1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Burg
  6. >
  7. Engpässe für Gommeraner Tafel

Corona-Krise Engpässe für Gommeraner Tafel

Der Sozial- und Ordnungsausschuss nutzte seine Sitzung, sich umfassende Einblicke in die Arbeit der Gommeraner Tafel geben zu lassen.

Von Thomas Schäfer 19.09.2020, 23:01

Gommern l Als die Uhr am Dienstag Abend 18 Uhr zeigte, wurden Heiko Sauermilch (Freie Wählergemeinschaft Leitzkau/Gommern) und Gordon Köhler (AfD) langsam etwas nervös. Nur zwei von fünf Mitgliedern des Sozial- und Ordnungsausschusses würden nicht ausreichen, um beschlussfähig zu sein. Sollte niemand mehr auftauchen, wäre die ganze Veranstaltung obsolet. Vertreter der Verwaltung, ein interessierter Bürger sowie Wolfgang Auerbach, Leiter der Gommeraner Tafel, der geladen war, einen Abriss über die Arbeit der Tafel zu geben, wären umsonst erschienen.

Fünf Minuten später jedoch Entwarnung. Christel Döhring (CDU) eilte geschwind herbei - zuvor war sie noch bei der Gesellschafterversammlung und Aufsichtsratssitzung der kommunalen Wohnungsgesellschaft Gommern. Zeitlich war am Dienstag alles ziemlich eng für Mandatsträger getaktet. Sozialausschuss und Bauausschuss tagten sogar zeitgleich.

Nachdem die Beschlussfähigkeit festgestellt wurde, konnte der Sozial- und Ordnugsausschuss starten. Nach Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung, der Nachfrage zu Änderungsanträgen und Feststellung der Tagesordnung sowie Feststellung der Niedeschrift der letzten Sitzung - all dies ist notwendig, um bei Ausschusssitzungen keinen rechtlichen Verfahrensfehler zu begehen - leitete Ausschussvorsitzender Heiko Sauermilch direkt zum vom zeitlichen Umfang her größten Tagesordnungpunkt über.

„In letzter Zeit gab es immer wieder Berichte im Fernsehen zu sehen, aus denen sichtbar wurde, dass es aufgrund der Coronapandemie vermehrt Schwierigkeiten bei der Belieferung und im Handling der Tafeln gibt und gab. Daher haben wir Wolfgang Auerbach, Leiter der Tafel in Gommern, eingeladen, um ihn zu bitten, uns einen kleinen Abriss zur Situation der Tafel speziell in Gommern zu geben“, übergab Heiko Sauermilch das Wort an den Leiter der Tafel Gommern.

„Speziell zu Beginn der Coronazeit haben uns Landes- und Bundesverband der Tafel extrem unterstützt“, begann Wolfgang Auerbach seine Ausführungen. „Eigentlich ist per Satzung festgeschrieben, dass wir keine Lebensmittel einkaufen dürfen - das jedoch wurde am Anfang der Krise aufgeweicht, da es Engpässe gab. Uns wurden vom Bundesverband knapp 5000 Euro für Möckern und Gommern, die ja als eine Einheit fungieren, zur Verfügung gestellt. Die Lebensmittel für Gommern haben wir direkt in Gommern gekauft, so dass das Geld letztlich auch den Händlern vor Ort zu Gute kam, von denen wir sonst tagtäglich kostenlos Lebensmittel beziehen“, so Wolfgang Auerbach.

Der große Engpass sei überwunden, konstatierte er. Die Tafel laufe wie zuvor. Die Händler, Märkte und Bäcker spenden, was sie entbehren können. Zudem gibt es in jedem Bundesland ein zentrales Lebensmittellager der Tafeln. Das für Sachsen-Anhalt ist in Quedlinburg angesiedelt. Dort lagern zum Beispiel palettenweise Getränke von Großsponsoren. „Das, was dort ankommt, wird unter allen Tafeln gerecht aufgeteilt. Die Spritkosten nach Quedlinburg und zurück sind unser größter finanzieller Posten“, erklärte Wolfgang Auerbach.

Um die Tafel in Gommern kümmern sich neun Ehrenamtliche. „Der Hintergrund der Tafelarbeit ist, dass es zu 98 Prozent nur abstinente Suchtkranke machen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass sie so auch Einblicke in andere Lebensläufe erhalten. Indem sie anderen helfen, helfen sie sich dadurch auch selbst“, so Wolfgang Auerbach.

Sie kümmern sich um das Einsammeln der Lebensmittel, das Einsortieren in die Ausgabebeutel und um die Ausgabe an die etwa 75 bis 80 Tafelnehmer in Gommern. Die Ausgabe erfolgt immer donnerstags von 13 bis 16 Uhr. Der Wert der Lebensmittel, die ein Tafelnehmer pro Woche erhält, beläuft sich zwischen 18 bis 25 Euro.

„Ich denke mal, wir sind in Gommern sehr gut aufgehoben. Von der Mentalität her sind die Gommeraner herzlich. Es gibt bei der Ausgabe kein Gedrängel, niemand hat Angst, zu kurz oder zu wenig zu bekommen. Es gab in den 15 Jahren, seit die Tafel in Gommern betrieben wird, nur zwei Fälle, wo vor Ort etwas mit Tafelnehmern geklärt werden musste“, lobte Wolfgang Auerbach.

Wolfgang Auerbach kam auch nicht umhin, daran zu erinnern, dass es mittlerweile fünf Jahre her ist, dass es in den alten Räumlichkeiten der Gommeraner Tafel am 2. April 2015 zu einer Explosion mit drei Todesopfern und der Zerstörung der Ausgabestelle kam. Seit Mai 2015 befindet sich die Tafel daher in den Geschäftsräumen der Wohnungsbaugenossenschaft „Glückauf“ Gommern in Albert-Schweitzer-Straße 2a.

„Es gab eine Menge aufzuarbeiten. Dabei haben wir auch viel Unterstützung seitens der Stadt, der Politik und der Kirche erfahren“, erinnerte er.

Nach den Ausführungen von Wolfgang Auerbach übernahm Heiko Sauermilch das Wort: „Man müsste mehr als tausend Mal danke sagen, für die Arbeit, die Sie und die ehrenamtlichen Helfer leisten.“ Allenthalben Zustimmung bei den Anwesenden.

Im Laufe des darauf folgenden Gespräches merke Wolfgang Auerbach an, dass man über einen weiteren Helfer oder Helferin in Gommern sehr glücklich wäre.

Die Frage, ob die Tafel hinsichtlich Medikamenten Bedarf hätte, verneinte er, gab aber weitere Einblicke in die Arbeit. Bei dem einen oder anderen Tafelnehmer erkenne man auch mal ein Suchtproblem oder Probleme gesundheitlicher Natur. „Da hängen wir uns natürlich dran, suchen das Gespräch, suchen nach Möglichkeiten, zu helfen - was auch oft gelingt“, berichtete Wolfgang Auerbach weiter.

Die Tafeln generell sind natürlich auf Spenden angewiesen - nicht nur in Form von Lebensmitteln, auch in rein finanzieller Form. Lobend wurde das Beispiel der Bon-Aktion des Lidl-Marktes erwähnt. Das Geld der von den Kunden nicht eingelösten Pfand-Bons kommt direkt der Tafel in Gommern zu Gute.

„Ich möchte Ihnen noch eine gute Nachricht mitgeben“, richtete Gordon Köhler (AfD) das Wort an Wolfgang Auerbach. „Wir haben als Fraktion darüber gesprochen, wo man als Mandatsträger Aufwandsentschädigungen hinspenden könnte. Jeder unserer vierköpfigen Fraktion hat sich entschieden, es noch etwas aufzustocken, so dass wir nun eine Summe von 1000 Euro haben, die wir Ihnen gerne spenden würden“, übermittelte er die gute Nachricht.

Spendenkonto der Gommeraner Tafel: DRK Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land e.V., IBAN: DE 9381 0540 0005 3000 0075, VWZ Tafel Gommern