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Abwasser Gully-Gestank nur die Spitze des Eisberges

Mit einheitlichen Pumpen und einer gezielteren Schmutzwasserbehandlung will der Abwasserzweckverband (AZV) Möckern 2017 agieren.

Von Stephen Zechendorf 01.02.2017, 09:00

Möckern l Es stinkt aus so manchem Gully der Einheitsgemeinde Möckern wortwörtlich zum Himmel. Christian Herschel von der „Heidewasser“ GmbH, nennt Schwefelwasserstoff (H2S) als Ursache. Die Heidewasser GmbH ist der verantwortliche Betriebsführer des AZV Möckern. Die Gerüche bilden sich, weil die Abwasserrohre bei der Planung groß dimensioniert wurden, dann aber die angeschlossenen Haushalte weniger Wasser verbrauchen, als geplant.

Der Durchschnittsverbrauch pro Kopf und Tag liegt im Verbandsgebiet bei etwa 90 Liter, erklärt Andrea Bernau. „120 Liter wären ein Traum“ so die Mitarbeiterin der Heidewasser GmbH. In dem Unternehmen mit Sitz in Magdeburg ist man sicher, die Kunden sparen manchmal an der falschen Stelle. Denn das Einsparen von Trinkwasser sorgt nun für hohe Kosten beim Erhalt des Abwasserleitungssystemes.

Eine niedrige Fließgeschwindigkeit in den Rohren tut ein Weiteres dazu, dass sich Stoffe in den Rohren ablagern und der Gestank durch die Gullis kriecht. „Uns wurde damals von den Behörden auferlegt, so große Rohrdurchmesser einzubauen. Wir wollten kleinere Durchmesser“, erklärt dazu der Verbandsvorsitzende und Stadtbürgermeister Frank von Holly. Nach der politischen Wende in Deutschland hatte man ab den 90er Jahren sukzessive das zentrale Abwassersystem ausgebaut. Entsorgt wird in die Kläranlage, die der Abwasserzweckverband Möckern mit der Anhaltinischen Geflügelspezialitäten GmbH am Ortsausgang in Richtung Hohenziatz betreibt.

Der Geruch in den Gullys sei aber nur die „Spitze des Eisbergs“, so Christian Herschel: „Oft treten Geruchsbelästigung und biogene Korrosion gemeinsam auf.“ Die Dämpfe zersetzen dann den Beton der Rohrleitungen, greifen die eingebaute Pumpentechnik an und machen Steigeisen in den Schächten marode. Für den AZV stellen sich somit mehrere Aufgaben. Neben der Kundenzufriedenheit und der Verhinderung von Gestank geht es auch um die Betriebssicherheit.

Das Unternehmen hatte zur Ermittlung der Gesamtsituation vor über einem Jahr Studien in den drei Teilbereichen des Verbandsgebietes durchgeführt und deren Ergebnisse in einer Sulfidbilanz zusammengetragen. Ergebnis: In fast allen Rohren sind die Schwefelwasserstoffkonzentrationen hoch. Insbesondere der Kanal Lüttgenziatz ist geprägt durch erhebliche H2S-Belastungen, die auf die Abwassereinleitung aus Hohenziatz zurückzuführen sind. Auch in Möckern sind sehr hohe Schwefelwasserstoffkonzentrationen gemessen worden.

In wohl jedem Ortsteil der Einheitsgemeinde wird es Anwohner geben, die diese Liste locker um ein paar Punkte ergänzen könnten. „Ausgehend von den H2S-Messungen des AZV sind in vielen Bereichen merkliche Geruchsbelästigungen und Korrosionsgefährdungen zu erwarten“, heißt es in der Studie.

Verschiedene Maßnahmen könnten die Probleme lösen. So etwa die Zugabe von Chemikalien in das Abwasser. „Wir füttern also die Bakterien“, erklärt Christian Herschel. „Nitratdosierungen können wirtschaftlich sein, allerdings eher bei Anfangspumpwerken mit niedrigen Abwassermengen, solange das Abwasseralter und somit der O2-Bedarf noch vertretbar gering ist.“

Auch der Einsatz von Fällmitteln ist in Teilbereichen des Kanalsystemes sinnvoll. Anderenortens empfiehlt die Studie bauliche Veränderungen: Etwa die Verlängerung von Druckleitungen oder so genannte Pumpwerksumfahrungen. Auch der Einsatz von Geruchsdämpfungssystemen wird in der Liste aufgeführt. Am Pumpwerk Waldstraße Möckern empfiehlt die Studie etwa den Aufbau einer Abluftbehandlungsanlage, ebenso am Lüttgenziatzer Weidenweg.

Die Investitionskosten für alle empfohlenen Maßnahmen werden mit über 800 000 Euro angeführt.

Ob und in welchem Umfang der AZV den Empfehlungen der Studie nachkommt, wird in einer kommenden Versammlung beschlossen, erklärt Verbandsgeschäftsführer Frank von Holly.

In einer zweiten Studie wurde den Ausschussmitgliedern ein sogenanntes Pumpenkonzept vorgelegt. Ziele des Pumpenkonzeptes sind ein geringerer Stromverbrauch im gesamten Verbandsgebiet, etwa durch effizientere Technologie und einheitliche Pumpen für die Pumpstationen. In gewissen Abschnitten muss zum Beispiel Wert auf scharfe Schneidemesser in den Pumpen gelegt werden. Wo Pflegeeinrichtungen liegen, kam es wiederholt zu Verstopfungen wegen Hygienetüchern.

Die angestrebten Einsparungen werden sich jedoch nicht positiv auf die Kostenbescheide der AZV-Kunden auswirken. Man werde weiter in die Qualität der Abwasserentsorgung und die Sicherheit der Anlage investieren, so Frank von Holly. Kernziel bleibe weiterhin, den aktuellen Abwasserpreis zu halten. Schließlich müsse der Abwasserzweckverband Möckern ja auch stark investieren.