Handyverbot Vater, Mutter, Smartphone
Handyverbot für Eltern in Kitas der Stadt Essen: Einrichtungen aus Burg und Genthin begrüßen diese Regelung.
Burg/Genthin l Nur mal eben schnell antworten: Wenn das Display aufleuchtet oder das Smartphone in der Jacke kurz vibriert, ist es auch bei Eltern oft schnell vorbei mit der Aufmerksamkeit für die Kinder. Zehn Kitas in der Stadt Essen haben der Smartphone-Sucht in der Kindertagesstätte jetzt einen digitalen Riegel vorgeschoben: Dort herrscht ab sofort ein Handyverbot für die Eltern.
„Richtig so“, findet Ina Möbius, Vorsitzende der Kreiselternvertretung im Landkreis. „In dem Moment, in dem ich mein Kind in die Betreuung gebe, muss das nicht sein. Wenn ich mein Kind für acht Stunden abgebe, ist der Moment der Übergabe eine wichtige Zeit – für Kind und Eltern.“ Eine „Verbotszone“ könne man in den Kitas auch mit entsprechenden Aufklebern deutlich machen. „Das funktioniert in anderen Einrichtungen wie beispielsweise Arztpraxen ja auch.“ Und gerade bei Kindertagesstätten, die an viel befahrenen Straßen liegen, könne der Blick auf das Handy mitunter lebensgefährlich werden.
Ähnlich sieht das auch der Regionalverband Magdeburg-Jerichower Land des Deutschen Roten Kreuz (DRK) – Träger von 11 Kinderbetreuungsstätten in Genthin, Burg und Umgebung. „Wir appellieren an die Eltern, ihr Handy in der Kita in der Tasche zu lassen“, sagt Vorstand Andy Martius.
Das Thema sei schon länger präsent, bereits im Februar habe der DRK Regionalverband ein Info-Schreiben an die Eltern der Kita „Rasselbande“ in Genthin verschickt. Dieses stehe nun auch den anderen Kitas in Trägerschaft des DRK zur Verfügung.
Ein generelles Verbot sei schwierig, so Martius weiter. „Das Handy ist das Medium überhaupt.“ Auch in den Kitas selbst arbeite man mit Tablet-PCs, um die Kleinen an die Mediennutzung zu gewöhnen. Dabei spielt auch Datenschutz eine tragende Rolle – ein weiterer Grund für den Appell an die Eltern. „Viele fotografieren in der Kita nicht nur ihr eigenes Kind, sondern auch die anderen mit.“
Ein Punkt, der auch Heike Büchner beschäftigt. Die Leiterin der kommunalen Kita „Spatzenwinkel“ in Burg sieht die Nutzung von Smartphones im Kita-Alltag kritisch. Handyfotos machten in der Einrichtung weder Erzieherinnen noch Eltern, betont Büchner. „Wir sind auch nicht digital vernetzt.“ Lediglich bei öffentlichen Veranstaltungen macht die Kita selbst Fotos – aber auch da nicht mit dem Handy. „Unsere Erzieherinnen haben kein Handy in ihrer Tasche während der Arbeitszeit“, sagt die Kita-Leiterin. Lediglich bei Ausflügen sei ein Handy für eventuelle Notfälle grundsätzlich mit dabei.
Das Foto-Verbot herrscht auch in den Genthiner Kitas des Regionalverbands Magdeburg/Altmark/Börde/Harz der Johanniter. Eine extreme Smartphone-Nutzung hätten die Erzieherinnen vor Ort bisher nicht festgestellt, sagt Vorsitzender Jörg Angerstein. „Ein generelles Handyverbot für Eltern gibt es bei uns nicht. Gleichwohl betonten wir immer, dass der Moment der Abholung so wichtig für das Kind ist, dass die Eltern hier aufmerksam sein sollten“, so Angerstein. Zum einen wollten die Kinder von ihrem Tag berichten, zum anderen suchten auch die Erzieherinnen möglicherweise noch das Gespräch.
Neu ist das digitale Aufmerksamkeitsdefizit indes nicht: Eine entsprechende Kampagne unter dem Slogan „Haben Sie heute schon mit Ihrem Kind gespielt“ war schon 2016 in Mecklenburg-Vorpommern gestartet.