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Corona-Krise Stark veränderter Alltag in Tierarztpraxen

In der Kleintierpraxis an der Ehle in Biederitz läuft wegen der Verbreitung des Coronavirus alles etwas anders ab.

Von Anke Reppin 06.04.2020, 06:00

Biederitz l Wer zur Zeit die Praxis von Andrea Wagner in Biederitz aufsucht, der muss zuallererst Fragen zum Coronavirus beantworten. Gefragt wird, ob man Kontakt zu einem infizierten Patienten hatte, in den vergangen Tagen verreist war oder aus einem vom Robert-Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebiet zurückgekehrt ist. Die Befragung gehört zu den Vorsorgemaßnahmen, die die Tierärztin getroffen hat, um möglichst während der gesamten Zeit der Corona-Krise für ihre tierischen Patienten da sein zu können. Außerdem erhebt die Tierärztin auf diese Weise Daten, die im Fall einer nachgewiesenen Infektion zur Nachverfolgung der Infektionskette für das Gesundheitsamt wichtig sind.

„Im positiven Corona-Fall oder bei erwiesenen Kontakten würde die Praxis geschlossen und es fände gar keine Versorgung statt“, ist auf der Homepage der Tierärztin zu lesen. Das möchte Andrea Wagner auf jeden Fall vermeiden. Denn der Bedarf ist groß. Das Coronavirus ändert nichts daran, dass auch tierische Patienten weiter der Behandlung bedürfen. Vom kleinen Wehwehchen bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen ist in der Behandlungspalette alles dabei. Und worum es sich beim jeweiligen Leiden von Hund, Katze oder Maus genau handelt, kann letzten Endes nur der Tierarzt kompetent einschätzen.

Warum die Tierärzte bei den Regelungen der Regierungen zuerst „hinten runter“ fielen, kann Andrea Wagner deshalb nicht verstehen. In den ersten Tagen der Eindämmungsverordnungen sei nicht klar gewesen, ob die Praxis schließen muss oder geöffnet bleiben darf. In der Aufzählung fehlten die Tierarztpraxen schlichtweg. „Wir können die Tiere doch aber nicht unbehandelt oder sogar sterben lassen“, habe sie sich gedacht und für ihre Praxis eigene Regelungen aufgestellt.

Ohnehin führt die Kleintierpraxis an der Ehle eine reine Terminsprechstunde. Tierbesitzer, die regelmäßig hierher kommen, wissen das bereits. Um der Situation rund um die Verbreitung des Coronavirus gerecht zu werden, hat Andrea Wagner weitere Anpassungen vorgenommen. Dazu zählt, dass der Besuch in der Praxis grundsätzlich abgesprochen sein sollte. Kunden, die „mal eben vorbeikommen“, müssen im Zweifel länger vor der Tür warten oder sogar an eine andere Praxis verwiesen werden. „Sprechen Sie Ihren Besuch in der Praxis also im Vorfeld mit uns ab“, bittet die Tierärztin. Das gelte auch für die Abholung von Rezepten oder Medikamenten.

Wenn Tierbesitzer Symptome wie Husten oder Fieber haben oder sich gerade in Quarantäne befinden, bittet die Tierärztin darum, das ehrlich zu sagen. Denn auch in diesen Fällen könne man telefonisch eine Lösung finden, wie die Behandlung des Haustieres am sinnvollsten organisiert und durchgeführt werden könne.

Im Wartebereich der Kleintierpraxis dürfen sich zur Zeit lediglich zwei Mensch-Tier-Gespanne aufhalten. Die Stühle sind hier auf zwei reduziert worden, die in weitem Abstand zueinander stehen. „Außerdem bitten wir die Besitzer, dass möglichst nur ein Mensch mit dem Tier herkommt“, sagt Wagner.

Damit die Einhaltung dieser Maßnahmenn kontrolliert werden kann, ist die Praxis abgeschlossen. Sollten sich trotz Terminvereinbarung mehr als zwei Mensch-Tier-Gespanne vor der Praxis sammeln, dürfen zwei rein und die weiteren werden gebeten, draußen oder im Auto zu warten. Die Praxis-Mitarbeiter kontaktieren die Tierbesitzer dann telefonisch, wenn das Wartezimmer wieder frei ist.

Auch vor der Praxis rät Andrea Wagner ihren Kunden: „Achten Sie auf den nötigen Abstand zueinander.“

Dass in den Räumlichkeiten der Praxis das Coronavirus einiges verändert hat, merkt man nicht nur an den fehlenden Stühlen im Wartebereich. Schon beim Betreten schlägt einem der Geruch von Desinfektionsmittel entgegen.

„Wir sind hier ständig am Desinfizieren“, sagt Andrea Wagner. Unter anderem Hände, Türklinken, ec-Gerät und Stuhllehnen werden einige Male mehr als sonst üblich desinfiziert. Die Tierärztin ist froh, dass ihr zur Zeit wieder ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Denn in der Versorgung mit Desinfektionsmitteln sei es auch bei ihr zum Teil schon eng gewesen.

Für Andrea Wagner steht fest: Die Ansteckungsgefahr geht derzeit vom Menschen aus. Sie verweist aber auch auf Tests mit Tieren. So hat das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit vor wenigen Wochen mit Infektionsstudien an Schweinen, Hühnern, Flughunden und Frettchen begonnen. „Erste Ergebnisse zeigen, dass Flughunde und Frettchen empfänglich für eine SARS-CoV-2 Infektion sind, Schweine und Hühner hingegen nicht“, teilte das Institut Ende der vergangenen Woche mit. Betont aber, das Haustiere weiterhin „keine Rolle bei der Verbreitung des Virus spielen“.

Von Desinfektionsmaßnahmen an Haustieren rät Andrea Wagner ab. Desinfizierte Pfoten könnten Haut und Haare des Tieres schädigen und durch das Ablecken der Pfoten weitere Probleme entstehen.

Aufgrund der Corona-Erkrankungen in einer Hausarztpraxis und einem Seniorenheim in Biederitz hat die Tierärztin die Maßnahmen in ihrer Praxis ab heute noch einmal verschärft. Jeder, der die Praxis betritt, wird gebeten, einen Mundschutz und Handschuhe zu tragen. Denn zwei Meter Abstand - das lässt sich bei der Behandlung nicht in jedem Fall gewährleisten.