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An der Lungenklinik in Lostau zeigen die Mediziner, wie der Alltag ohne Dunst funktioniert Die letzte Zigarette ausdrücken - danach folgt der Start in ein rauchfreies Leben

06.10.2012, 01:12

Raucher sind weniger leistungsfähig, sagt Dr. med. H. Jost Achenbach. Zum Thema Entwöhnung befragte Redakteur Falk Heidel den Ärztlichen Direktor der Klinik für Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin und thorakale Onkologie in Lostau.

Volksstimme: Herr Dr. Achenbach, Sie empfehlen den Menschen den Abschied von der Zigarette, warum?

Dr. med. H. Jost Achenbach: Jeder Raucher kennt die negativen Auswirkungen des Rauchens sehr genau. Er weiß um die gesundheitlichen Schädigungen durch den Tabakkonsum, bemerkt die eingeschränkte Leistungsfähigkeit bei sportlichen Aktivitäten oder im normalen Alltag und kann sich genau ausrechnen, wie viel Geld er für die Zigaretten ausgibt. Und trotzdem raucht er weiter.

Volksstimme: Im Gegensatz zu anderen Drogen gilt das Rauchen als eher harmlos. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Gefahren?

Achenbach: Keine andere Droge oder kein Medikament hat solch ein Wirkungsspektrum wie die Zigarette: Sie wirkt entspannend, wird gleichzeitig zur Konzentrationssteigerung gebraucht wie auch zur Beruhigung, unterdrückt das Hungergefühl und ist Belohnung nach getaner Arbeit.

Volksstimme: Die Lungenklinik Lostau gibt Raucherentwöhnungskurse. Wer es schon versucht hat, allein mit dem Rauchen aufzuhören, weiß wie schwer das ist.

Achenbach: Richtig. Wir wollen zur Vorbeugung von Erkrankungen der Lunge und anderer Organe beitragen. Diese Kurse sind zertifiziert. Von den gesetzlichen Krankenkassen werden bis zu 80 Prozent der Teilnehmergebühr erstattet. Das Ziel ist die vollständige Tabakentwöhnung. Daher werden diese Kurse in einer Gruppe von maximal zwölf Teilnehmern durchgeführt.

Volksstimme: Das Rauchen wird als ein erlerntes Verhalten angesehen, welches auch wieder verlernt werden kann.

Achenbach: Erkenntnisse aus der Therapieforschung zeigen auf, welche Prinzipien zur Veränderung von Verhalten entscheidend sind: Die Selbstbeobachtung des eigenen Rauchverhaltens, die Ressourcenaktivierung (Aufbau und Anwendung von Alternativen zum Rauchen), die Problemaktualisierung (Erkennen von kritischen Situationen) sowie aktive Hilfe zur Problembewältigung (Rückfallstrategien)

Volksstimme: Viele Raucher befürchten, nach dem Rauchstopp zu zunehmen.

Achenbach: Tatsächlich nehmen etwa dreiviertel aller Personen nach dem Rauchstopp zu. Diese Gewichtszunahme hat zwei Ursachen: Raucher haben einen erhöhten Energieumsatz. Das Nikotin stimuliert den Körper und ein Raucher verbraucht mehr Kalorien. Daher wiegt ein Raucher etwa zwei Kilogramm weniger als ein Nichtraucher. Nach dem Rauchstopp benötigt der Körper weniger Energie. Ohne dass man sein Essverhalten ändert, nimmt man zu. Das Körpergewicht stabilisiert sich jedoch nach einer Gewichtszunahme von zwei bis drei Kilo.

Volksstimme: Zu den Problemen gehören aber auch die Heißhungerattacken.

Achenbach: Das Nikotin besitzt eine Appetit hemmende Wirkung und hat Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Nach dem Rauchstopp kann vermehrt ein Hungergefühl auftreten und der Appetit zunehmen, was dazu führt, dass mehr gegessen wird. Außerdem kann die Zigarette durch Essen kompensiert werden. Statt zu rauchen wird gegessen. Die vermehrte Kalorienzufuhr ist ein weiterer Teil der Gewichtszunahme. Aber: Man müsste mehr als 30 Kilo zunehmen, um das Herz genauso zu beanspruchen wie durch das Rauchen.

Volksstimme: Viele Menschen schwören auf unterstützende Entwöhnungs-Zusätze.

Achenbach: Vielen Rauchern fällt der Start in ein rauchfreies Leben leichter, wenn sie eine medikamentöse Unterstützung nutzen. Ob und für welches Medikament man sich entscheidet, liegt bei jedem selbst. Es wird in einer Kursstunde darauf eingegangen. Nikotinpräparate werden am häufigsten in Form von Pflastern, Kaugummi oder Lutschtabletten zur Unterstützung genommen. Diese Präparate enthalten Nikotin, aber keine Giftstoffe. Sie können rezeptfrei in der Apotheke erworben werden. Andere Medikamente wie Champix oder Zyban sind rezeptpflichtig und müssen vom Arzt verordnet werden.