Ronald Prokein aus Rostock berichtete in der Gardeleger Bibliothek über die Entdeckung des neuen Nord-Kältepols "Die Jakuten sind die besten Gastgeber der Welt"
Mit einem Vortragsabend hat sich die Bibliothek am Freitagabend am Vorlesetag beteiligt. Ronald Prokein berichtete über eine seiner abenteuerlichen Reisen.
Gardelegen l Als Weltenbummler sieht er sich nicht. Wenn Ronald Prokein über seine Touren berichtet, dann bezeichnet er sich selbst als Extremreisenden. Als solcher hat er mit dem Fahrrad die Welt umrundet, eine Kajaktour auf der Lena unternommen und einen Europalauf absolviert. Darüber hat er oft berichtet - zweimal bereits in der Gardeleger Bibliothek - und auch Bücher veröffentlicht.
Am Freitagabend nun war der Rostocker zum dritten Mal zu Gast in Gardelegen. In seiner knapp zweistündigen Dia-Film-Show berichtete er über seine siebte Tour, die ihn von Rostock über Russland, die Mongolei, China, Vietnam, Laos, Thailand, Malaysia und Singapur bis nach Australien geführt hat. Mit dabei waren Andy Winter und auf dem ersten Teil auch Schäferhund Athos. Wegen der Einreisebestimmung nach China musste der Vierbeiner aber in Ulan Bator warten.
Chronologisch berichtete der Rostocker unter dem Titel "Von der Entdeckung des Kältepols der Nordhalbkugel bis zum heißesten Ort Australiens" über die viermonatige Reise. Die Idee für diese Tour war schon auf einer früheren geboren worden. Als er nämlich mit einem Lastwagen vom Typ W50 zum damals offiziellen Kältepol der Nordhalbkugel, Oimjakon (laut Guinness Buch der Rekorde minus 71,2 Grad Celsius), fuhr, erzählten ihm Einheimische, dass ein Ort in der Nähe noch kälter sein soll. Das reizte den Extremreisenden.
Im Jahr 2007 nahm er Kontakt mit Wetterfachmann Jörg Kachelmann auf. Schnell war ein gemeinsames Projekt entwickelt, Kachelmanns Firma stellte Messtechnik zur Verfügung.
Im November 2007 starteten Ronald Prokein und Andy Winter mit einem Lada Niva von Rostock aus Richtung Sibirien. Während seines Vortrages blendete Prokein immer mal wieder die Weltkarte ein, um den Streckenverlauf zu verdeutlichen. Und so berichtete er vom Kurzbesuch in Moskau und dem Treffen mit ARD-Korrespondent Thomas Roth, erzählte über die Menschen und ihre Mentalität, über Freunde, die er während früherer Reisen gefunden hatte. Dabei zeigte er nicht nur die schönen Landschaften und Plätze, wie sie die Touristen mögen, sondern auch sehr viel vom Alltagsleben in den bereisten Ländern. Und so lernten die Gäste am Freitag auch eine tanzfreudige Wirtin einer kleinen russischen Gastwirtschaft kennen. Als die beiden Deutschen dort einkehrten, machte sie unmissverständlich klar: Einer von euch beiden soll mich heiraten. Haben sie dann nicht getan, aber die resolute Wirtin behielt das Handy von Ronald Prokein als Pfand ein - damit er zurückkehrt, um ihr Ehemann zu werden.
Weiter ging es in den Ort Jutschugej in Nordostsibirien. Dort installierten die beiden Reisenden die Messtechnik. Und sie bewies tatsächlich, dass es dort noch kälter ist als in Oimjakon - im Schnitt um zwei Grad Celsius. "Die Russen, die Jakuten, sind für mich die besten Gastgeber der Welt", erzählte Prokein und zeigte auch mehrere Fotos, wie die Deutschen herzlich in den Familien aufgenommen wurden, wie ihnen bei Pannen auf den vereisten Straßen geholfen wurde.
In Jutschugej trafen Prokein und Winter auch einen alten Bekannten namens Polikari. Ihm mussten zwei Monate zuvor beide Hände amputiert werden, nachdem er mit einem Motorschlitten bei minus 50 Grad Celsius ins Eis eingebrochen war. Danach lief er 20 Kilometer nach Hause, erst dann ging es ins Krankenhaus. "Sibirien kann sehr schön, aber auch erbarmungslos sein", sagte Prokein. Nach ihrer Rückkehr initiierten die Reisenden in Mecklenburg-Vorpommern eine Spendenaktion. Prominente wie Udo Lindenberg, Matthias Reim und G.G. Anderson malten Rentiere. Die Arbeiten wurden versteigert und aus dem Erlös Prothesen für Polikari finanziert.
Von Sibirien ging es weiter in die Mongolei und deren Hauptstadt Ulan Bator, der kältesten Hauptstadt der Welt. Es folgten China und noch einige andere Länder, bevor beide Australien erreichten. Ziel war Marble Bar, der heißeste Ort des Kontinents. Bei 43 Grad Celsius lief Prokein die letzten 100 Kilometer bis zum Ziel durch das menschenleere Outback. Dann ging es über Ulan Bator zurück, um den Schäferhund abzuholen. Einige Zeit später wiederholten Prokein und Winter die Sibirientour, um die Messgeräte abzuholen. Auch davon gab es am Freitag einige Bilder und einen Film - Sibirien im Sommer, ohne Eis, dafür aber mit unerträglich vielen Mücken und fast noch schlechter passierbaren Straßen.