf Grill-Steaks oder Burgerpatties zurückzuführen, der Verzehr von Rinderbraten, Gulasch und anderem stagniert nämlich", sagt Jentzsch. Normale Metzgereien stellen sich seiner Beobachtung nach auch immer mehr auf die Nachfrage nach Spezialitäten ein. Mittlerweile würden zunehmend Steak-Cuts aus den USA wie Tomahawk, Flat Iron, Flank oder Brisket angeboten. "Das waren vor ein paar Jahren noch echte Exoten", erklärt Jentzsch.

German Barbecue Association

Infos zum Grillen auf der Plancha

Plancha-Blog