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Urenkelin Promi-Geburtstag vom 9. Juni 2020: Nike Wagner

Sie galt lange als geistreiche, scharfzüngige Bayreuth-Kritikerin. Nun wird Nike Wagner, die Urenkelin Richard Wagners, 75 Jahre alt und zeigt sich viel versöhnlicher - auch wenn eine große Geste in diesem Jahr ausfallen muss.

Von Von Britta Schultejans, dpa 08.06.2020, 23:01

Bayreuth/Bonn (dpa) - Aus der Verwandtschaft könne man nicht austreten, hat Nike Wagner einmal gesagt. "Man kann sich nur anderswo Freunde suchen. Und neue Orte." Und so zog es die Urenkelin von Richard Wagner und die Ururenkelin von Franz Liszt nach einer Kindheit und Jugend in Bayreuth zum Studium nach Berlin, Chicago, Paris und Wien.

Bis 2013 leitete sie das Kunstfest Weimar, seit 2014 ist sie Intendantin des Beethovenfestes in Bonn. Doch Bayreuth und die Verwandtschaft blieben die großen Themen ihres Lebens - auch wenn sie kurz vor ihrem 75. Geburtstag im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt: "Um Gotteswillen: Nein." An der Spitze des Grünen Hügels wolle sie nicht mehr stehen.

Ihr Leben aber hat sie zu einem großen Teil im Schatten dieses Hügels verbracht, als Teil eines weltberühmten Clans. Ihr Vater Wieland Wagner erneuerte gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang die Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele und versuchte, den braunen Dunst zu vertreiben, der sich in der Zeit des Nationalsozialismus dort festgesetzt hatte.

Als Wieland 1966 starb, übernahm sein Bruder, Nikes Onkel Wolfgang, die Alleinherrschaft. Der Wieland-Zweig war damit ausgebootet und tat in den Jahrzehnten, die Wolfgang an der Spitze der Festspiele stand, immer wieder kund, was er davon hielt. Nike sollte dabei zur Wortführerin werden. Jahrelang war sie vor allem die scharfzüngige Widersacherin, die geistreiche Kritikerin, von der einige sagen, sie selbst hätte eigentlich die Herrscherin sein sollen dort oben auf Bayreuths Grünem Hügel.

Doch sie fand andere Betätigungsfelder. In Wien promovierte sie über "Karl Kraus und die Erotik der Wiener Moderne". Und in Weimar, einer früheren Wirkungsstätte ihres Ur-Urgroßvaters Liszt, übernahm sie die Leitung des Kunstfestes. "Weimar war ein Glücksfall für mich", sagte sie. Die frühere thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) urteilte 2013, unter Wagners Intendanz habe das Kunstfest und damit das Kulturland Thüringen an Glanz, an Ausstrahlung und an internationalem Renommee gewonnen.

Seit 2014 ist Wagner nun schon die Intendantin des Beethovenfestes in Bonn. Allerdings läuft ihr Vertrag in diesem Jahr aus. Sie sagte, ihr habe Experimentierfreude in der Stadt gefehlt. "Vielleicht ist das Publikum in kleineren Städten harmoniesüchtiger als in den großen, wo mehr Spezialfestivals ihre Nischen finden - auch ist das Ohr träger als das Auge", sagte sie im dpa-Interview. Große Sorgen müsse man sich um die klassische Musik aber nicht machen: "Die Klassik hat ihr Publikum und die Massenekstase war nie ihr Ziel. Überzeugen und Vermitteln allerdings bleibt bitter nötig."

Die familiären Wogen haben sich inzwischen geglättet. Cousine Katharina, die ihr Amt als Festspielleiterin aus gesundheitlichen Gründen derzeit ruhen lassen muss, sagte im vergangenen Jahr in einem dpa-Interview: "Unser Kontakt ist so, wie es sich für eine Familie gehört und - auch wenn das für manche Medien enttäuschend sein mag - meistens völlig normal, also herzlich und gelöst. Ich bin sehr froh, dass ich in diese einstigen Streitigkeiten ja nie unmittelbar involviert war, und dass auch anerkannt wurde, dass ich nicht beteiligt gewesen bin. Es steht nichts unüberbrückbar Trennendes zwischen uns."

Um das zu unterstreichen, hatten Nike und Katharina - die beiden Cousinen und Alpha-Frauen ihrer jeweiligen Stämme - für dieses Jahr ein ganz besonderes Projekt geplant: Das Orchester der Festspiele sollte beim Bonner Beethovenfest auftreten. "Ein wunderbar stimmiges joint venture", hätte das werden können, sagt Nike Wagner. "Dass eine Pandemie diese Familienzusammenführung nun verhindert hat, ist traurig, aber ohne höhere Bedeutung."

Weil das Beethovenfest in diesem Jahr wegen des Coronavirus ausfallen muss, sei sie derzeit damit beschäftigt, die Verschiebung zu organisieren. "Ansonsten tue ich, was die Quarantäne so erlaubt: Luft holen, CDs ordnen, Weltliteratur lesen, mit vernachlässigten Freunden telefonieren." Ihren Geburtstag will sie nicht groß feiern: "Fernab in Mecklenburg-Vorpommern, bei meiner Tochter und meinen Enkelkindern. Ohne großes Feiern, in der Selbstverständlichkeit des Alltags, in der Nähe des Mobiltelefons."

© dpa-infocom, dpa:200605-99-324938/4

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