Schülerprojekt Reise in die Vergangenheit
Möckeraner Sekundarschüler tauchen in der Alten Pfarre ins Mittelalter ein

Stephen Zechendorf
Möckern. Wie stellt man sich das Mittelalter vor? Kalt und dunkel! Kein Wunder also, dass die erste Aufgabe für die Sekundarschüler war: Feuer machen!
Die elf Siebtklässler der Gemeinschaftsschule „Am Park“ in Möckern waren auf Einladung der Pfarrhaus-Eigentümerin Kamilla Bühring auf das weitläufige Grundstück gekommen. Sie wollten erleben, wie die Menschen lebten, zu Zeiten, als die Alte Pfarre noch nicht alt war.
„Errichtet wurde das erste Pfarrhaus an dieser Stalle im 16. Jahrhundert. Es brannte im 30-jährigen Krieg ab“, sagt die gebürtige Möckeranerin. Das jetzige Pfarrhaus stammt aus dem Jahr 1666. Es ist somit das älteste Gebäude Möckerns und im Wesentlichen seit der Errichtungszeit unverändert. Der authentisch erhaltene Pfarrhof ist in dieser Vollständigkeit als Zeugnis ländlich-hauswirtschaftlicher Nutzung in Sachsen-Anhalt eine Seltenheit. So ist an der Ostseite des Baus in einem kleinen Anbau ein nur noch sehr selten zu findender Doppel-Abort – jeweils für Erwachsene und Kinder – erhalten. Zudem verfügt das Haus über eine sogenannte Schwarze Küche.
Wenn Kinder die Geschichte nicht kennen, machen sie später die gleichen Fehler
Kamilla Bühring
Diese Einzigartigkeit will Kamilla Bühring bewahren und mit Hilfe des historischen Ambientes der Jugend Geschichte näherbringen: „Mir liegt Geschichte so am Herzen. Wenn Kinder sie nicht kennen, machen sie später die gleichen Fehler“, ist Kamilla Bühring überzeugt.
Die Hausherrin setzt bei der Begegnung mit der Jugend auf Gespräche und Erzählungen. Dabei soll das Zeigen nicht zu kurz kommen. Dafür hat sie historische Alltagsgegenstände verschiedener Epochen auf Tischen vorbereitet. Alte Geldscheine mit Millionenwerten, die doch nichts wert waren, ein altes Poesiealbum, Fotos, die nachdenklich machen. „Die jungen Leute waren interessiert, ich denke, es ist ein bisschen was bei ihnen angekommen“, so Kamilla Bühring. Stimmung kommt auf, wenn die jungen Leute ihre IPads aus der Hand legen, um Holzschuhe und Leinenkittel anzulegen. So bekleidet ging es in der Nacht zum Außen-Klo, wenn man dringend musste.
Der Landkreis ist groß und Genthin liegt für manche Orte etwas abseits. Als mobiles Museum kommen wir zu den Schülern.
Moritz Weber, Kreismuseum Genthin
Die Holzschuhe und Kittel hat Moritz Weber mit gebracht. Weber ist Museumspädagoge im Kreismuseum Genthin. Derzeit begibt sich das Museum „auf Tour“ für solche Projekte: „Der Landkreis ist groß und Genthin liegt für manche Orte etwas abseits. Als mobiles Museum kommen wir zu den Schülern“, erläutert Moritz Weber.
Bei dem Projekt auf dem Pfarrhof in Möckern soll eine Wanderausstellung entstehen, welche in allen Schulen des Landkreises gezeigt werden soll.
Aktuell wird das Pfarrhaus saniert. Weil die Treppe noch nicht gesichert ist, fällt eine Besichtigung der oberen Etage aus. Vielleicht ist es im September zugänglich. Kamilla Bühring plant, sich dann am Tag des offenen Denkmals zu beteiligen.
Das Ensemble des ehemaligen Pfarrhofes besteht aus Pfarrhaus, Schweinestall und Scheune. Um das Gebäude erstreckt sich ein großer Garten, der an die Stadtmauer grenzt.
Stolz zeigt die Hausherrin den jungen Besuchern die Innentoilette im Haus, welche damals wohl nur der Herr Pfarrer nutzen durfte. Der Herd in der „Schwarzen Küche“ fehlt. Kamilla Bühring fände es toll, wenn etwa Jugendliche unter fachmännischer Anleitung ihn wieder aufbauen könnten.
In der Gemeinschaftsschule hatten die jungen Siebtklässler erst kurz zuvor das Thema Fachwerk behandelt und selbst ein solches Fachwerkmodell gebaut, berichtet ihr Geschichtslehrer Georg Rösler.
Das kann ich alles nicht alleine stemmen“, sagt Kamilla Bühring. Über Helfer mit guten Ideen würde ich mich sehr freuen.
Kamilla Bühring
Den ganzen Vormittag verbringen die Schüler auf dem Pfarrgelände: „Toll, dass es den jungen Leuten Freude gemacht hat“, freut sich Kamilla Bühring anschließend. Gerne möchte sie solche Projekte wiederholen, gerne auch mit Grundschülern. Um alle Ideen umsetzen zu können, wäre jedoch mehr Unterstützung nötig. Etwa, wenn man - wie früher - Wasser über dem Feuer erhitzen wollte oder wenn mal mit den eigenen Händen Wäsche im Zuber gewaschen werden soll - „das kann ich alles nicht alleine stemmen“, sagt Kamilla Bühring. Über Helfer mit guten Ideen würde ich mich sehr freuen.“
Mit Erwin Rosner hatte sie an dem Projekttag einen verlässlichen „aktiven Mitschaffenden“, der für das leibliche Wohl der jungen Besucher sorgte und heiße Bockwürste spendierte.


