Erinnerung an Christa Stubnick Eine Olympionikin aus Gardelegen: Diese Sprinterin gewann zwei Silbermedaillen
Wussten Sie, liebe Leserinnen und Leser, dass eine Olympiamedaillengewinnerin in Gardelegen im Altmarkkreis Salzwedel geboren und aufgewachsen ist? Christa Stubnick. Sie holte 1956 bei den Olympischen Spielen in Melbourne zwei Silbermedaillen. Die einstige Sportlerin aus Gardelegen starb am 13. Mai 2021 im nordrhein-westfälischen Borken. Rupert Kaiser, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, erinnert an die berühmte Sportlerin.

Gardelegen/Melbourne/Borken - Christa Stubnick – viele Gardelegener werden sich noch an die Tochter des ebenso beliebten wie legendären Krankenpflegers Franz Seliger aus der Ernst-von-Bergmann-Straße erinnern. Die meisten verbinden ihren Namen mit den XVI. Olympischen Spielen in Melbourne 1956, dem ersten Start von Sportlern der DDR innerhalb einer gesamtdeutschen Mannschaft. Die Stenotypistin – sie hatte ihr Handwerk in der Stadtverwaltung in Gardelegen erlernt – lebte zwar damals schon in Potsdam und startete für den Sportclub Dynamo Berlin, blieb aber im Herzen zeitlebens ihrer Geburtsstadt verbunden.
Berufsausbildung in der Stadtverwaltung
Und so fieberte man nicht nur im Hause Seliger, sondern in vielen Gardelegener Wohnungen den Übertragungen aus Melbourne entgegen, wenn Heinz Florian Oertel oder Heinz Maegerlein ihre sonoren Stimmen erschallen ließen. Das Übrige ist Geschichte: Am Ende standen zwei Silbermedaillen, errungen auf der Sprintstrecke über 100 und 200 Meter, auf der olympischen Habenseite der Christa Stubnick. Die ersten Olympiamedaillen für die junge DDR. In beiden Endläufen war nur Lokalmatadorin Betty Cuthbert schneller als die Deutsche. Doch das Mädchen aus Gardelegen hatte die Euphorie der Sportjournalisten aus aller Welt für sich.
„Christa Stubnick, eine Deutsche mit den schönsten Beinen der Welt, lief von allen Sprinterinnen, die in Melbourne am Start waren, am elegantesten, geradezu gazellenhaft, anmutig und locker …“, überschlugen sich zum Beispiel die Franzosen in ihrer Berichterstattung. Ähnlich die Italiener. Und die Australier mokierten sich über die geradezu „unästhetisch wirkenden, schockierend kurzen Hosen der deutschen Läuferinnen“.
Beifall für die Sportlerin aus Ost und West
In Deutschland beklatschten Ost und West die Medaillen von Christa Stubnick. Auch in den Amtsstuben der Sportpolitiker war man hüben und drüben des Lobes und des Jubels voll. Es waren dieselben Leute, die sich zwei Jahre zuvor nicht dazu entschließen konnten, eine gemeinsame Mannschaft zu den Europameisterschaften der Leichtathleten 1954 nach Bern zu schicken. Weil keiner dem anderen auch nur einen Teilnehmer mehr in der Mannschaft gönnte. Damals stand Christa Stubnick als Europarekordlerin und Studentenweltmeisterin im Zenit ihrer Laufbahn. Sie aber, schnellste Läuferin Europas, wenn nicht der ganzen Welt, saß am Radio in ihrer kleinen Potsdamer Wohnung und hörte die anderen siegen. Hörte, wie ihre Strecken in schwachen Zeiten eine leichte Beute der Russinnen wurden. Und musste erkennen, dass ihr die Europameistertitel nicht zu nehmen gewesen wären.
Das ist nun über 65 Jahre her. 1989 und 2011 gehörte sie bei großen Veranstaltungen in Gardelegen zu den Ehrengästen und zeigte sich erstaunt und erfreut darüber, wie bekannt und beliebt sie in ihrer Heimatstadt noch immer war. Dann wurde es still um Christa Stubnick. Am 13. Mai dieses Jahrs verstarb sie, wie erst kürzlich bekannt wurde, im nordrhein-westfälischen Borken. Sie wurde 87 Jahre alt.
