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Obdachlose Zurück in ein normales Leben

Der Burger Stadtrat hat die Nutzung von Obdachlosenunterkünften in einer neuen Satzung geregelt.

Von Mario Kraus 01.03.2019, 00:01

Burg l Das Leben kann sich über Nacht oder manchmal auch schleichend ändern: Scheidung, Überschuldung, Verlust des Arbeitsplatzes und als Sanitäter in der Not eine Kumpanei mit dem vermeintlichen Rettungsanker Alkohol. Am Ende eines Teufelskreises stehen schlimmstenfalls die Obdachlosigkeit und die Angst, nicht mehr auf die Spur zurückzukommen. „Es sind die unterschiedlichsten Schicksale, die letztlich dazu führen, dass Männer oder Frauen an die Türen der entsprechenden Unterkünfte klopfen“, sagt Jens Vogler, Leiter des zuständigen Fachbereiches in der Stadtverwaltung. Sie hält auch in Burg Notunterkünfte vor, die Betroffene eine gewisse Zeit nutzen können.

Nach dem Jahr 2000 wurde die entsprechende Satzung jetzt vom Stadtrat neu gefasst – quasi als Verwaltungsakt und auch deshalb, weil nunmehr klar geregelt ist, wann Obdachlosigkeit vorliegt und dass in Burg auch nur Personen ein Zimmer beziehen können, die auch in der Stadt gemeldet sind. Es sei denn, es besteht Gefahr für Leib und Leben. In der Praxis seien in den vergangenen Jahren auch Personen aus anderen Kommunen nach Burg geschickt worden. „Das jedoch ist rechtswidrig“, so Vogler. So würden menschliche Probleme auf eine andere Kommune abgewälzt.

Abgesehen von allen Gesetzen und Paragrafen, die sich zwangsläufig um die Obdachlosigkeit drehen, müsse es mehr denn je auch in Burg darum gehen, Menschen in ihren Notsituationen konkreter zu helfen, betonte Vogler in nahezu allen Fachausschüssen des Stadtrates. Und zwar mit Menschen, die nach Möglichkeit über sozialpädagogische Kenntnisse verfügen. Der Jurist warb anhand eines Projektes, das den Namen „Not-Hilfe-Haus“ trägt und im Land schon einmal auf die Beine gestellt wurde. Im Kern geht es darum, durch eine betreute Wohnform Obdachlose wieder in den Lebensalltag einzugliedern - mit konkreter Hilfe. Denn leider seien sich manche in Not geratene Bürger nicht im Klaren darüber, „dass der Einzug in die Obdachlosenunterkunft kein Dauerzustand sein darf“. Solch ein „Not-Hilfe-Haus“ sei als Art Wohn-, Werte- und Arbeitsgemeinschaft zu verstehen, bei der die Bewohner den Tag gemeinsam gestalten und zugleich fachlich begleitet werden.

Der Knackpunkt folgt jedoch auf dem Fuße: Eine derartige Betreuung und Begleitung könne keine Kommune ohne Weiteres leisten. Vielmehr müssten sich dafür Träger finden, die diese Aufgaben übernehmen.

Der Appell Voglers decke sich auch mit einem Rundschreiben des Städte- und Gemeindebundes von 2016. Dort heißt es unter anderem, dass eine stationäre Betreuung an der Wirklichkeit vorbeigehe, sondern zeitweise Betreuungsformen wesentlich sinnvoll seien. Dazu zählten neben sachkundige Hilfe auch ambulante Begleitungen im Alltag. „Ohne konkrete personelle Unterstützung wird es nicht gehen“, sagt Vogler. Auch deshalb, weil die Betroffenen neben ihren Mietschulden auch überfordert seien, mit Anträgen oder Papieren umzugehen und ihre Sorgen in den Amtsstuben nur mit großen Mühen klären können.

Offen und auch „dankbar für die Initiative“ zeigte sich Elke Fenger-Schwindack (SPD), die selbst jahrelang im sozialpädagogischen Bereich tätig ist und solche Probleme kennt. Das Beispiel des „Not-Hilfe-Hauses“ sei ein wichtiger Ansatzpunkt für die Zukunft, der jetzt vertieft werden müsse. Möglicherweise auch in Kooperation mit dem Landkreis. Es sei richtig, mit möglichen Trägern ins gespräch zu kommen.

Burg hält derzeit zwölf Plätze in der Obdachlosenunterkunft in der Grünstraße vor, die nahezu immer ausgelastet sind, und acht Plätze in einer Schlichtwohnung in der Yorckstraße. Diese Schlichtwohnung ist auch für plötzliche Fälle von Obdachlosigkeit und Opfern von Unglücksfällen, Havarien oder besonderen Ereignissen vorbehalten.