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Schädlinge Waldschützer in Alarmbereitschaft

Nährstoffarme Böden, Wassermangel und steigende Schädlingspopulationen: Um die Wälder in Burg und Genthin steht es nicht gut.

Von Simone Pötschke 08.04.2019, 01:01

Burg/Genthin l Reichlich Regen und ein paar frostige Nächte wünschen sich die Betreuungsforstämter im Landkreis Jerichower Land zu den Eisheiligen Mitte Mai, spätestens aber zur Schafskälte Ende Juni, um das zu erwartende Ausmaß an Schädlingen im Forst der Region noch einzudämmen zu können.

Frühsommerliche Temperaturen und anhaltende Trockenheit versetzt Waldschützer und -besitzer in Alarmbereitschaft. Hält sich das Wetter, schlüpfen bald Borkenkäfer, Forleule und Co. in Massen.

In den Wäldern in und um Burg herrscht sprichwörtlich noch die Ruhe vor dem Sturm. „Noch ist der Borkenkäfer bei uns im Gebiet im Wintermodus“, sagt Wieland Günther, Mitarbeiter im Fachbereich Bau der Stadt Burg. Doch sollten die Nächte mild bleiben, könnte es einen explosionsartigen Start des Schädlingsbefalls geben.

Forstschädlinge wie der Blaue Kiefernprachtkäfer, aber auch die Forleule, profitieren von dem warmen und niederschlagsarmen Sommer und könnten nun große wirtschaftliche Schäden anrichten. Dem versucht das Betreuungsforstamt Elb-Havel-Winkel so gut es geht entgegenzuwirken. In und um Genthin geht es Kiefern, Lärchen und Fichten nicht gut. Hitze, Stürme und Trockenheit des Jahres 2018 haben ihnen ohnehin zugesetzt.

Der Genthiner Forstamtsleiter Peter Sültmann zeigt die Dramatik der Situation: nach den Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes gab es 371 Liter Niederschlag pro Quadratmeter und damit nur 68 Prozent der durchschnittlichen Menge der Vorjahre.

Folge ist zum Beispiel eine verminderte Harzproduktion, die es dem Blauen Kiefernprachtkäfer und anderen Borkenkäfern möglich macht, sich nahezu widerstandslos in und unter der Baumrinde zu vermehren.

In Kiefernbeständen sind durch die Revierleiter bis jetzt mehr als 80 Befallsherde mit zirka 1300 Festmetern Schadholz erfasst. Diese Zahlen sind besonders für die Waldbesitzer mehr als beunruhigend. Denn die haben nach dem Landeswaldgesetz dafür Sorge zu tragen, dass sich der Schädling nicht weiter ausbreitet. 73 Waldeigentümer, deren Flächen auf überwiegend sandigen Standorten zwischen Jerichow, Genthin, Parchen und Hohenseeden liegen, wurden für das Thema sensibilisiert und über den Schädlingsbefall informiert.

Auch Detlef Radtke, dem im Nedlitzer Forstamt die Burger Wälder zugeordnet sind, erklärt, dass Schädlinge, die bei frühen milden Temperaturen auf dem Vormarsch sind, nur die sekundäre Ursache für das zu erwartende Absterben von Fichten, Kiefern und Lärchen sind. „Durch die Vorschädigung der Bäume und die starke Trockenheit haben Borkenkäfer und Co. leichtes Spiel“ erklärt er.

Insgesamt sieht der Waldexperte als Hauptursache für die derzeitig angespannte Waldschutzsituation den spürbaren Klimawandel mit langanhaltenden, ungewöhnlich warmen Trockenperioden während der Vegetationszeit an. Schließlich ist es schlichtweg der Wassermangel, der vor allem für Fichten, die auf gute Wasserversorgung und eine hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen sind, das Aus bedeutet. Bei der Wahl zukünftig zu pflanzender Baumarten müssen zwingend die sich gerade deutlich ändernden Standortbedingungen berücksichtigt werden. Toleranz gegen Wassermangel und hohe Temperaturen sind dabei wichtige Parameter.

Ab Mitte April wird das Genthiner Betreuungsforstamt Elb-Havel-Winkel deshalb für die Waldbesitzer Vorführungen anbieten, bei denen erfahrene Forstleute aufzeigen, wie der Befall durch den Blauen Kiefernprachtkäfer zu erkennen ist und welche Sofortmaßnahmen dann einzuleiten sind.

Diese werden darauf hinauslaufen, dass befallene Bäume gerodet und samt Borke, in denen das Insekt die Eier ablegt und sich dann weiter entwickelt, aus dem Wald entfernt werden müssen.

Damit kommen auf den Waldbesitzer Kosten zu, redet Peter Sültmann nicht lange drum herum. Erschwerend käme aus der Sicht des Forstamtsleiters hinzu, dass die Holznachfrage nach den Stürmen der vergangenen Monaten auf dem Markt mittlerweile verhalten sei. Werde jedoch der richtige Zeitpunkt für eine Waldsanierung verpasst, könnten auch benachbarte Kiefernwälder von Borkenkäfern befallen werden.

Eine Option für den Waldeigentümer, das von den Schädlingen befallene Holz doch zu verwerten, sofern es sich um kleinere Mengen handelt, sieht Peter Sültmann, es als Brennholz Selbstwerbern anzubieten.

Auch Radtke rät Waldbesitzern dazu, immer so schnell wie möglich aufzuforsten. Auch hier stehen die Forstamtsmitarbeiter den Waldbesitzern gern beratend zur Seite. In den Wäldern in und um Nedlitz wurden im Jahr 2018 rund 77.000 Festmeter Schadholz aufgearbeitet und zum Verkauf gebracht. Insgesamt 44.000 Hektar gehören zum hoheitlichen Gebiet des Betreuungsforstamtes.

Die allgegenwärtige Kiefer wird neben dem Blauen Kiefernprachtkäfer im Bereich Ferchland auch von der Forleule, einem nadelfressenden Schmetterling, in Bedrängnis gebracht. Nicht unerwartet wurden im Ergebnis der Winterbodensuche Puppen aufgefunden und ein Überschreiten der Warnschwelle bei diesem Schädling im Bereich Genthin festgestellt.

„Momentan sind die Schwellenwerte für die Belagdichte der typischen Kieferngroßschädlinge, wie Forleule, Nonne, Kiefernspanner, Kiefernspinner und Kiefernbuschhornblattwespe noch nicht überschritten“, gibt Radtke vorerst Entwarnung für den Raum des Nedlitzer Forstamtes.

Um Rückschlüsse auf das zu erwartenden Populationenswachstum der Forleule ziehen zu können, sind seit März an verschiedenen Stellen rund um Ferchland sowie im gesamten Forstamtsbereich Genthin Fallensysteme aufgehängt worden, mit denen die Anzahl der gefangenen Falter bestimmt werden kann. „Wir werden die Fangzahlen sehr genau im Auge haben“, kündigte der Genthiner Forstamtsleiter Peter Sültmann an.