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Volksstimme-Gespräche mit Ausrichtern der Landesgartenschau 2010 in Aschersleben: Laga verbessert Lebensgefühl

19.07.2011, 04:33

Derzeit läuft die Bewerbungsfrist für die Landesgartenschau im Jahr 2018. Burg hat sich entschieden, die Schau auszurichten. Hilfreich bei der Bewerbung ist auch der Blick zurück. Wie haben es andere gemacht? Mit dem Oberbürgermeister von Aschersleben, wo die Laga 2010 stattfand, Andreas Michelmann, und dem Geschäftsführer der eigens gegründeten städtischen GmbH, Jürgen Herzog, sprach Volksstimme-Redakteurin Anja Keßler.

Volksstimme: Gleich zu Anfang des Gespräches, bitte Ihr Resümee: Hat sich die Landesgartenschau 2010 für ihre Stadt gelohnt?

Andreas Michelmann: Ja, auf jeden Fall. Sicher nicht im finanziellen Aspekt. Aber wir haben erreicht, dass sich die Lebensqualität deutlich verbessert hat. Man merkt sehr deutlich, dass die Aschersleber an Stolz auf ihre Stadt gewonnen haben. Straßencafés haben geöffnet und laufen auch jetzt gut. Und es sind viele Schandflecke verschwunden, die wir ohne die Laga, die gemeinsam mit der Internationalen Bauausstellung gelaufen ist, nicht hätten bearbeiten können.

Volksstimme: Verbessertes Lebensgefühl ist das eine. Die Kosten das andere. Wie viel Geld hat die Stadt ausgegeben? Wie wurde das finanziert? Und wie sieht die Einnahmenseite aus?

Michelmann: Insgesamt haben wir für die Gartenschau und die Internationale Bauausstellung (IBA) 2010 42 Millionen Euro ausgegeben. Etwa die Hälfte haben wir über Fördermittel finanziert. Genau 5,2 Millionen Euro davon kamen vom Land für die Landesgartenschau. Den Rest bilden zum großen Teil IBA-Mittel, die in die Infrastruktur geflossen sind. Eines muss man ganz deutlich sagen: Ohne die IBA hätten wir nicht einen solchen Schritt in der Entwicklung der Stadt machen können.

Jürgen Herzog: Der Stadtetat für die Durchführung der Laga betrug sechs Millionen Euro. Davon wurden unter anderem die zwölf Mitarbeiter der eigens gegründeten und zeitlich begrenzten GmbH bezahlt, die 70 Helfer des zweiten Arbeitsmarktes, Honorarkräfte, die Veranstaltungen, Künstler und das Marketing bezahlt. Die Einnahmen beliefen sich auf vier Millionen Euro.

Volksstimme: Wie hoch sind jetzt die Schulden ihrer Stadt?

Michelmann: Unser Schuldenstand liegt derzeit bei mehr als 60 Millionen Euro. Wir haben wie viele andere auch ein Konsolidierungskonzept. Darin steht, wir wollen bis 2020 bei 57 Millionen Euro ankommen. Wir leisten uns nur noch eine Turnhalle, die im IBA-Konzept vorgesehen ist, und die Ausweitung unseres Gewerbegebietes, das zu 100 Prozent ausgelastet ist. Außerdem werden wir Personal abbauen.

Aber eines muss den Bewerberstädten gesagt werden: Die Planungen können noch so genau sein. Dass unsere Gewerbesteuereinnahmen, die sonst bei acht Millionen Euro lagen, im Jahr 2010 auf zwei abgesunken sind und die Kreisumlage erhöht wurde, das konnte keiner voraussehen. Da müssen die Entscheider sich vorher klar sein, dass ihnen die Gartenschau solche Risiken wert ist.

Volksstimme: Wie konnten Sie sich da sicher sein?

Michelmann: Den Plan, eine Laga zu machen, den hatten wir schon, als das Land nach der Bundesgartenschau in Magdeburg 1999 die Städte eingeladen hatte, so etwas zu organisieren. Als dann die Voraussetzungen geändert wurden und nicht mehr nur Brachflächen am Stadtrand, sondern innerstädtische Areale umgestaltet werden sollten, haben wir uns intensiver mit dem Thema beschäftigt. Und dann war klar, wir sind bei der IBA 2010 dabei. 2005 hat der Stadtrat mit einer Enthaltung den Grundsatzbeschluss gefasst. Bei jedem Schritt haben wir alle mitgenommen, auch die Bürger der Stadt einbezogen. Für die sollte es eine Gartenschau sein.

Herzog: Die Besucherzahlen haben uns recht gegeben. Mit 400000 haben wir gerechnet, 550000 sind es geworden. Davon waren 50 Prozent auch in der Stadt. Die Gastwirte hatten ein Umsatzplus von 50 bis 60 Prozent. Außerdem hatte unsere Laga überdurchschnittlich viele Dauerkarteninhaber. Ein Drittel mehr als üblich. Das bedeutet, dass gerade die Aschersleber die Laga genutzt haben.

Volksstimme: Gab es auch etwas, was nicht so stimmte?

Michelmann: Bei uns eigentlich nicht. Gut war, dass wir, anders als die Städte vor uns, die Laga-Förderung vom Land in einer pauschalen Zuweisung bekommen haben. Aber eines hat mich wirklich gestört: Das Landesverwaltungsamt hat kurzfristig untersagt, dass die Läden in der Innenstadt an den Sonntagen während des halben Laga-Jahres öffnen durften. Die Besucher haben immer wieder gesagt: Es ist so schön hier, auch die kleinen Läden. Schade, dass die zu sind.

Volksstimme: Welchen Rat geben Sie den potenziellen Bewerberstädten?

Michelmann: So etwas funktioniert nur von innen nach außen. Die Bewohner müssen dahinter stehen. Sicher hatten wir auch Kritiker. Aber bei allem, was entstanden ist, haben wir die Akzeptanz der Bevölkerung gesucht. Wichtig war uns die kinderfreundliche Laga mit entsprechenden Eintrittspreisen. Gegen soziale Ausgrenzung hatten wir einen eigenen Tarif für Inhaber des Aschersleber Sozialpasses. Aber sicher haben wir, und das muss man ganz deutlich sagen, von der genialen, einmaligen Kombination mit der IBA und den guten Fördermöglichkeiten darüber profitiert. Außerdem sind wir zu anderen Laga-Städten in ganz Deutschland gefahren und haben geschaut, was dort für uns passendes dabei war und was wir nicht wollten.

Herzog: Ein praktischer Rat: Nur, was dauerhaft angelegt ist, wird auch gefördert. Allerdings geben wir jetzt jährlich 200000 Euro für die Pflege der neuen Grünanlagen im Stadtgebiet aus.

Michelmann: Aber das ist es wert, wenn die Aschersleber jetzt ein besseres Lebensgefühl haben und deshalb hier bleiben bzw. Arbeitgeber damit auch bei der Suche nach Fachkräften punkten können gegenüber anderen Städten.