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Wild Hightech zum Schutz der Rehkitze

Junge Rehe sollen durch Einsatz von Drohnen auf Feldern zwischen Burg und Schermen dem sicheren Mähtod entgehen.

Von Mario Kraus 20.06.2019, 01:01

Burg l Morgens um sechs Uhr zwischen Burg und Schermen. Nach dem Regen am Abend zuvor sorgt ein kühler Luftzug für angenehme Frische auf dem Wiesenschlag unweit der Bundesstraße 1. Für Hartmut Meyer, Geschäftsführer der Gut Paulshof GmbH, ist der Tag ein besonderer im Leben eines Landwirts. Vor der ersten Grasmahd auf dem Wiesenschlag sollen Kitze gerettet werden, damit sie Stunden später nicht in die scharfen Messer eines Mähwerkes gelangen.

Durch ihren angeborenen Drückinstinkt bleiben die jungen Tiere nämlich regungslos im hohen Gras liegen. Das hat einerseits den Vorteil, dass sie für natürliche Feinde nicht so schnell zu finden sind, aber andererseits während der Ernte schnell den sicheren Tod finden können. Das will Meyer verhindern. „Auch aus Gründen des Tierschutzes, wozu jeder Landwirt verpflichtet ist.“

Er setzt dabei auf eine Methode, die in Deutschland immer mehr Zuspruch findet – den Einsatz von Drohnen und Wärmebildkameras. Mit Thomas Leonhard hat Meyer dabei einen Profi aus Bittkau (Landkreis Stendal) gefunden, der mit dieser Technik seit Jahren Erfahrung gesammelt hat und landauf, landab für die Kitzrettung geordert wird. Nur wenige Tage zuvor waren es bei einem Einsatz vier kleine Rehe. Und wieviel werden es diesmal? Unklar ist, ob wegen des nächtlichen Regens tatsächlich noch Tiere im nassen Gras ausgeharrt haben. Leonhard bestückt den Copter mit einem leistungsfähigen Akku, der dafür sorgt, dass die Drohne etwa 20 Minuten in der Luft bleiben kann, und stellt die Verbindung zwischen Drohne und Tablet her.

Der Vorteil: Per Luftbild kann jeder Zentimeter live geortet werden. Noch ein paar Tests – und schon hebt der Copter mit superteurer Wärmebildkamera ab. In einer Höhe von etwa 70 Metern wird der erste Schlag kontrolliert. Immer in der Hoffnung, dass die Kamera wegen der höheren Körpertemperatur eines Kitzes und der vergleichsweise kühleren Umgebung einen roten Punkt auf dem Tablet anzeigt. Dann nämlich würde dieser markiert und ein Helfer die Stelle absuchen. Sollte sich dort ein Kitz befinden, wird es – mit Handschuhen und viel Gras angefasst – zunächst in einer gut belüfteten Kiste oder anderen, sicheren Stelle abgelegt. Die Ricke würde es später wieder in ihre Obhut nehmen.

Doch der entscheidende Moment bleibt aus – noch. Nichts deutet auf der ersten Wiese darauf hin, dass sich dort noch Kitze versteckt haben. Für Hartmut Meyer ein beruhigendes Gefühl. „Dann können wir guten Gewissens mit dem Mähen beginnen.“

Eine Viertelstunde später bereitet Thomas Leonhard den Überflug eines zweiten Schlages vor. Nicht ohne auf die moderne Technik und ihren Halt einen kritischen Blick zu werfen. Lampen blinken, ein paar Signale zwischen Copter und Tablet, dann düst das Fluggerät gen Himmel. Der Drohnenführer, der in Hamburg einen entsprechenden Führerschein abgelegt hat, lässt den Blick nur selten vom Himmel und Tablet schweifen. „Theoretisch müsste hier das eine oder andere Kitz liegen“, sagt der Fachmann. Die ruhige Lage an der Beeke sei einfach ideal dafür. Doch auch auf dieser Fläche gibt es keinen Indiz dafür.

Knapp 23 Hektar werden an diesem Morgen abgeflogen. Von Rehkitzen keine Spur. Für Hartmut Meyer hat sich die Investition trotz allem gelohnt. Auch deshalb, weil er weiß, dass das künftige Futter nicht mit Tierresten verdorben wird und die im Vormonat gesetzten Kitze offenbar wohlauf sind. Nur, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit woanders Schutz gesucht haben.