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Persönlichkeitsrecht Foto „steht symbolisch für das Leid“

Das Bild eines toten Jungen, angespült an einem Strand in der Türkei, ging um die Welt und rief eine weltweite Bestürzung hervor.

13.12.2015, 23:01

Der kleine Aylan Kurdi wurde tot am Strand bei Bodrum in der Türkei gefunden – und fotografiert. Das Bild ging rund um die Welt. Auch die Volksstimme veröffentlichte das Foto – der Kopf des Jungen war vorsorglich gepixelt worden – und thematisierte die weltweite Bestürzung darüber.

„Das mediale Ausschlachten des grausamen Todes dieses kleinen, unschuldigen Jungen ist nicht nachvollziehbar. Diesem kleinen Menschen wird noch im Tode die Würde genommen, indem er für propagandistische Zwecke instrumentalisiert wird“, schrieb uns damals ein Leser.

So wie er empfanden auch viele andere Menschen. Dem Presserat lagen 19 Beschwerden gegen Zeitungen beziehungsweise Zeitschriften vor, die das Foto in ihren Print- oder Onlineausgaben gezeigt hatten.

Der Beschwerdeausschuss des Presserats hat jetzt alle Beschwerden „als unbegründet“ verworfen. „Die Aufnahmen des Kindes sind nicht unangemessen sensationell und nicht entwürdigend“, schätzte der Ausschuss ein. „Aus Sicht des Beschwerdeausschusses steht das Foto symbolisch für das Leid und die Gefahren, denen sich die Flüchtlinge auf ihrem beschwerlichen Weg nach Europa aussetzen. Die Dokumentation der schrecklichen Folgen von Kriegen, der Gefahren des Schlepperwesens und der Überfahrt nach Europa begründet ein öffentliches Interesse.“ Da das Gesicht des Kindes nicht direkt zu erkennen gewesen sei, seien seine Persönlichkeitsrechte nicht verletzt worden, so der Beschwerdeausschuss.

Als unbegründet hat der Presserat auch die noch zahlreicheren Beschwerden zu dem Foto der 71 toten Flüchtlinge in einem Lastkraftwagen erachtet. Er sah an dieser „Berichterstattung über ein schweres Verbrechen“ ein öffentliches Interesse als gegeben an. Die Toten seien auch nicht identifizierbar gewesen.

Bleibt anzumerken, dass nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit in der vergangenen Woche beim Versuch von Flüchtlingsfamilien, Griechenland mit dem Boot zu erreichen, erneut fünf Kinder ertrunken sind. Und an der türkischen Küste wurden die Leichen von sechs afghanischen Kindern angespült.