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Nahverkehr Minute kann entscheidend sein

350 Änderungen hat der neue Fahrplan der Nahverkehrsgesellschaft Jerichower Land. Wie entsteht eigentlich ein Fahrplan? Ein Blick nach Burg.

Von Thomas Pusch 03.01.2020, 00:01

Burg l Ein wenig wirkt das Büro von Daniela Kramer wie eine Schaltzentrale. Per Tastendruck kann sich die Prokuristin der Nahverkehrsgesellschaft Jerichower Land (NJL), die auch Leiterin des Verkehrsbereichs ist, jede Linie auf den großen Bildschirm holen.

Insgesamt 24 sind es, mit denen die NJL nicht nur im Jerichower Land unterwegs ist, sondern auch bis in den Landkreis Stendal und ins Nachbarland Brandenburg. Sie alle miteinander zu koordinieren, ist die Kunst, die zum neuen Fahrplan führen soll.

Rund 350 Änderungen sind es, die jedes Jahr in das Werk aus Zeiten und Haltestellen – insgesamt 754 sind es – einfließen. Änderungsvorschläge kommen von vielen Seiten, angefangen von den Fahrern, die beispielsweise eine Verzögerung durch eine längerfristige Baustelle bemerkt haben. „Man mag denken, eine Minute wäre nicht entscheidend, aber dann kann schon der Anschluss nicht klappen“, erklärt Kramper die Feinarbeit. Vorschläge kommen auch von Fahrgästen. 3,4 Millionen sind es pro Jahr. Im offiziellen NJL-Sprachgebrauch werden sie als „Beförderungsfälle“ bezeichnet, weil es sich ja nicht um 3,4 Millionen verschiedene Menschen handelt.

An einem Beispiel erklärt Daniela Kramper, wie schwierig es ist, allen gerecht zu werden. Die Linie 703 führte über viele Ästchen von Burg über Grabow, Theeßen und Magdeburgerforth nach Schopsdorf. Das führte bei den Schopsdorfern zu Ärger, weil sie so lange unterwegs waren. Nun wurde die 703 mit der 711 verknüpft, das Ästchengeflecht entspannt. Nun mögen aber manche Fahrgäste auf der 711 länger unterwegs sein. „Es ist letztlich auch eine Abwägungsfrage, wie viele Fahrgäste von einer möglichen Änderung betroffen sind“, erläutert Kramper.

Im Mittelpunkt aller Planungen steht der Schülerverkehr. Rund 4000 Schüler werden täglich in den Bussen der NJL befördert. Auch dafür hat Daniela Kramper Tabellen, kann genau sagen, wie viele Schüler an welcher Haltestelle zusteigen. Da müssen auch die Schulanfangszeiten miteinander koordiniert werden, wenn Grund- und Sekundarschule beispielsweise um 7.30 Uhr anfangen, das Gymnasium aber erst um 8. Durch den Nahverkehrsplan des Landkreises, der aktuelle ist noch bis 2029 gültig, hat die NJL gewisse Vorgaben. Befördert werden Grundschüler ab einem Schulweg von 1,5 Kilometern, Fünft- bis Zehntklässler ab drei sowie Oberstufen- und Berufsschüler ab vier Kilometern. Die Fahrzeit darf bei Grundschülern pro Strecke 45 Minuten betragen, bei den Älteren sind es 75. Die Wartezeit bis zum Schulbeginn soll nicht zu lang sein, sie wird sich aber nicht vermeiden lassen. Der Fuhrpark ist begrenzt, 113 Busse sind es, das Budget natürlich auch. „Ein Fahrplan muss fahrbar sein“, fasst es Kramper zusammen.

Die Busse betreibt die NJL nicht selbst, Sie gehören der Personennahverkehrsgesellschaft Burg und der Personennahverkehrsgesellschaft Genthin. Rund 100 Busfahrer sind unterwegs.

Wenn auch der Schülerverkehr den überwiegenden Anteil der Fahrgäste ausmacht, so gilt das Prinzip, den Fahrplan so bedarfsgerecht wie möglich zu machen, für alle Fahrten. Es sind alles unsere Fahrgäste“, sagt Daniela Kramper und sie lebt diesen Gedanken auch. Mit einem Nebenjob während ihres Studiums fing es an, dann kehrte sie zurück und blieb bei der Nahverkehrsgesellschaft. Seit 20 Jahren ist sie bereits im Unternehmen, stammt aus der Region, weiß daher ganz genau, wie wichtig eine gute Busverbindung ist.

Es geht um den Verkehr im gesamten Gebiet, ob es nun um die kürzeste Linie mit einer Länge von 17 Kilometern handelt oder die längste Linie, die bei 79 Kilometern liegt. Die Linienlänge aller 24 Linien beträgt insgesamt 960 Kilometer. Das entsprich ungefähr der Strecke von Burg nach Pisa oder von Genthin nach Manchester.

Bei aller Computertechnik, ein Programm, mit dem der neue Fahrplan erstellt wird, gibt es nicht. Dort sind nach wie vor Menschen am Werk. Und gerade wegen des menschlichen Faktors bittet Daniela Kramper um Verständnis, „denn es ist oft schwierig, sehr kurzfristig auf veränderte Verkehrssituationen zu reagieren“.