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Huskyfan Leidenschaft auf vier Beinen

Jessica Werner ist angehende Hygienefachkraft in Gommern. Sie liebt Huskys und fährt leidenschaftlich gerne Rennen.

Von Thomas Pusch 01.02.2020, 16:00

Gommern l Aufgeregt bellen die Huskys in ihrer großzügigen Zwingeranlage. Besuch ist gekommen, das spüren sie. Und Junior-Frauchen ist wieder zu Hause, darüber freuen sie sich besonders. Jessica Werner schaut zuerst beim Nachwuchs vorbei, vier Welpen sind vor ein paar Wochen zur Welt gekommen, dann geht es zu den größeren Tieren. „Alle müssen der Rangfolge nach begrüßt werden“, erklärt Jessicas Mutter Jaqueline. Ein wenig wie beim Menschen, nur würden die das wohl nicht zugeben.

Dass Jessica einmal mit solcher Leidenschaft Huskys ins Herz schließen und Schlittenhunderennen fahren würde, war gar nicht abzusehen. „Eigentlich wollte ich einen anderen Hund haben“, möchte sie fast gar nicht die ganze Wahrheit erzählen, rückt dann aber doch heraus: „einen Dalmatiner“. Doch es kam ein Wurf der Huskys ihrer Eltern dazwischen. Nur ein Welpe überlebte – und wurde Jessicas erster Husky, Cayden. Das war vor vier Jahren.

Damals waren Huskys schon längst zu Hause bei Familie Werner. André Werner hatte anders als seine Tochter schon immer Huskys haben wollen. „Mich hat ihr Aussehen begeistert“, erzählt er. Und was nur wenige wissen, Huskys sind auch richtige Familienhunde. Bekannt sind sie natürlich für ihre charakteristisch schönen Augen, ihren Bewegungsdrang und die elegante Art, mit hohem Tempo Schlitten durch verschneite Landschaften zu ziehen.

Nach dem ersten Husky folgen der zweite und weitere. Nach der Motivation gefragt, sagt André Werner spontan: „Fragen Sie mal Eltern, warum sie sich ein zweites Kind zulegen“. Mittlerweile sind es elf Huskys und sie sind in der Tat so etwas wie Familienmitglieder. Und deshalb werden sie auch nicht abgeschoben, wenn das Alter oder eine Krankheit nicht mehr zulässt, dass sie an Rennen teilnehmen. Sie werden weiter gepflegt, bis sie über das gehen, was die Werners die Regenbogenbrücke nennen. „Vielleicht liegt es auch daran, dass wir alle drei aus Gesundheitsberufen kommen“, sagt Jaqueline Werner. Sie selbst ist Krankenschwester in Dessau, ihr Mann arbeitet beim Blutspendedienst und Jessica ist angehende Hygienefachkraft in der Helios-Fachklinik in Vogelsang. Die gelernte Krankenschwester hat einige Jahre im Operationssaal gestanden, wollte dann noch etwas Neues lernen. Außer der Ausbildung zur Hygienefachkraft absolviert sie ein Studium zur Pädagogin im Gesundheitswesen. an der Akkon-Hochschule in Berlin. „Ich habe schon viele aus dem Gesundheitswesen bei Rennen getroffen, für die die Huskys der perfekte Ausgleich sind“, erzählt sie.

Rennen, auch die haben heutzutage teilweise unter den veränderten Klimabedingungen zu leiden. Anders als bei Skiabfahrt oder Biathlon, wo Schneekanonen oder Schneevorräte eingesetzt werden, um Pisten und Loipen zu präparieren, werden Schlittenrennen eben abgesagt, wenn kein Schnee liegt.

Nach dem theoretischen Vorgeplänkel möchte Jessica Werner dann aber auch in der Praxis zeigen, was für sie die Faszination an den Huskys und dem Schlittenhunderennsport ausmacht. Und die Hunde haben offenbar auch keine Lust mehr, im Zwinger angestarrt zu werden. Mit Vollgas rasen sie auf den Transporter zu, in dem maßgeschneidert ihre Boxen untergebracht sind. „Shadow of Nordic Fire“ steht auf dem Heck und das steht für einen Traum. „Einmal mit einem Schlitten unter dem Polarlicht fahren, das wäre toll“, schwärmt André Werner.

Auch seine Tochter hat einen Traum. Bislang ist sie nur kürzere Rennen gefahren. Wobei auch das relativ ist, allein bei einem Sprintrennen werden schon sechs bis zehn Kilometer zurückgelegt. Doch längeres Rennen, das bedeutet Strecken über mehrere Tage zurücklegen. Dafür sind ein spezieller Schlitten und besondere Ausrüstung für Mensch und Tier erforderlich. Ein nicht gerade billiges Unterfangen. Insgesamt etwa 7000 Euro werden dafür fällig. „Da könnte ich gut einen Sponsor gebrauchen“, meint Jessica lächelnd.

Die Huskys bekommen schon das Geschirr angelegt, dann geht es bei der Trainingsrunde schneller an den Start. Auf der Fahrt in Richtung Elbe will das Bellen auf der Ladefläche gar nicht mehr aufhören. „Weil sie ihr Geschirr umhaben, wissen sie, dass es jetzt zum Training geht, da sind sie schon aufgeregt“, sagt André Werner, der hinter dem Lenkrad sitzt. Bei längeren Fahrten, etwa zu einem Rennen oder in den Urlaub, bekommen sie nämlich nicht gleich ihr Geschirr angelegt.

Urlaub ohne Hunde – das schien ab einem bestimmten Zeitpunkt unvorstellbar für Familie Werner. Und so schaffte sie sich Stück für Stück Fahrzeuge und Ausrüstung an, die es ermöglichten, gemeinsam mit den Hunden in den Urlaub fahren zu können. Ohne sie war immer mehr zur Qual geworden. Wie ohne liebgewonnene Familienmitglieder.

Nach wenigen Minuten ist das Trainingsgelände an der Elbe erreicht. Einer nach dem anderen werden sechs Huskys vor den Wagen gespannt. Ein Wagen, denn von Schnee war auch bei Gehrden weit und breit nichts zu sehen. Auf Jessicas Kommando geht es los, und der Wagen scheint von 0 auf blitzschnell zu beschleunigen. Wahrscheinlich sind es nur gut 20 Stundenkilometer, sie nimmt Rücksicht auf ihren Gast, aber über Stock und Stein, durch enge Kurven, macht auch dieses Tempo einiges her. „Am liebsten habe ich es auf Schnee, wenn man nichts hört außer dem Hecheln der Hunde“, sagt sie zwischen zwei Kommandos, die Leithund Cayden befolgt und so die anderen fünf Hunde im Gespann mitzieht. Wenn sie auf dem falschen Weg sind, bremst Jessica Werner die Tiere aus, ordnet das Gespann neu und weiter geht’s.

Die Huskys rennen, der Fahrtwind pfeift, der Matsch spritzt. „Deshalb habe ich immer eine Schutzbrille auf“, verrät die Lenkerin lachend. Nach einer guten Viertelstunde ist die sechs-Kilometer-Trainingsrunde geschafft. Und geschafft sind für den Moment auch die nimmermüden Huskys. Sie bekommen Wasser.

Für die Musher, sprich Mascha, so werden Lenker eines Hundeschlittens genannt, und den Reporter gibt es zu Hause bei Familie Werner etwas Heißes zu trinken und ein Stück Kuchen. Die Servietten zieren – stilecht – Huskys. „Die Hunde kommen bei uns zwar nicht ins Haus, aber sie sind trotzdem da“, sagt Jaqueline Werner und zeigt auf die Wände an denen Zeichnungen und Fotos der Vierbeiner hängen – wie es bei Familienmitgliedern eben so üblich ist.

Weitere Informationen zu Familie Werner und ihren Huskys gibt es im Internet unter www.shadow-of-nordic-fire.de.