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  7. Richter Helmar Ernst: "Bereits in guten Zeiten für die schlechten Vorsorge treffen"

Das Gericht bestellt einen Betreuer, wenn man selber seine Angelegenheiten nicht regeln kann Richter Helmar Ernst: "Bereits in guten Zeiten für die schlechten Vorsorge treffen"

Von Nora Schmackert 04.02.2013, 01:27

Wer seine rechtlichen Angelegenheiten aus Krankheits- oder Altersgründen nicht mehr regeln kann, für den springt der Staat ein - sofern der Betroffene selber keine Vorsorge getroffen hat. Richter Helmar Ernst ist am Amtsgericht Burg für das Betreuungsrecht zuständig.

Burg/Genthin l Auf andere Menschen angewiesen zu sein, kann sehr schnell geschehen, durch eine schwere Krankheit oder einen Unfall. Auch wenn es meist das hohe Alter ist, was die geistigen Fähigkeiten trübt, so stellt sich hier wie da die Frage, inwieweit der Betroffene noch rechtliche Entscheidungen treffen kann. Für Vermögens- und Gesundheitsfragen, Verträge, Mietverhältnisse oder Versicherungsangelegenheiten, um nur einige Beispiele zu nennen, ist es wichtig, dass der Betroffene wirklich versteht, was für Folgen seine Entscheidungen haben.

Problematisch wird es, wenn die Vorsorge fehlt

Helmar Ernst ist Richter am Amtsgericht in Burg. Er ist zuständig für das Betreuungsrecht. Dienstags macht er seine "Runde". Besucht Pflegeheime, Krankenstationen, Psychiatrie. Zügig geht er dort die langen Flure entlang. Seine Akten unterm Arm. Viele Pfleger, Bewohner und Patienten kennen ihn schon. Er überprüft persönlich, ob eine Betreuung eingerichtet, ob sie verlängert oder in ihrem Rahmen eine Maßnahme ergriffen werden muss.

Im Seniorenheim tritt Helmar Ernst an das Bett einer Bewohnerin. "Verstehen Sie mich?", fragt er sie laut und deutlich. "Können Sie mich hören?", versucht er es nach einer Pause erneut. Die Seniorin antwortet nicht. Sie schaut ihn verständnislos an. Schaut dann wieder auf den Fernseher, in dem eine Kriminalserie läuft. Der Richter blättert in der Akte. Er schaut noch einmal auf die Frau. Dann ist für ihn die Sache bestätigt.

"Bei der Betreuung reden wir nicht von der natürlichen Handlungsfähigkeit", erklärt Helmar Ernst. Ein Demenzkranker beispielsweise sei bis zu einem bestimmten Stadium durchaus in der Lage, sich die Zähne zu putzen oder etwas zum Essen zu machen. Doch seine rechtlichen Angelegenheiten selbst zu verwalten, das wird schnell schwierig. In dieser Situation würde dann ein Betreuer einspringen. "Dies ist unproblematisch, wenn jemand eine Vorsorgevollmacht erteilt hat", erläutert der Richter. "Das heißt, er hat jemand anderen dazu bestimmt, im Falle der eigenen Unfähigkeit seine persönliche Dinge zu regeln."

Ein Problem trete allerdings auf, wenn keine Vorsorgevollmacht besteht. "Dann beginnt mein Aufgabenbereich", sagt Helmar Ernst und führt weiter aus: "Häufig bekommen wir oder die Betreuungsbehörde von Nachbarn, Angehörigen oder Krankenhäusern die Anregung, eine Betreuung einzurichten."

Dadurch werde ein Prüfungsprozess in Gang gesetzt. Die Betreuungsbehörde ermittelt die Hilfsbedürftigkeit der Person. Das tut sie, indem mit dem Betroffenen gesprochen und sein soziales Umfeld betrachtet wird. Danach holt der Richter noch ein psychatrisches Gutachten ein.

Die Betreuung regelt nur die persönlichen, rechtlichen Angelegenheiten des Betroffenen.

"Wenn beide Berichte vorliegen, höre ich die betreffende Person selber an." Dann erst trifft er die eine Entscheidung über das Ja oder Nein der Betreuung. "Das sind oftmals schwierige Fälle", teilt Ernst seine Erfahrung. Seit 20 Jahren arbeite er nun schon in diesem Bereich. "Jedem kann ich nur raten, noch in guten Zeiten für die schlechten Vorsorge zu treffen." Viele Probleme würden so gar nicht erst entstehen.

Eine Vorsorgevollmacht koste schließlich kaum etwas. Wer es ordentlich macht, lässt sich beim Notar beraten. Doch auch dann richten sich die Gebühren nach dem eigenen Vermögen. Im Höchstfall sind das 400, im niedrigsten Fall 10 Euro. Und das sollte es in jedem Fall wert sein, meint auch der Betreuungsrichter.

An die 600 neue Betreuungsanträge sind im letzten Jahr beim Amtsgericht Burg eingegangen. Die Zahl der laufenden Verfahren liegt bei 1516.

Helmar Ernst ist etwas angeschlagen - erkältet, wie so viele Leute in diesen Tagen. "Kranksein ist bei mir aber eigentlich nicht drin", sagt der 55-Jährige. Dann stapeln sich die Akten auf seinem Schreibtisch. "Und hinter jeder Akte steht ein Mensch, steckt ein Schicksal." Da sei keine Zeit zu verlieren. "Diese Arbeit ist mein persönliches Anliegen", betont er. Und daher müsse er nun auch weiter. Es stehe noch eine Unterbringung an. Ein junger Mann sei verhaltensauffällig. Er ist schon lange in Betreuung, jetzt habe er sich ein paar Sachen geleistet. "Da müssen wir ihn vielleicht erstmal sechs Wochen nach Jerichow bringen", sagt Ernst. In die Psychiatrische. Aber das bliebe zu prüfen. Auch nach Absprache mit dem Amtsarzt. Wie jeden anderen Fall guckt sich Helmar Ernst auch diesen persönlich und ganz genau an, bevor er über das Leben eines Menschen entscheidet.

Bei Fragen zum Thema helfen die Betreuungsbehörden und wie auch die Vereine. In Burg bietet das DRK Beratung, In der Alten Kaserne 13, Telefon (03921) 63 59 23. In Genthin der Betreuungsverein, Poststr.3, Telefon (03933)805900 oder im Internet unter www.lag-betreuungsvereine.de