Hubschrauberbesatzung aus Magdeburg ist zwar teuer, aber im Notfall die günstigere Alternative Fehlt Notarzt, wird Christoph 36 gerufen
Eine alte Dame sackt matt zusammen, der Kreislauf rebelliert. Ein Notarzt muss helfen. Schnell. Doch in der Nähe ist keiner verfügbar. Was tun? Christoph 36 wird angefordert. Der Hubschrauber aus Magdeburg ist eine teure Alternative zum Rettungswagen. Und doch rechnet sich das Modell.
Burg/Magdeburg l Christoph 36 nennt sich der Helfer in der wirklich allergrößten Not. Er kommt aus Magdeburg und ist ein Hubschrauber des Typs EC 135. Größte Not im Jerichower Land herrscht, wenn ein Rettungswagen samt Notarzt seine gesetzliche Frist von 20 Minuten bis zum Einsatzort nicht einhalten kann, sei es, weil der Arzt bereits im Einsatz ist oder der Weg durch die ländliche Region zu weit.
In solchen Fällen fordern die Mitarbeiter der Leitstelle den Rettungshubschrauber samt Notarzt aus Magdeburg an. Der benötigt bis Burg nur 8 Minuten, kostet jedoch auf den ersten Blick deutlich mehr als ein Rettungswagen. Dennoch ist es kein Minusgeschäft.
Immerhin knapp 52 Euro werden pro Flugminute fällig, erklärte Andreas Arnsfeld, Sprecher der AOK Sachsen-Anhalt, auf Volksstimme-Nachfrage. Die Krankenkassen müssen diese Flüge für ihre Versicherten zahlen. Bei einem Einsatz von durchschnittlich 30 Flugminuten kommen so 1560 Euro für Hubschrauber und Besatzung zusammen.
Für einen Rettungswagen werden laut Gebührensatzung des Kreises nur 280 Euro plus Kilometerpauschale von 2 Euro berechnet. Muss ein Notarzt anrücken, werden für das zusätzliche Fahrzeug weitere 162 Euro plus Notarztpauschale von 134 Euro und 2 Euro Kilometerpauschale in Rechnung gestellt. Macht bei einem Einsatz in 10 Kilometer Entfernung einen Preis von 656 Euro. Das ist im Vergleich zum Hubschrauber deutlich weniger.
"Dennoch", sagt Martin Wenger von der Kassenärztlichen Vereinigung, "der Einsatz eines Rettungshubschraubers ist günstiger, als dauerhaft einen weiteren Notarzt im Kreis vorzuhalten. Der Hubschrauber kann nicht durch einen weiteren Notarzt ersetzt werden." Er müsse nur im Einsatz bezahlt werden. Ein Notarzt verlange dagegen im Durchschnitt pro 24-Stunden-Schicht 630 Euro.
Der Hubschrauber kostet eine feste Summe Geld im Jahr, egal ob er am Boden steht oder fliegt. Die makabre Rechnung lautet deshalb: Je öfter der Hubschrauber fliegt, desto günstiger werden die berechneten Einsätze.
Vergangenes Jahr flog Christoph 36 - so der Funkname des Magdeburger Modells - 1408 Mal zu einem Einsatz, im gesamten Norden Sachsen-Anhalts. Überwiegend wird ein Arzt von Ort zu Ort gebracht. 31 Mal wurde ein Intensivtransport angefordert, berichtet Eva Baumann, Sprecherin bei der DRF Luftrettung, dem Betreiber des Hubschraubers.
Mit Hilfe dieser Zahlen werden jedes Jahr die Kosten pro Flugminute neu kalkuliert. Wie oft der Hubschrauber im Jerichower Land aktiv war, wurde von der DRF nicht mitgeteilt. Fest steht aber, dass bis 31. Mai dieses Jahres im Kreis 19 Mal Notärzte aus anderen Regionen angefordert wurden. Das erklärte Kreissprecher Henry Liebe auf Volksstimme-Nachfrage.
Davon ausgehend, dass all diese Ärzte über den Luftweg angereist kamen und die Flüge jeweils 30 Minuten dauerten, so entstanden Kosten in Höhe von 29 640 Euro. Allein ein bereit gestellter Notarzt hätte für den gleichen Zeitraum bis Ende Mai knapp 96 000 Euro gekostet.
Auch Arnsfeld sagt: "Die Einrichtung und Unterhaltung eines zusätzlichen Notarzt-standortes ist aufgrund der doch im Vergleich geringeren Anzahl von Hubschraubereinsätzen nicht wirtschaftlich und nach den gesetzlichen Vorschriften nicht notwendig."
Allerdings könne auch kein bestehender Notarzt durch fliegende Kollegen ersetzt werden. "Der Hubschrauber fliegt nicht nachts und nicht bei Sicht unter 800 Meter", erklärte Peter Ziegler, Pilot und Stationsleiter von Christoph 36.