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Kreistag Landrat will Tourismus umkrempeln

Der Landkreis wird Mitglied des Tourismusverbands Elbe-Börde-Heide. So hat es der Kreistag entschieden. Doch es bleiben offene Fragen.

Von Falk Heidel 29.12.2015, 20:00

Burg/Genthin/Jerichow/Möckern l Wie lässt sich der Tourismus für unseren Landkreis ankurbeln? Zumindest teilweise hat der Kreistag diese Frage mit dem Beitritt zum Tourismusverband Elbe-Börde-Heide beantwortet. Doch die Ausrichtung des Jerichower Landes ist nicht nur innerhalb des Kreistages umstritten.

„Unser Ziel ist es, in den Regionen den Tourismus als Wirtschaftsfaktor gebündelt zu fördern“, sagt Landrat Steffen Burchhardt. Er will unseren Landkreis in ein übergeordnetes Tourismuskonzept einbinden und weniger an politische Grenzen koppeln. Burchhardt meint: „Elbe-Börde-Heide hat eine große Strahlungskraft mit Kontakten bis hin zu den Ministerien in Magdeburg.“

Der Kreistag ist mit seinem Beschluss dem Landrat gefolgt. Gescheitert ist Burchhardt jedoch (vorerst) mit seinem Plan, die Mitgliedschaft des Landkreises im Fremdenverkehrsverein Genthin zu kündigen.

Fast zeitgleich hat Möckern einen selbständigen Schritt in Richtung Tourismus-Zukunft gemacht: Die Stadt wird künftig im Tourismusverband Fläming vertreten sein. Von der Mitgliedschaft in diesem Tourismusverband verspricht man sich eine bessere Außenwerbung. Der Verband übernimmt Werbeaktionen auf Tourismusmessen. Zudem wird Möckern in Reisebroschüren, Kataloge und Internetauftritte aufgenommen. Seit Jahren fühlt sich Möckern dem Fläming verbunden. Die Stadt hat dreimal das Fläming-Frühlingsfest ausgerichtet und stellt mit Eva von Holly seit zwei Jahren die Flämingkönigin. Die Mitgliedschaft kostet die Stadt 1500 Euro im Jahr.

Unterdessen gab es im Kreistag und zuvor in den Ausschüssen intensive Debatten um die touristische Zukunft des Landkreises.

Die korrekte Bezeichnung lautet „Magdeburger Tourismusverband Elbe-Börde-Heide“. Der Verein hat seinen Sitz am Domplatz der Landeshauptstadt. Elbe-Börde-Heide vertritt als regionaler Dachverband eine der fünf Tourismusregionen in Sachsen-Anhalt. Mitglieder sind Landkreise, Städte und Gemeinden, touristische Betriebe, Vereine und Unternehmen aus Magdeburg, den Landkreisen Jerichower Land, Börde und Salzlandkreis. Der Verband wurde 1991 gegründet.

Neben der Straße der Romanik geht es den Verbandsmitgliedern um Aktivtourismus entlang von Elbe, Saale und Aller. Der Verband ist zentrale Koordinierungsstelle für den Elberadweg in unserer Region.

Der Landkreis war bereits Verbandsmitglied zwischen 1996 und 2005. Noch ist das Jerichower Land Mitglied im Fremdenverkehrsverein Genthin, der wiederum Mitglied im Verband Elbe-Börde-Heide ist.

Steffen Burchhardt (SPD): Wir wollen andere Schwerpunkte setzen. Der Fremdenverkehrsverein hat in den entscheidenden Gremien des Tourismusverbands keinen Sitz, also kein Mitspracherecht. Als Landkreis müssen wir an den Tischen der Großen sitzen und an den Planungen mitwirken. Dieser Verband vermarktet ein ganze Region, durch die Mitgliedschaft können wir als Landkreis eigene Impulse setzen.

Andreas Derz (Wählergemeinschaft): Ich fühle mich durch den Fremdenverkehrsverein gut vertreten, der ja Mitglied im Verband Elbe-Börde-Heide ist. Wir sollten unseren lokalen Genthiner Tourismusverein stärken und besser in der Region profilieren.

Wolfgang Bernicke (Die Linke): Bei Mitgliedschaften in solchen Spitzenverbänden sollte man nicht auf den Cent schauen.

Harald Bothe (Wählergemeinschaft): Ich kann und will nicht verstehen, warum wir als Landkreis jährlich 12 000 Euro zahlen, um einem Verband beizutreten, obwohl wir über den Fremdenverkehrsverein dort Mitglied sind.

Dr. Peter Sanftenberg (CDU): Bei all den Diskussionen müssen wir natürlich bedenken, dass die Jerichower Region schon fast Altmark ist.

Andreas Fischer (Wählergemeinschaft): Im verbalen Konstrukt Elbe-Börde-Heide finden wir uns als Landkreis nicht wieder. Möckern sieht sich eher im Fläming, Genthin-Jerichow hat traditionell eine enge Verbindung zur Altmark. Also vertritt Elbe-Börde-Heide weniger als die Hälfte des Landkreises. Der Landrat sollte ausloten, wie der Fremdenverkehrsverein Genthin kreisweit gestärkt werden kann. Unser Landkreis sollte mit den Gemeinden gemeinsame Sache machen – die Kraft der Orte im Jerichower Land bündeln, anstatt doppelte Mitgliedschaften anzustreben.

Henry Liebe (Kreisverwaltung): Wir haben jahrelang erfolgreich mit dem Fremdenverkehrsverein zusammengearbeitet, stehen jetzt aber an einem Punkt, wo wir uns verändern müssen. Die Leistungen des Fremdenverkehrsvereins sind in Teilen auch vom Landkreis bezahlt worden. Aktuell kommen wir in kleinen lokalen Denkstrukturen nicht weiter. Der Tourismusverband ist ein geeigneter Partner, um die Tourismusarbeit des Landkreises neu aufzustellen.

Dr. Michael Krause (SPD): Tourismus funktioniert doch übers Internet. Wenn die Leute in die Region kommen wollen, geben sie auf Suchmaschinen den Begriff „Magdeburg“ ein. Deshalb müssen wir als Landkreis dort präsent sein. Wir waren schon einmal Mitglied des Tourismusverbandes, sind aber 2005 wegen der Haushalts-Konsolidierung ausgetreten.

Gerd Mangelsdorf (CDU): Wir sind damals nicht nur aus finanziellen Gründen ausgetreten, sondern weil wir mit der Leistung nicht zufrieden waren. Ich sehe keine Vorteile in der Umleitung der Gelder weg vom Genthiner Verein in Richtung Magdeburg.

Lutz Nitz (Grüne): Wir Genthiner haben keinen Bezug zur Region Elbe-Börde-Heide, eher zur Altmark oder nach Brandenburg. Von einer Mitgliedschaft im Tourismusverband profitiert nur ein kleiner Teil des Landkreises zwischen Burg und Biederitz.

Dr. Peter Randel (Wählergemeinschaft): Wir müssen solche Entscheidungen doch nicht übers Knie brechen. Warum reden wir nicht konstruktiv darüber, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen?

Der Verband Elbe-Börde-Heide zählt derzeit 65 Mitglieder, unter anderem die Landeshauptstadt Magdeburg und die Landkreise Börde, Jerichower Land und Salzlandkreis. Elf Städte und Gemeinden gehören ebenso dazu wie 34 Hotels beziehungsweise Pensionen und Gaststätten. Der Verband hat eigenen Angaben zufolge ein Jahresbudget von 270 000 Euro. Er erstellt Imagebroschüren, Wanderkarten und präsentiert eine „Süße Tour“. Dort vermarkten an einem speziellen Tag ausgewählte Anbieter ihre touristischen Produkte vom Streichelzoo bis zur Bonbonherstellung.