Grünes Dorf Das Biotop geht vor

Einstimmig lehnte der Ortschaftsrat Vehlitz ab, auf der renaturierten Fläche eine Fotovoltaikanlage errichten zu lassen.

Von Manuela Langner 04.09.2019, 06:00

Vehlitz l Völlig ohne Geld und Arbeit zu investieren, habe sich auf der Fläche ein Biotop entwickelt. „Es wäre wirklich schade, wenn dort eine Fotovoltaikanlage hinkommt.“ Der Vehlitzer Gerald Lücke nutzte die Einwohnerfragestunde der jüngsten Ortschaftsratssitzung, um Stellung zu beziehen. Ortsbürgermeister Hartmut Specht (Wählergemeinschaft Vehlitz) freute sich über beide Bürger, die an der Sitzung am Montagabend teilnahmen und ihre Meinung äußerten.

Mit dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „Sondergebiet Freiflächen-Fotovoltaikanlage“ beschäftigte den Ortschaftsrat nur ein einziges Thema.

Ursprünglich war die Fläche eine Kiesgrube gewesen. In Vehlitz ist noch der Name „Spechts‘ Kiesgrube“ ein Begriff. Der Ortsbürgermeister wies darauf hin, dass ihm die Fläche früher gehört habe. Zu DDR-Zeiten entwickelte sich die ehemalige Kiesgrube zur Müllkippe. Zu Beginn der 1990er Jahre wurde die Fläche oberflächlich bereinigt. Ende der 1990er Jahre gab es die Idee, dort einen Stall für neugeborene Ferkel zu errichten. Gescheitert ist das Vorhaben an den Kosten, die für die Stromversorgung veranschlagt worden waren, blickte Hartmut Specht zurück. An der Vehlitzer Übersichtskarte im Sitzungsraum zeigte er die Lage der Fläche, damit sich jeder zurechtfinden konnte.

Beispielsweise für Rebhühner und Fasane sei das Gebiet ideal, weil sie dort die Insekten finden würden, die sie zur Aufzucht ihrer Küken benötigen. „Dort ist das Insektenleben noch intakt“, warb Gerald Lücke für den Erhalt dieser Fläche. Weit und breit gebe es nichts Vergleichbares. Zugleich argumentierte er, dass Vehlitz auch ohne die Freiflächen-Fotovoltaikanlage ausreichend Ökostrom produziere.

„Vehlitz ist ein grünes Dorf“, bestätigte Hartmut Specht. Allein 1000 Haushalte würden über die landwirtschaftliche Biogasanlage, die Windräder und vorhandenen Fotovoltaikanlagen mit Strom versorgt werden. Das ist deutlich mehr als das Dorf zum Eigenbedarf braucht.

Die Freiflächen-Fotovoltaikanlage auf der ehemaligen Kiesgrube/Müllkippe würde nach Auskunft des Investors jährlich Energie für etwa 400 Drei-Personen-Haushalte produzieren.

Beraten wurde mit dem Aufstellungsbeschluss der allererste Schritt. Zur Erarbeitung des Bebauungsplanes würde unter anderem die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gehören, also auch der Naturschutzbehörde. Darüber hinaus müsste geprüft werden, ob sich die ehemalige Müllkippe als Standort überhaupt eignet.

Froh über die Grünfläche und den Tierbestand zeigte sich auch Silvio Brandt (Wählergemeinschaft Vehlitz). Es gebe genügend andere freie Flächen wie Dächer, um Fotovoltaikanlagen zu installieren. „Ich bin gegen diesen Eingriff in die Natur.“ Dem schloss sich Doreen Saage (Wählergemeinschaft Vehlitz) an. Claudia Maletzki (Wählergemeinschaft Vehlitz) stellte eine Nachfrage zum Planungsrecht, da sich die Fläche in Privatbesitz befindet, die Gommerns Bauamtsleiterin Sylvia Tetzlaff gleich beantwortete.

Bei der Abstimmung positionierten sich die Vehlitzer ganz deutlich gegen die Fotovoltaikanlage. Alle stimmten dagegen.

Neu ist das Ansinnen des Investors nicht. Schon im Februar diskutierte der Bau- und Umweltausschuss über die Freiflächen-Fotovoltaikanlage. Allerdings entstand schon damals kein deutliches Votum dafür. Die geschätzte Gewerbesteuereinnahme von 1000 Euro konnte nicht überzeugen.

Gestern Abend war die Freiflächen-Fotovoltaikanlage erneut Thema im Bau- und Umweltausschuss. Bislang hat es der Stadtrat Gommern immer so gehalten, den Empfehlungen aus den Ortschaften zu folgen, wenn die Themen direkt die Ortschaft betrafen.