1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Ossi und Wessi regt Wernigeröder auf

30 Jahre Mauerfall Ossi und Wessi regt Wernigeröder auf

Die Begriffe Ossi und Wessi werden wiederkehrend verwendet. Spaltet das die Menschen in Deutschland?

Von Peter Wendt 07.10.2019, 10:51

Gewiss könnte man trefflich streiten, ob „Wessi“ in einer Überschrift auf der Titelseite ein glücklicher Griff in die Schatzkiste unserer deutschen Sprache war. Doch geschrieben ist geschrieben – worüber sich ein Wernigeröder Leser allerdings sehr ärgerte, was er auch kundtat. In der immer wiederkehrenden Verwendung der Begriffe „Ossi“ und „Wessi“ in den Medien sehe er eine „Spaltung der Menschen in Deutschland. Und das regt mich auf!“, schrieb er. Was mache überhaupt einen „Ossi“ und einen „Wessi“ aus? Ob es die DNA sei, die beide unterscheidet, oder der Geburtsort beziehungsweise Wohnsitz, lautete seine polemische Frage.

Nun, es ist einfach die geografische Herkunft, auf die „Ossi“ und „Wessi“ hinweisen. Das sind zunächst neutrale umgangssprachliche Begriffe, in Mode gekommen nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland zur Bezeichnung der jeweils anderen Seite. Erst bestimmte Beifügungen machten „Ossi“ und „Wessi“ zu Schimpfwörtern, etwa wenn es auf einmal „Besserwessi“ oder „Jammerossi“ hieß. Allgemein aber haben die Begriffe „Ossi“ und „Wessi“ laut einer Studie des Instituts für deutsche Sprache ihre negativen Zuschreibungen inzwischen weitgehend verloren.

Übrigens war der Begriff „Wessi“ im damals eingemauerten West-Berlin „erfunden“ worden, verwendet für Zugereiste aus der westdeutschen Provinz. In der DDR wurden die Westdeutschen umgangssprachlich als „Westler“ bezeichnet.

„Bekannte lebten erst im Osten, dann im Westen und jetzt wieder im Osten. Zu welcher ,Gattung‘ gehören die denn?“, fragte unser Leser auch.

Die Antwort gab eine Ostdeutsche im Gespräch mit der Zeitung „Die Welt“, vom Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) als Beleg für „Ossi“ angeführt: „Ich bin … nicht nur Frau, ich bin auch Ossi. Okay, ich lebe im Westen, ich arbeite im Westen, meine Kinder gehen im Westen zur Schule. Aber ich wurde im Osten geboren, darum werde ich immer Ossi bleiben, ob ich will oder nicht.“

Da klingt wohl Heimatverbundenheit, aber auch Stolz mit. Und das ist gut so.