Abschied Am liebsten würde ich alle mitnehmen
Am 1. April 2012 trat sie ihre Pfarrstelle in Mieste an. Genau sieben Jahre später verabschiedet sich Pfarrerin Cornelia Gerlitz.
Mieste l Die flache Landschaft wird ihr fehlen, sagt sie, „vor allem weil man hier so schön Fahrrad fahren kann“. Der Drömling natürlich, „die wunderschöne Natur“. Und auch den großen Garten wird sie wohl vermissen. Klar, wer hat schon einen solchen Park hinter dem Haus. Vor allem aber werden ihr die Menschen fehlen, sagt Cornelia Gerlitz. All jene, die sie in den vergangenen sieben Jahren kennengelernt, mit denen sie gearbeitet, geplant, organisiert, gelacht und zuweilen auch geweint hat – wenn sie eines ihrer Gemeindeglieder auf seinem letzten Weg begleiten musste. Denn schon in einem Monat werden rund 250 Kilometer zwischen ihr und ihren Schäfchen und allen bisherigen Mitstreitern liegen. Am 1. April wird die gebürtige Harzerin nämlich ihre neue Pfarrstelle in Jena antreten. Ehemann Tilmann ist schon dort. Der wissenschaftliche Bibliothekar hat in Jena eine spannende Arbeitsstelle angenommen, derzeit pendelt er zwischen Jena und Mieste hin und her.
Vor sieben Jahren sei er mit ihr gemeinsam in die Altmark gekommen. „Nun bin ich dran“, sagt Gerlitz. Eine Ehe, nur für die Wochenenden, komme für sie beide nämlich nicht infrage. „Zumal ich ja dann auch meist arbeiten muss.“ Als in Jena eine Pfarrstelle frei wird, bewirbt sich Gerlitz deshalb auch sofort – und wird angenommen.
Von nun an wird alles wohl ein bisschen größer. Gehörten in der Altmark vier Orte zu ihrer Kirche, werden es in Jena 14 Orte sein. „Aber es ist alles gut organisiert“, sagt sie. Auch ein Haus zur Miete haben sie und ihr Mann schon gefunden. Und so freut sie sich mittlerweile auch schon auf den Neuanfang. „Ich finde, Veränderung tut gut.“
Ohnehin habe für sie immer festgestanden, dass ihre erste Pfarrstelle nicht die letzte bleiben wird. „Und wir haben von Anfang an mit offenen Karten gespielt.“ Allerdings: „Ein bisschen wäre ich sicher noch geblieben ...“, wenn sich ihrem Mann nicht die neue berufliche Chance geboten hätte. Denn sie sei gut ausgekommen mit den „altmärker Sturköppen“, sagt Gerlitz augenzwinkernd. „Vielleicht, weil ich aus dem Harz komme. Uns sagt man das nämlich auch nach.“
Dabei sei die Zusammenarbeit eigentlich immer alles andere als stur gewesen, sondern sehr herzlich. Ob mit Gemeindekirchenrat oder mit den Ehrenamtlichen – mit allen habe sie prima zusammengearbeitet. Und das gelte auch fürs Kreiskirchenamt. „Viele sehen uns ja nur bei den Gottesdiensten oder Veranstaltungen, nebenbei fällt aber auch jede Menge Verwaltungsarbeit an“, macht Gerlitz klar. Dabei und auch in ihrer Gemeinde selbst habe sie immer viel Unterstützung gehabt.
Namen nennen, könnte sie viele, sagt Gerlitz. Dann allerdings würde sie vielleicht Gefahr laufen, den einen oder anderen zu vergessen. Nur zwei Leuten will sie auf jeden Fall ganz besonders danken: Nämlich ihrem Mann Tilmann, der ihre Arbeit immer unterstützt hatte, und ihrer Pfarramtssekretärin Ines Kurschatke. Die sei unentbehrlich gewesen, sagt Cornelia Gerlitz. Und – purer Zufall oder nicht – just in dem Moment kommt die ins Büro der Pfarrerin. Ein Schriftstück muss noch beglaubigt werden. Gerlitz macht das schnell und holt ihre rechte Hand dann einfach mit aufs offizielle Abschiedsfoto für die Volksstimme-Leser. „Ich möchte dich mit drauf haben“, sagt Gerlitz resolut. Und wer widerspricht schon freiwillig seiner (so netten) Chefin.
Apropos offizieller Abschied. Den wird es natürlich auch noch geben. Am Sonntag, 10. März, um 14 Uhr wird die Pfarrerin ihre Gemeinde zum letzten Mal zu einem Gottesdienst in „ihrer“ schmucken Miester Kirche begrüßen. „Danach gibt es dann Kaffee und Kuchen im Haus Altmark. Dazu sind alle herzlich eingeladen.“
Die meisten von ihnen wissen natürlich schon, dass sie nach Jena gehen wird. Bereits in der Adventszeit im vergangenen Jahr hatte Gerlitz es ihren Gemeindegliedern nach und nach erzählt, auch wenn Advent ja eigentlich Ankunft bedeute und nicht Abschied, gibt sie zu. Und auch wenn sie auf viel Verständnis gestoßen sei: „Viele waren auch sehr traurig.“
Wie es weitergeht im Miester Pfarrhaus steht schließlich auch noch in den Sternen, oder besser: In den Ausschreibungsunterlagen. Denn das Kreiskirchenamt suche natürlich nach einem Nachfolger, der baldmöglichst antreten könne, versichert die Pfarrerin. Einstweilen werde Pfarrer Johannes Bönicke wichtige Belangen übernehmen. Und möglicherweise könne ja auch über die evangelische Zehntgemeinschaft jemand für eine zeitweilige Vertretung gewonnen werden, hofft Gerlitz.
Irgendwie macht sie sich also doch ein bisschen Sorgen um die Zukunft „ihrer Altmärker“. „Am liebsten würde ich ja alle mitnehmen“, sagt sie lächelnd. „Wir bauen bei Jena einfach ein neues Dorf für alle auf.“ Das geht natürlich nicht. Dennoch wird Gerlitz viele schöne Erinnerungen nach Thüringen mitnehmen. Und eine wird dafür sorgen, dass sie die Altmark nie vergisst: Denn hier an „ihrem Kirchturm“ hing 2015 nach einer Fahrradtour ein großes Plakat mit dem Heiratsantrag ihres Mannes ...