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37 Rekruten geloben ihre Treue dem deutschen Volk Erste "freiwillige" Soldaten vereidigt

Von Anja Keßler 06.09.2011, 04:31

Die feierliche Vereidigung gehört zu den Höhepunkten ihrer Grundausbildung. Das sagten gestern die Rekruten Richel und Albrecht. Seit zwei Monaten ist die Bundeswehr ihr Arbeitgeber. Die beiden jungen Männer gehören zu den ersten, die freiwillig ihre Wehrpflicht ableisten.

Reesen. "Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen, und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen." Diese Formel sagten gestern 37 Rekruten der Bundeswehr, die seit zwei Monaten in Diensten stehen. Damit haben sie zwei Drittel der Grundausbildung absolviert, die seit Einführung der freiwilligen Wehrpflicht verkürzt wurde.

Zwei der jungen Männer und Frauen, die entweder wie "früher" direkt nach der Schule zur Bundeswehr gegangen sind oder sich auch mit einer Berufsausbildung bei der Truppe gemeldet haben, sind Arne Richel und Oliver Albrecht. Seit ihrem Eintritt in die Bundeswehr heißen die beiden jetzt Schütze Richel und Flieger Albrecht. Weil beide bereits eine Lehre abgeschlossen haben, steigen sie mit einem höheren Dienstgrad ein.

"Ich habe Kaufmann im Groß- und Einzelhandel gelernt und dann meine Erfahrungen dort gesammelt. Danach ein Seminar über Spedition und Logistik gemacht." Dabei kam das Interesse an der Bundeswehr. "Sicher, auch weil es ein sicherer Job hier ist", räumt Flieger Albrecht ein. "Doch es ist mir tatsächlich auch eine Ehre, meinem Land zu dienen", sagt der 20-Jährige mit Überzeugung. Freunde, die bereits bei der Bundeswehr waren, haben den Entschluss verstanden, sich für vier Jahre zu verpflichten. "Andere haben es nicht verstanden. Auch meinen Eltern ist es sicher nicht so leicht gefallen." Trotzdem erfuhr er von der Familie Unterstützung für seinen Weg.

Auch der Risiken, die mit seinem neuen Arbeitgeber verbunden sind, ist sich der Berliner, der in der 6. Kompanie des Logistikbataillons 172 in Beelitz seinen Dienst für die Luftwaffe versieht, bewusst. "Aber ich bekomme etwas von der Bundeswehr, also muss ich auch etwas geben", sagt Albrecht, der gestern zur Rekrutenabordnung gehörte, und damit seinen Eid an der Nationalflagge ableisten durfte. "Eigentlich wollte ich mich sogar für mehr melden", sagt der junge Mann. "Aber wie bei der freien Wirtschaft verteilen wir die Bewerber nach Bedarf", erklärt Presseoffizier Leutnant Steffen Scholz. Darum leistet Albrecht jetzt seinen Dienst bei der Luftwaffe, obwohl er sich auch für das Heer interessiert hatte.

Ein wenig aufgeregt waren Albrecht und Richel, immerhin gehöre das Ablegen des Eides zum "Highlight". Man betone dadurch noch einmal die Entscheidung, dem deutschen Volk zu dienen. Der Ablauf wurde in der Kaserne trainiert, aber in der Nacht zu Montag ist Schütze Richel die Schritte dann doch noch mal gedanklich durchgegangen.

"Auch bei mir war es die freie Entscheidung ohne Druck von Arbeitslosigkeit", erklärt der 21-Jährige aus Osterode (Niedersachsen). "Ich hatte einen festen Job als Elektromaschinenmonteur. Der war sicher, aber mir fehlte die Vielfältigkeit in der Arbeit." Sein ziviler Arbeitgeber habe da an Attraktivität verloren, die Bundeswehr gepunktet. "Außerdem gibt es ja nach den vier Jahren auch die Möglichkeit, wieder in der freien Wirtschaft zu arbeiten."

Seit zwei Monaten leben die Rekruten jetzt in der Kaserne. Das sei eine Umstellung gewesen, weg von zu Hause. "Ich bin selbstständiger geworden", erklärt Oliver Albrecht. "Und fitter", ergänzt Arne Richel. Die anfängliche Sehnsucht nach zu Hause und den Freunden sei inzwischen dem Zusammengehörigkeitsgefühl in der Truppe gewichen.

Seit 1. Juli stellt die Bundeswehr Soldaten auf Zeit ein. Der Freiwillige Wehrdienst ist auf bis zu 23 Monate angelegt. Die gestern in Reesen vereidigten Rekruten haben sich für vier Jahre verpflichtet. Egal, wofür man sich entscheidet, sechs Monate Probezeit sind obligatorisch. "Die Soldaten, aber auch die Bundeswehr, sollen die Möglichkeit haben, zu sehen, ob es der richtige Weg ist", erklärte Major Guido Ziegler, der gestern die Vereidigung durchführte. Seit der Abschaffung der Wehrpflicht gebe es tendenziell weniger Interessenten, die sich bei den Wehrdienstberatern melden würden.

Und auch bei der Vereidigung, die öffentlich in Reesen stattfand, weil der Ort Patengemeinde für die 4. Kompagnie des Burger Logistikbataillons ist, waren nicht mehr alle am 1. Juli eingestiegenen Soldaten dabei. Die Gründe dafür seien vielfältig.